Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Achilles Verse

Achilles Verse

Titel: Achilles Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
Vom Netzwerk:
Läufer nicht
sofort zu einem der ihren machen würden. Nun also Wasserwahn. Der Freizeitsportler übersteht nicht mal die Autofahrt zum Walker-Treff ohne Vogesenfelsquellgletschertrank. Und hinterher erst: Da reißen sie die Kofferräume auf und pressen hochkohlehydratreiche Klebe in den trainingswunden Magen, weil der Körper ja genau in diesem Moment ganz besonders viel Glykogen speichert. Wo aber soll er es speichern, wenn man den Vorräten nicht mal die Chance gegeben hat, sich zu verflüchtigen? Respekt für alle, die danach nicht den Wald voll reihern.
    Trinken beim Laufen ist schon ästhetisch ein Problem. Mindestens die Hälfte geht daneben. Und wenn Calcium, Magnesium oder sonstwelche gelösten Gesteinsarten im Getränk schwappen, sieht die Läuferbrust aus wie ein Schlabberlatz. Der Rest klebt auf den Beinen. An den paar Tropfen, die im Mund landen, verschluckt man sich obendrein. Und spuckt das Doppelte der aufgenommenen Flüssigkeit aus.
    Mitgeführte Trinkbehälter sind wie Walking-Stöcke. Sie dienen nicht dem Sport, sondern als Signal: Achtung, hier wird sich total professionell angestrengt. Anfänger legen den Hüftgurt an, der die Dreiviertelliter-Flasche über dem Steiß wippen lässt und nach spätestens einer Viertelstunde tief ins Bauchfleisch schneidet. Aber länger bewegen sich die meisten Gehalfterten eh nicht. Freaks tragen den Trinkrucksack Camelpak. Echte Mädchen benutzen Nuckelflaschengürtel. Django trug noch gekreuzte Patronengurte, der Dehydrierungsphobiker dagegen hängt sich zehn Fläschchen in transparentem Kunststoff um.
    Da tanzen dann gelbe, grüne, rote und blaue Zaubertränke auf der Speckschürze, damit die Sportsfreunde auch sehen, dass man eine halbe Stunde in der Küche stand, um Kick-Starter mit Aminokonzentrat, Carbo-Power mit Guarana und Power-Boost mit Putenaroma anzurühren. In Wirklichkeit sind Flaschenläufer einfach nur Uschis. Und das gilt so lange, bis der erste Marathon-Sieger mit Buddelgürtel durchs Ziel läuft.

Wasserwahn
    Achtung, folgende Zeilen sind bösartig, gemein und medizinisch zweifelhaft. Aber sie stimmen trotzdem. Die Sauferei ist meistens überflüssig.
Nehmen wir einen Fast-100-Kilogramm-Klops wie Achim Achilles, der zur unangenehmen Spezies der Power-Schwitzer gehört. Schon das Aussteigen aus einem klimatisierten Auto lässt ihn das erste Hemd durchweichen. Wenn er pro Stunde tatsächlich zwei Liter Schweiß verliert, wären das bei einem 90-Minuten-Lauf etwa drei Prozent seines Köpergewichts. In diesem Moment fängt es langsam an, die Leistung zu beeinträchtigen; die Gesundheit allerdings nicht. Mit ein paar Schlucken Wasser sollten die größten Verluste auch wieder ausgeglichen sein, bei Normal- oder Wenigschwitzern allemal.
Die Unsitte, auf jeden 20-Minuten-Auslauf einen Hektoliter Isotonisches mitzunehmen, greift dennoch unaufhaltsam um sich. Die Getränke-Industrie hat es geschafft, Menschen, die sonst keine Probleme haben, die Panik vor dem Flüssigkeitsverlust einzubimsen.
Dazu sollte man Folgendes wissen: Am wichtigsten ist der reine Flüssigkeitsausgleich. Mineralstoffe,
wie etwa Magnesium, nimmt der Körper während des Laufens gar nicht mehr auf. Wenn es tatsächlich an etwas mangelt, dann ist es meistens Salz. Aber wer mag das unterwegs schon. Nachher gleicht ein Brett Fritten den Salzmangel locker wieder aus. Drittens sind die ersten Fälle von Flüssigkeitsübersättigung aufgetreten, die mindestens so gefährlich sind wie Dehydrierung. Merke: Ein ordentlicher Durst am Ende des Trainings ist das beste Argument für ein ehrliches Bier.

Sie tragen die teuersten Klamotten, aber watscheln bei jedem Rennen hinterher: Sonntagsläufer. Doch Laufen ist nichts für Schönwetter-Trampel, Laufen ist Krieg. Wer nicht durchhält, endet wie Joschka Fischer. Früher rank und schlank, heute nicht mal mehr Außenminister.

    Wäre der Außenminister am Sonntag in seinem Büro, weil er noch ein paar aufmüpfige Diplomaten zusammenfalten oder die letzte Hand voll Loyaler loben musste, dann würde ihn ein Schreck durchfahren. Durch seine Bürogardine sind über 10 000 strammwadige Gestalten zu sehen, die sich direkt vor seinem Auswärtigen Amt für den Halbmarathon warm traben, an ihren Beinen herumkneten, kilometerweise Verbände, Tapes und Pflaster verarbeiten, heimlich zur Schmerzlinderung zwei Diclofenac einwerfen und rasch noch mal an die benachbarte Mauer strullen. Der Dunst aus Angstschweiß, Massageöl und elektrolytüberladenem

Weitere Kostenlose Bücher