Achilles Verse
kontinuierlich kümmert.
Man muss Ziele haben, sonst droht Lethargie. Vor dieser Gefahr ist auch Achim Achilles nicht gefeit. Deshalb hat der Marathonheld jetzt sein nächstes großes Abenteuer in Angriff genommen: Triathlon.
Mona ist eine Schlange. Sie steckt mit Klaus Heinrich unter einer Decke. Die beiden wollen mich leiden sehen. Sie wollen sich amüsieren, wenn ich ersaufe. Ich soll Letzter werden oder gleich im Notarztwagen durchs Ziel rollen. Und alles nur, weil ich mich ein paarmal spaßig über Karl Heinrich und seine Baby-Triathlons ausgelassen habe. »Berliner Volkstri« mit 700 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren und 5 Kilometer Laufen. Oder »Holsten-Cityman« in Hamburg, mit doppelter Distanz. Kinderkram, habe ich gesagt, den absolviert ein Marathonmann auf einem Bein vorm Frühstück.
Zu meinem Geburtstag neulich, bei dem ich wieder mal Mitte 40 geworden bin, hatte Mona tatsächlich in eine ihrer zahlreichen Handtaschen gegriffen und mir die Polar S625x spendiert. Der Porsche unter den Chronometern, der das Walkerpack im Grunewald wissen lässt: Hier ist einer, der es ernst meint mit dem Sport, ihr Bausparer.
Leider braucht man ein Ingenieursstudium, um das Ding zu kapieren. Außerdem ist die Batterie am Schuhsensor leer. Die Bedienungsanleitung
hat über 100 Seiten und erklärt nur Sachen, die niemand wissen will. Wahrscheinlich sind die Finnen nur Pisa-Weltmeister geworden, weil sie schon im Kindergarten Polar-Gebrauchsanweisungen auswendig lernen müssen. Und wer sie noch komplizierter machen kann, wird in die erste Klasse versetzt. Beim nächsten Kreuzbandriss werde ich mich damit beschäftigen. Mona zuliebe habe ich sie trotzdem umgebunden. Die gute, alte einfache M5 hatte ich in der Tasche.
Um beim Erwerb der S625x keinen Fehler zu machen, hatte Mona Klaus Heinrich konsultiert. Das elende Großmaul hatte natürlich sofort mit seinen Triathlons angegeben. Und so war ein weiteres Geschenk entstanden, das ich lieber gar nicht bekommen hätte: ein blutroter Umschlag. Und darin? Ein Startplatz für den »Holsten-Cityman«.
»Triathlon hast du dir doch gewünscht, oder?«, fragte Mona. Woher das plötzliche Verständnis? Willst du wirklich noch mehr pilzige Klamotten in der Bude, klackernde Radschuhe auf dem Parkett, Bananenreste überall, Badehosen voller Entengrütze? »Du hast zwei Monate Zeit«, sagte Mona, »und du hast doch immer behauptet, dass du Karl Heinrich platt machst. Freust du dich denn gar nicht?« Doch doch Schatz! Natürlich, Liebes!
Warum konnte ich auch mein verdammtes Maul nicht halten. Ich kroch in den Keller. Hinter Wänden von Kartons, dem Camping-Krempel und den Ikea-CD-Regalen, da glänzte mein Rennrad: Winora, 12-Gang, so gut wie neu. Eine Maschine, die mich in der Studentenzeit wie der Wind durch die Stadt getragen hatte. Aber wo waren die Reifen geblieben? Nur noch Krümel. Ich zerrte das gute Stück nach oben in den Hof. Ein paar neue Schlappen, ein Pfund Butter auf die Kette und schon geht er ab, der Achim.
Bei Tageslicht sah das Maschinchen allerdings etwas mitgenommen aus. Woher kam der Knick im Rahmen? Ich hatte wohl vergessen, wie ich 1986 leicht bedudelt in die Baustelle gebrettert war. Supi-Roland von oben kam vom samstäglichen Waschstraßen-Besuch und meckerte sein albernes Werber-Lachen. »Achim,
du hast eine sensationelle Erfindung gemacht«, prustete er, »das Rad, das man nicht mehr abschließen muss. Das will nämlich keiner klauen.«
»Dann leih mir doch deins«, entgegnete ich. Wie jeder Reklamefuzzi hatte Roland sich im einstigen Jan-Ullrich-Wahn ein Rennrad gekauft, seinen breiten Werberhintern aber höchstens dreimal über den Sattel lappen lassen. Zu anstrengend. Seither stand die Angeberkarre im Keller. »Aber nur geliehen«, sagte er. »Hast du nicht auch noch einen Neopren-Anzug?«, fragte ich. Roland hatte. Aus dem Jahr vorher. Als er auf dem Surfer-Trip war. Eine Trend-Schlampe im Haus ist Gold wert.
Am Nachmittag fuhr ich an die Krumme Lanke, Rolands Neo diskret in einer Sporttasche verpackt. Leider war ziemlicher Betrieb am Ufer. Also ab ins Unterholz, umziehen. Aber die elende Pelle war zu eng. Der Reißverschluss klemmte. Und ausgerechnet jetzt musste so ein dämlicher Schnüffelköter kommen. Herrchen pfiff das Vieh hektisch zu sich und gaffte. »Zum Schwimmen«, erklärte ich. Er glaubte mir kein Wort und hielt mich für einen Perversen. Ich watschelte ans Ufer. Die Kinder im Sand kreischten. Ich plumpste ins Wasser. Das letzte
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