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Ach so!

Ach so!

Titel: Ach so! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ranga Yogeshwar
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bemerkenswerte Weise Probleme strukturieren und lösen konnte und mit großer
     Leichtigkeit die Dinge im Zusammenhang erfasste. Dennoch war sie nie mit ihrer
     eigenen Leistung zufrieden und hatte Angst vor einer Ausweitung ihres
     Verantwortungsbereichs.
    Nach vielen Gesprächen stieß ich auf die Ursache ihres
     Mangels an Zuversicht: Ihre Grundschullehrerin hatte sie als »nicht sonderlich
     intelligent« bezeichnet, und diese absurde Aussage nahm jahrzehntelang Besitz von
     ihrem Opfer.
    In jedem von uns schlummern womöglich solche
     Vorurteilsdämonen. Eine unbedachte Ermahnung der Mutter, eine spöttische Bemerkung
     eines Schulfreunds oder ein Nebensatz eines Lehrers.
    Auch ich bin nicht frei davon: Obwohl mein Terminkalender
     überquillt und manche meiner Arbeitstage ermüdend lang sind, obwohl ich unzählige
     Sendungen produziere und auch an Wochenenden arbeite, höre ich immer wieder diesen
     schmerzlichen Satz aus meiner Schulzeit: »Du bist faul!«

[Menü]
    Sind Tiere wirklich so anders?
    79 Die Proben zur Fernsehsendung »Die große Show der Naturwunder« bereiten mir einen besonderen Spaß. Unser Studio ist nicht nur Schauplatz ausgefeilter Experimente und aufwändiger Demonstrationen, sondern verwandelt sich während der Produktion auch in einen Zoo voller exotischer Tiere: Seehunde, Faultiere, Waschbären, Erdmännchen, Krokodile oder ausgewachsene Elefanten ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, und alle Mitarbeiter der Produktion geben sich stets die größte Mühe, damit es den Tieren, die bei uns zu Gast sind, gut geht.
    Studiokulissen und Kameras sind alles andere als ein »natürlicher Lebensraum« für Tiere. Unsere Regeln sind daher streng und eindeutig: Das Tier genießt immer die Priorität, auch wenn es nicht so »funktioniert«, wie man das vielleicht gerne hätte.
    Für mich sind die Begegnungen mit oft exotischen Tieren stets etwas ganz Besonderes, denn man wird immer wieder wunderbar überrascht.
    Eine Sendung befasste sich mit der Intelligenz von Affen. Immerhin ist zum Beispiel das Erbgut der Schimpansen zu 98,77 Prozent mit unserem Erbgut identisch. Menschenaffen benutzen selbst Werkzeuge und führen ein sehr komplexes Sozialleben.
    In Experimenten an der Universität Kyoto (Japan) konnten Wissenschaftler sogar nachweisen, dass Schimpansen überein phänomenales Kurzzeitgedächtnis verfügen. In einem pfffgen Versuch spielen die Affen »Memory« und benötigen gerade einmal 0,67 Sekunden, um sich zehn Symbole zu merken. Ihr Kurzzeitgedächtnis übertrifft das von uns Menschen bei weitem. Unsere »Cousins der Evolution« verblüffen mich, und es beschämt mich, wie unsensibel in einigen Fällen noch heute mit diesen intelligenten Primaten umgegangen wird. Nach anfänglichen Zweifeln und gründlichen Recherchen stießen unsere Mitarbeiter auf eine Schimpansendame, die offensichtlich »showerfahren« war. Sina, so hieß die Affendame, war an Menschen gewöhnt und hatte sogar das Zählen erlernt. Sie schaffte es, zufällig angeordnete Zahlen auf einem Computerbildschirm in der richtigen Reihenfolge anzutippen. Ich war gespannt, ob sie ihre Zählkünste auch in der Hektik des Fernsehstudios demonstrieren könnte.
    Gemeinsam mit dem Pfleger betrat sie während der Probe die Bühne und setzte sich auf ein Podest. Ausgewachsene Schimpansen sind erstaunlich groß, und mit gebührendem Respekt näherte ich mich. Sina blickte mich kurz an und nahm plötzlich meine Hand, wie ein Kind. Dann begann die Rechenstunde: Der Bildschirm zeigte die Zahlen, und Sina dachte nach. Sie kratzte sich am Kopf, und ich spürte förmlich, wie ihr Gehirn arbeitete. Dann tippte sie. Zunächst die »1«, dann die »2«. »Toll, prima.« Bei jeder richtigen Zahl gab es viel Lob, wie bei einem Vorschulkind. Nachdem sie die »4« ebenfalls richtig angetippt hatte, zögerte sie. Ihr Zeigefnger bewegte sich zur »6«. Instinktiv drückte ich ihr leicht die Hand. Sina reagierte sofort und entschied sich dann für die »5«. Der Ablauf wurde mehrfach wiederholt, und mit der Zeit wurde mein gelegentlicher Händedruck für sie zu einer nützlichen Hilfe. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit einem Schimpansen pfuschte! Niemand im Saal bemerkte unser kleines Geheimnis.
    Als sie die Aufgabe zur Begeisterung aller gelöst hatte und dafür mit Applaus belohnt wurde, ließ sie meine Hand los und legte den Arm um mich. Es war ein offensichtliches »Dankeschön« und für mich ein außergewöhnliches Erlebnis: Es

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