Achtung BABY!
uns die Hebamme gesagt, Liegend-Geburten seien anatomisch das Dümmste, was man machen kann. So sei es für die Frau nur mehr Quälerei. Seit Jahrtausenden wissen die Menschen, dass eine Geburt im Sitzen eigentlich natürlicher und ungefährlicher ist. Die Frau braucht so weniger Kraft, da das Baby durch die Schwerkraft seines Gewichtes »mitschiebt«. Mir kam das bei dem Kurs auch alles sehr logisch vor, und nun verstand ich die vielfältige Ausstattung des Entbindungsraumes. Keine schnöde Sexstimulierung, sondern echte Geburtshilfe. Deshalb empfiehlt es sich für einen Mann, die verschiedenen Gebärpositionen zu lernen, damit man nachher nicht ungelenk dasteht wie ein Turnbeutelvergesser, der Hilfestellung am Reck leisten soll. Wenn Gott gewollt hätte, dass Geburten im Liegen stattfinden sollen, würden sich auch Hühner zum Eierlegen aufeine Latexmatratze legen. Bis zum 18. Jahrhundert waren diverse vertikale Geburtspositionen die Regel, aber ab dieser Zeit wurde die Hebammengeburtshilfe von ärztlicher Geburtshilfe ersetzt. Ärzte, also Männer, bestimmten den Geburtsverlauf. Es gibt da noch eine abgefahrene Theorie, die ich gehört habe, die erklärt, warum die Frauen ab einer bestimmten Zeitepoche horizontal gebaren: Ludwig der XVI. empfand beim Sex immer die größte Lust, wenn er alles genau anschauen konnte. So befahl er seinem Leibarzt, er solle bei seinen Frauen die Babys im Liegen holen. So konnte er sich währenddessen davor auf einen Hocker setzen und beobachten. Oh, oh! Da hätte er vorher mal mit Marcel Reif sprechen sollen. In der Bevölkerung sprach sich dann diese Praxis rum. Viele dachten, wenn der beste Arzt des Landes Horizontalgeburten empfiehlt, wird das wohl das Richtige sein. So ist das immer mit Trends, einer macht was vor, und alle machen es nach. Ich habe mich oft gefragt, an welchem Punkt wir das Arschgeweih hätten verhindern können. Erst in den Siebzigerjahren gab es mehr Hebammen, die wieder auf alte Gebärmethoden zurückgriffen und zum Beispiel den Gebärhocker wieder einsetzten. Anfangs ernteten sie in Krankenhäusern kein Lob. Da gab es Ärzte, die erklärten: »Wir sind hier nicht bei Indianern oder irgendwelchen Naturvölkern, wir sind zivilisiert.«
Nur gegen große Widerstände haben mutige Hebammen ihre Ideen der natürlichen Gebärpositionen durchsetzen können. Manche wurden beschimpft, als ob sie Hexen wären »mit ihren unnatürlichen Methoden«. Wenn diese Hebammen sich durchsetzten und zum Bespiel Gebärhocker ausprobierten, wurde manchmal im Nebenzimmer trockenes Reisig zu einem brennfertigen Haufen aufgeschichtet. So Geschichten haben selbst mich als Komiker überrascht. Manchmal ist die Realität absurder als die Satire. Es bleibt ja auch die Frage offen, warum ließen Ärzte in den vergangenen 200 Jahren Frauen bei der Geburt liegen? Damit sie von Männern besser beherrschbar sind? Die Zeiten ändern sich in allen Bereichen. Ich finde es auch traurig, dass bis vor 30 Jahren die Väter bei der Geburt nichts zu suchen hatten. Heutefinden wir uns als Geburtshelfer wieder – auch wenn der eine oder andere danach ein halbes Jahr psychologische Betreuung braucht, um das zu verarbeiten.
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Wir warten aufs Christkind
Wir waren am 19. Dezember so was von bereit. Wir, das hieß Gudrun und ich. Lilly schien ihren Geburtstag anders berechnet zu haben. Es kamen keine Wehen am 19., auch nicht am 20. oder am 21., 22. oder 23. Also doch ein Weihnachtskind? Ich dachte, wenn schon, dann müssen wir das mit einem echten Kripperl feiern. Also habe ich eine Krippe in Originalgröße gekauft und zu Gudrun gesagt: »Damit können wir nach der Rückkehr aus der Klinik Weihnachten mal ganz realistisch nachspielen.«
»Michl, du spinnst.«
Ich konnte sie nicht überzeugen. Besonders genervt war sie von dem echten Esel und dem Ochsen in der Garage. Ich hatte auch noch drei arbeitslose Nikoläuse als Heilige Drei Könige engagiert. Die sollten dann vor unserem Haus auf uns warten und rufen:
»Melchi!«
»Kasperl!«
»Balthi!«
»Yo man, a fucking baby!«
Daraus wurde nichts, weil nichts passierte. Lilly kam nicht am 24. Dezember. Auch nicht am 25. oder 26. An dieser Stelle ein kleiner Tipp: Erzählt nie den genauen Geburtstermin. Haltet das immer offen. Man will es in so einer Situation nicht mehr, dass täglich Eltern, Verwandte, Freunde und Bekannte anrufen und nachfragen: »Is scho do? Is scho do?«
Das schafft nur unnötigen Druck. Wir haben denAnrufbeantworter
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