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Achilles Verse

Achilles Verse

Titel: Achilles Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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überarbeitete das Schreiben und wählte die selbstbewusste Anrede: »Sehr geehrte Geschäftspartner!«. Sie hatte sich bereit erklärt, den Brief zu kopieren und an zehn ausgewählte Hersteller zu versenden. Ich betastete andächtig meine Schenkel. So fühlen sich Millionenbeine an.

Laufende Litfass-Säulen
    Die brutalste Form der Ökonomie ist der Läufer-Kapitalismus. Er wurde von der Sportartikel-Industrie erfunden. Jede erdenkliche Freifläche auf Schuhen, Socken, Hosen, Hemden, Jacken, Stirnbändern ist mit Schriftzügen, Logos oder Emblemen verziert. Je größer, desto teurer. Adidas, Nike & Co. haben der Läuferschaft beigebracht, für ein Dasein als wandelnde Litfass-Säule auch noch viel Geld auszugeben. Markenname = Kompetenz = besserer Läufer, so signalisieren es drei Streifen, springende Raubkatzen und der Swoosh. Gerade Anfänger haben oft das Gefühl, sich mit teurer Erstausstattung in die Gemeinschaft der Läufer einkaufen zu müssen. Nichts sieht allerdings peinlicher aus als ein nagelneuer Laufschuh. Also schnell noch mal durch die Pfütze springen vor der öffentlichen Premiere. Gibt es einen Weg, sich werbefrei durch den Wald zu bewegen? Klar, Klamotten von Tchibo, Aldi oder aus der eigenen Grabbelkiste sind preiswert und genauso gut. Aber wer bringt dieses Selbstbewusstsein schon auf? Nur Menschen, die aus Überzeugung Lada fahren.

Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema. Peristaltik und so, schon klar. Nur: Was nützt einem die Forschung, wenn es drückt und kneift? Dann hilft nur ein Abstecher in die Botanik. Aber wehe, dort lauert ein bissiger Vierbeiner.

    In der Läuferszene herrscht ein Kartell des Schweigens. Und alle Gurus machen mit: Strunz, Greif, Steffny, Wessinghage, Karraß, alle. Keiner redet darüber, in keinem Fachbuch wird dieses Thema ehrlich angesprochen. Skandalös, wie Tausende von Laufnovizen in ihr Unheil geschickt werden. Hiermit enttarne ich die verdauungstechnische Weltverschwörung.
    Es ist eine verdammte Lüge, dass Läufer immer nur in strahlend hellen Laufhosen dem Sonnenuntergang entgegenfedern. In Wirklichkeit trippeln viele mit zusammengekniffenen Lippen und Pressatmung direkt ins Unterholz, um eine Kuhle zu finden, ein Gebüsch, Schutz vor den angewiderten Blicken von Hundebesitzern, die bei Läufern komischerweise verabscheuen, was sie bei ihren verdammten Kötern völlig normal finden.
    Es ist wahrscheinlich eine Frage der Physik, der Schwerkraft. Wenn man einen Sack Torf immer und immer wieder auf den Boden plumpsen lässt, dann wird der Inhalt verdichtet. Und wenn ein Läufer seinen Körper Schritt für Schritt auf den Boden plumpsen lässt, dann wird auch was verdichtet. Wobei die Physik
nicht für alle gleichermaßen gilt. Es gibt ja zwei Sorten von Menschen: die Morgen- und die Abend-Verdichter. Ich bin ein Morgen-Typ, im Gegensatz zu Klaus Heinrich.
    Immer wenn wir sonntags laufen, ist es das gleiche Elend. Wir sind keine zehn Minuten unterwegs, haben noch nicht mal angefangen, die charakterlichen Unzulänglichkeiten unserer Partnerinnen zu analysieren, da kommt dieses feine Pieken aus der Tiefe der Bauchhöhle. Ich versuche es wegzuatmen. Keine Chance. Nach dem Pieken kommt das Drücken. Hektisch schwingt der Kopf umher. Nervöse Blicke tasten den Wegesrand ab. Welcher Busch hat im Winter noch Blätter? Wo zieht sich ein Trampelpfad ins Unterholz? Wo also ist man sicher vor Hundeführerblicken, so sicher, wie man in einem Wald ohne Blätter sein kann, in dem man eine leuchtend gelbe Jacke durch die Bäume ungefähr bis Moskau sieht.
    Dann folgt das Grollen. Der Atem stockt. Natürlich genau in dem Moment, in dem von vorn ein spazierendes Paar kommt, die Hundeleinen locker in der Hand, nur die elenden Tölen sind nicht zu sehen. Dobermänner wahrscheinlich oder Doggen oder räudige Rauhaardackel, die tückisch von unten schnappen. Scheißegal, es gibt kein Halten mehr. »Äh, lauf’ schon mal langsam weiter«, quetsche ich hervor, »ich, ääh, nur, der Kaffee, hmpff, pinkeln.« Klaus Heinrich nickt angeekelt. Er ahnte, was gleich passiert.
    Im Laufen versuche ich den Knoten der Hose aufzufummeln. Natürlich will sich der doppelte Palstek nicht lösen.
    Ich stolpere über eine Wurzel, ein Ast schlägt mir ins Gesicht. Die Spaziergänger sind keine zehn Meter entfernt und schauen interessiert. Da bricht plötzlich ihr ausgewachsener Schäferhund aus dem Dickicht. Er rennt auf mich zu. Ich biege scharf nach links und suche Schutz hinter

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