Accra: Roman (German Edition)
»aber auch nicht gut. Ich denke, wenn wir ihn über Nacht aufnehmen und entwässern, geht es ihm morgen wieder gut.«
Hosiah blickte ängstlich zu seinen Eltern, und unwillkürlich legte Dawson eine Hand auf den Kopf des Jungen.
»Ich will nicht hierbleiben, Daddy.«
Dawson beugte sich hinunter und sagte leise: »Ich weiß, Hosiah. Aber es muss sein, damit es dir besser geht. Mammy und ich bleiben bei dir.« Er wischte seinem Sohn die Tränen von den Wangen. »Und morgen fahren wir wieder nach Hause, okay?«
Hosiah nickte und gab sich Mühe, nicht zu weinen.
Asem schrieb unentzifferbare Dinge in ein Aufnahmeformular und legte es in Hosiahs Krankenakte. »Gehen Sie hiermit zur Notaufnahme. Die hängen die Infusion an, und dann kommt er nach oben auf die Station im ersten Stock. Okay?« Er lächelte Hosiah an. »Bald geht es dir besser. Du hast doch keine Angst, oder?«
»Nein«, sagte Hosiah trotzig. »Nicht mal vor Nadeln, und vor denen hat sogar mein Daddy Angst.«
Dr. Asem lachte. »Stimmt das?«, fragte er Dawson.
»Leider ja«, antwortete dieser verlegen.
Als sie aufstanden, sagte Dawson leise zu Christine: »Geh schon mal mit Hosiah vor. Ich komme gleich nach.«
Sobald seine Frau und sein Sohn draußen waren, wandte er sich wieder an Dr. Asem. »Sagen Sie mir ehrlich, verschlimmert sich Hosiahs Zustand?«
Asem neigte nachdenklich den Kopf nach rechts. »Vielleicht ein bisschen. Allerdings könnte auch bloß sein Natriumwert zu hoch sein. Sie müssen wirklich mit dem Salz aufpassen.«
»Machen wir«, versicherte Dawson.
»Wie bald wäre eine Operation möglich?«, fragte Asem.
»Sobald wir in der Lage sind, sie zu bezahlen.«
»Dann hoffe ich, dass es bald ist. Denken Sie daran, dass es für eine OP zu spät ist, sollte Hosiah eine pulmonale Hypertonie entwickeln.«
Dawson biss sich auf die Unterlippe. So harsch die Warnung auch klang, war sie leider mehr als angebracht.
»Danke für Ihre Hilfe, Dr. Asem.«
Auf der Station standen insgesamt achtundzwanzig Betten, Säuglinge auf der einen, Kinder auf der anderen Seite. Dawson, Christine und Hosiah waren mit diesem großen Gemeinschaftssaal nur allzu vertraut. Am Korle Bu lagen alle Patienten in solchen Sälen, und daran würde sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Einzig die Leute mit viel Geld wurden neuerdings im angebauten Privatflügel betreut.
Als das Diuretikum zu wirken begann, halfen Dawson und Christine ihrem Sohn mit der Urinflasche, genau wie es die anderen Eltern bei ihren Kindern taten.
Es wurde Abend, dann Nacht. Gegen zwei Uhr morgens hatte Hosiah sich beruhigt und schlief relativ fest. Sein Oximeter zeigte fünfundneunzig Prozent Sauerstoffsättigung an. Christine nickte immer wieder kurz ein, den Kopf an die Bettkante gelehnt. Auch Dawson fielen die Augen für kurze Momente zu, während er über seinen Sohn wachte.
»Christine«, flüsterte er. »Wieso fährst du nicht nach Hause und schläfst ein paar Stunden? Mit ihm scheint so weit alles in Ordnung.«
Sie rieb sich die Augen. »Kommt ihr allein klar?«
»Ja, kommen wir. Arbeitest du morgen?«
»Den Vormittag wollte ich hin. Ich hoffe, dass er nachmittags nach Hause darf.«
»Darf er sicher.«
Sie nickte und stand auf. »Okay, aber ruf mich an, wenn ... du weißt schon, irgendwas ist.«
»Natürlich.«
Sie küsste ihn auf die Wange und Hosiah sacht auf die Stirn, bevor sie ging.
12
Am Freitagmorgen genoss es Detective Sergeant Chikata, vorübergehend »der Boss« zu sein, während Dawson nicht da war. Er ging ins klimatisierte Büro seines Onkels und verbrachte dort einige Zeit mit ihm. Chief Supol Theophilus Lartey war ein kleiner Mann mit großen Ambitionen und guten Beziehungen. Zweifellos würde er es bald zum Deputy Commissioner bringen und schließlich zum Commissioner.
Entsprechend spekulierte Chikata darauf, bald Inspector zu werden und gleichgestellt mit Dawson zu sein. Wie es um seine diesbezüglichen Aussichten bestellt war, sprach Chikata bei dieser Gelegenheit offen an.
»Ich möchte dich ja auch aufsteigen sehen, Philip«, versicherte Lartey ihm. »Sehr gern sogar. Nur darfst du nicht vergessen, dass ich zwar einigen Einfluss habe, aber nicht allein über deine Beförderung entscheide. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja, Onkel.«
Lartey legte die Fingerspitzen zusammen, sodass seine Hände ein umgekehrtes V formten. »Was Vorgesetzte meines Dienstgrades und darüber von einem jungen Officer erwarten, ist vorbildliche « – hier betonte
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