Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
kalt, als zählte sie
mittlerweile zu einer anderen Spezies. »Wie du wissen
müsstest, hättest du aufgepasst«, setzt Pam hinzu.
    »Ich passe stets auf, Pam. Das ist doch die einzige
Währung, die ich bei mir führe.«
    »Sehr witzig, haha«, mischt sich Glashwiecz ein.
»Ist Ihnen überhaupt klar, dass ich Ihnen jede Minute
berechne, die ich hier herumstehe, um diesem faszinierenden
Geplänkel zu lauschen?«
    Manfred sieht ihn scharf an. »Sie wissen doch, dass ich kein
Geld habe.«
    »Ah.« Glashwiecz lächelt. »Wenn Sie sich in
diesem Punkt nur nicht irren. Sicher wird der Richter genau wie ich
der Meinung sein, dass Sie sich wohl täuschen müssen. Dass
nichts Schwarz auf Weiß festgehalten ist, bedeutet ja nur, dass
Sie Ihre Spuren verwischt haben. Immerhin ist die Kleinigkeit zu
berücksichtigen, dass Sie indirekt der Inhaber von mehreren
tausend Firmen sind. Irgendwo unter diesem ganzen Wust muss ja wohl
etwas Geld vorhanden sein, meinen Sie nicht auch?«
    Aus der Küche ist ein solches Zischen und Gurgeln zu
hören, als tauchten zahllose große Echsen gerade im Sumpf
ab – was darauf hindeutet, dass das Wasser in Annettes
Kaffeemaschine fast durchgelaufen ist. Manfreds linke Hand zuckt und
spielt Luftakkorde auf einem imaginären Keyboard. Ohne dass es
ihm irgendwie anzumerken ist, gibt er gerade ein Bulletin über
seine gegenwärtigen Aktivitäten heraus, das auf dem
Reputationsmarkt eigentlich schnell Wirkung zeigen müsste.
»Ihre Angriffsstrategie war recht elegant«, bemerkt er und
nimmt auf dem Sofa Platz, während Pam in der Küche
verschwindet.
    Glashwiecz nickt. »Die Idee stammt von einer meiner
Referendarinnen. Ich selbst verstehe nichts davon, wie man durch
solche Klageschwemmen via Netz gewisse Dinge lahm legen kann, aber
Lisa ist bereits mit derartigen Möglichkeiten aufgewachsen. In
juristischer Hinsicht hat ein solches Vorgehen zwar etwas
Lächerliches an sich, ist aber trotzdem wirkungsvoll.«
    »Aha.« Der Rechtsanwalt sinkt eine Stufe in Manfreds
Achtung. Er sieht, wie Pam mit eisiger Miene aus der Küche
kommt. Kurz nach ihr taucht, unschuldig strahlend, Annette mit einer
Kaffeekanne und Tassen auf. Etwas liegt da in der Luft; allerdings
bleibt ihm keine Zeit, sich damit zu beschäftigen, denn in
diesem Moment wispert ihm einer seiner Agenten eine Eilnachricht ins
linke Ohr, sein Koffer jammert vor sich hin und vermittelt ihm ein
Gefühl völliger Verzweiflung, und es klingelt an der
Tür.
    »Also, wie haben Sie das getrickst?« Glashwiecz nimmt
unangenehm nah neben Manfred Platz. »Wo ist das Geld?«,
zischt er aus dem Mundwinkel.
    Manfred sieht ihn gereizt an. »Es ist kein Geld da. Mir
geht’s ja gerade darum, Geld überflüssig zu machen.
Hat sie Ihnen das nicht erklärt?« Manfred lässt den
Blick über die Patek-Philippe-Armbanduhr des Rechtsanwalts und
dessen mit Java ausgerüsteten Siegelring schweifen.
    »Kommen Sie schon! Erzählen Sie mir doch nicht so was!
Hören Sie, mit ein paar Millionen können Sie sich
loskaufen, nur darum geht’s mir doch. Ich bin nur hier, um
dafür zu sorgen, dass Ihre Frau und Ihre Tochter nicht leer
ausgehen, später ohne jeden Pfennig dastehen und Hunger leiden
müssen. Wir beide wissen doch, dass Sie irgendwo Säcke
voller Geld gebunkert haben – sehen Sie sich doch nur Ihre
Kreditwürdigkeit an! Die haben Sie sich doch nicht dadurch
erworben, dass Sie mit dem Hut in der Hand am Straßenrand
gebettelt haben, oder?«
    Manfred schnaubt. »Sie reden hier von einer Steuerfahnderin,
die zur absoluten Spitze gehört und alles andere als arm ist.
Schließlich erhält sie für jeden armen Sünder,
den sie in die Mangel nimmt, eine Provision. Außerdem ist sie
mit einem Treuhandvermögen geboren. Ich selbst
dagegen…« Als die Stereoanlage piepst, setzt Manfred die
Brille auf. Die Geister toter Künstlerinnen und Künstler,
die nachdrücklich ihre Freiheit fordern, melden sich in seinem
Ohr. Schon wieder klopft es an der Tür. Als er sich umblickt,
sieht er, dass Annette öffnen geht.
    »Sie machen es sich nur selbst schwer«, warnt ihn
Glashwiecz.
    »Erwartest du Gäste?«, fragt Pam und zieht gereizt
eine Augenbraue hoch.
    »Das trifft’s nicht ganz…«
    Als Annette die Tür aufmacht, marschieren zwei Schützen
in der vollen Ausrüstung eines Sondereinsatzkommandos herein, in
den Händen Geräte, die wie eine Kreuzung zwischen digitalen
Nähmaschinen und Granatwerfern aussehen. Ihre Helme sind so
reichlich mit Sensoren bestückt, dass sie an

Weitere Kostenlose Bücher