Achtung BABY!
Mutterleib noch zusammengepresst ist. Erst nach der Geburt beim ersten Schrei bläht sich die menschliche Lunge zu voller Größe auf. Die Natur ist schon der Wahnsinn. Wenn so ein Baby bei der Geburt unter Wasser gehalten werden würde, könnte es dort erst mal wie ein Fisch leben? So wie früher im Fernsehen Patrick Duffy in »Der Mann aus dem Meer«? Patrick Duffy war dann später auch Bobby Ewing. Und der war definitiv zu lange unter Wasser.
Die Kreißsaalführung ging weiter, und ein Ehemann fragte, wo denn im Notfall die ganzen Geräte seien. Es war ja so, dass das Zimmer bis auf das überdimensionale Schnickschnack-Bett aussah wie ein gemütliches, in Lindgelb-Orange gestrichenes Hotelzimmer. Auf die Frage hin öffnete die Reiseleiterin die Vertäfelung an der Wand. Irgendwie kamen wir uns vor wie in »Matrix«. Das, was wir sahen, war nicht die Wirklichkeit, sondern nur eine Beruhigungsoptik. Es sollte uns nur einlullen. Dahinter regierten die Maschinen. Und was für welche. Hinter der Vertäfelung standen Geräte wie in einem klingonischen Raumschiff. Ich war beeindruckt und fürchtete mich gleichzeitig: »Wie? Das braucht man alles bei einer Geburt? O mein Gott. Aber wenigstens haben die das dann da, wenn sie es vielleicht brauchen.«
Männer müssen die ganzen Maschinen sehen, damit sie die Angst vor der Geburt abbauen können. Frauen reicht es, wenn eine nette, kompetente Hebamme am Tisch in der Ecke sitzt, häkelt und Ruhe ausstrahlt.
So sahen der Feldherr und die Feldfrau das Gelände als ideal für ihre Zwecke der Geburtsführung an und konnten beruhigt von dannen ziehen.
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Herrengedeck
Bei der Kreißsaalführung haben sie uns auch noch mal den Ablauf einer Geburt in all ihren Facetten geschildert. Ich bekam den Eindruck, dass sich so etwas nur ein Mann hatte ausdenken können. Guter Gott, stimmt ja. Männer waren sicher auch federführend bei der Bestimmung der Geburtsbegrifflichkeiten. Der Ausdruck »Niederkunft« zum Beispiel stammt sicher von katholischen Frauenhassern. Kommt »Wehen« eigentlich von »weh«? Die Wehen leiten die sogenannte »Eröffnungsphase« bei der Geburt ein, die sollen den Muttermund öffnen, damit da später das Baby durch kann. Ich weiß, jetzt wird es etwas technisch, aber da müsst ihr durch. Wenn der Muttermund nicht etwa zehn Zentimeter aufgeht, nützen alle Wehen nichts, dann kann das Baby nicht kommen. Sollte zum Beispiel der Muttermund nur so sechs bis sieben Zentimeter aufgehen, dann nennt man das tatsächlich die »Sechs-bis-sieben-Zentimeter-Krise«. Wir Männer kennen das. Und jetzt kommt die ganze geballte Kreativität sensibler Männer: Wenn der Muttermund sich genügend geöffnet hat, beginnt der eigentliche Geburtsvorgang, und den nennt man die »Austreibungsphase«. Das hat nichts mit dem Film »Der Exorzist« zu tun. So heißt tatsächlich die Phase, wenn das Kind langsam durch den Geburtskanal Richtung Licht der Welt wandert. Und das Folgende ist sicher auch in einer Männerkneipe entstanden: Früher war es häufig üblich, die Geburt mit der künstlichen Öffnung der Fruchtblase einzuleiten. Wir informierten Eltern wissen, je länger die Fruchtblase intakt ist, desto besser für das Kind,aber das nur so am Rande. Die Öffnung der Fruchtblase trägt den schönen Namen »Blasensprengung«. Ich habe es beim ersten Mal auch nicht glauben können. Man denkt sofort an wahnsinnige Ärzte, die in ihrem früheren Leben IRA-Sprengstoffexperten waren. »Blasensprengung«. Wie sollte ich mir das denn vorstellen? Und in der Austreibungsphase kommen dann die »Presswehen«. Für Outsider: Wehen generell sind wie Wellen, aber nicht so Weicheiwellen, mehr so Mörderwellen vor Hawaii, wo sich selbst die härtesten Surfer nicht raustrauen. Auch der Ausdruck »Presswehen« wurde sicher nicht von Frauen erfunden. Auch wenn der Geburtsvorgang heftig ist, kann man dann nicht wenigstens die Beiworte ein bisschen blumiger wählen? Mir haben diese Worte Angst gemacht. Ich hätte da mal ein paar Vorschläge …
– Austreibungsphase – Baby-Wander-Phase
– Presswehen – Drück-dich-Phase
– Blasensprengung – Eröffnungsblase
Aber diese Männerausdrücke gibt es schon ewig. Und dann kommt noch so eine Männeridee, die sich seit etwa 200 Jahren eingebürgert hat: Geburt im Liegen. Ich habe früher gedacht, dass es natürlich ist, wenn die Frau bei der Geburt im Bett liegt. So wird es immer in Film und Fernsehen suggeriert. Noch beim Geburtsvorbereitungskurs hat
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