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oder Begebenheiten beinhalten, die durch sprachliche Ausdrücke wie «Alle R sind S», «Kein R ist S», «Einige R sind S», «Einige R sind nicht S» ausgedrückt werden können. Dabei wird stets die Annahme gemacht, dass die Mengen, auf die sich diese Aussagen beziehen, nicht leer sind. Die Aussage «Kein R ist S» bedeutet also, rein logisch betrachtet, es gibt Objekte R und keines davon hat die Eigenschaft S.
Mit dieser Feststellung im Hinterkopf machen wir uns nun Gedanken über die folgenden Schlüsse:
Alle Professoren sind Intellektuelle.
Alle Intellektuelle sind Atheisten.
Also sind alle Professoren Atheisten.
Dieser Schluss ist korrekt; in einschlägigen Experimenten vermochten ihn die allermeisten Versuchspersonen ohne Mühe zu ziehen. Auf den Inhalt der Aussagen, also ihre formale Richtigkeit, kommt es ja, wie bereits erwähnt, nicht an.
Wie aber steht es um den nächsten Schluss?
Alle Professoren sind Intellektuelle.
Alle Atheisten sind Intellektuelle.
Alle Professoren sind Atheisten.
Nach Knauff (2005), dem diese Informationen entnommen sind, glauben rund 70 % aller Versuchspersonen, dass dieser Schluss ebenfalls gültig ist. Er ist es aber nicht. Formal-logisch kann manaus den gegebenen Prämissen nicht einmal ableiten, dass einige Professoren Atheisten sind.
Die obigen sprachlichen Erzeugnisse sind logische Gebilde bestehend aus zwei Prämissen und einer Konklusion als Schlussfolgerung daraus. Als Prämissen wollen wir nur Ausdrücke der vorerwähnten Typen zulassen: Alle R sind S, Keine R sind S, Einige R sind S, Einige R sind nicht S. Diese Ausdrücke bezeichnen wir abkürzend mit
Alle (R, S)
,
Kein (R, S)
,
Einige (R, S)
,
Einige … nicht (R, S)
oder noch kürzer mit ihren traditionellen Bezeichnungsweisen A, E, I, O. Die Wörter «alle», «keine», «einige» heißen in der Logik Quantoren. Schlussfolgerungen, die Quantoren beinhalten, werden als Syllogismen bezeichnet. Die obigen Prämissen werden als affirmativ oder negativ eingestuft, in einfacher Abhängigkeit davon, ob sie einen bestätigenden Quantor (alle, einige) oder einen verneinenden Quantor (kein, einige … nicht) besitzen.
Die Syllogismen, denen wir unser Augenmerk widmen wollen, besitzen alle genau zwei Prämissen und eine Konklusion. Es bestehen also 4
×
4 = 16 mögliche Kombinationen für die Prämissentypen. Außerdem gibt es 4 Möglichkeiten für die Reihenfolge der Terme in jeder der beiden Prämissen. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten heißen aus historischen Gründen
Figuren
und sind in folgendem Schema festgehalten:
1. Figur
2. Figur
3. Figur
4. Figur
1. Prämisse
R – S
S – R
R – S
S – R
2. Prämisse
T – R
T – R
R – T
R – T
Konklusion
T – S
T – S
T – S
T – S
Da man diese 4 Figuren mit den 16 Kombinationen der Quantoren für die Prämissen kombinieren kann, gibt es 64 mögliche Syllogismen dieser Bauweise.
Nur wenige der 64 Syllogismen sind aber tatsächlich logisch gültige Schlüsse. Der einfachste davon ist der sogenannte perfekte Syllogismus, bei dem der Quantor A, also Alle, in jedem der drei Sätze vorkommt. In der ersten Figur hat er die Bauart:
Alle R sind S.
Alle T sind R.
Ergo: Alle T sind S.
Der Prämissenteil wird mit AA1 abgekürzt, die Konklusion mit A. Das A steht dabei für die Bauart Alle (R,S) bei Verwendung der Bezeichnungen A, E, I, O. Die 1 weist auf die erste Figur hin. Insgesamt schreibt man diesen Syllogismus gerafft als AAA.
Ein weiterer gültiger Syllogismus ist AII in nun selbsterklärender Bezeichnungsweise. In der ersten Figur hat er die folgende Gestalt:
Alle R sind S.
Einige T sind R.
Ergo: Einige T sind S.
Chater und Oakesford (1999) haben die Ergebnisse mehrerer kognitionswissenschaftlicher Studien über diese Syllogismen gebündelt. In diesen Studien wurden den Versuchspersonen alle möglichen Prämissenkombinationen in den 4 Figuren vorgelegt, von AA1 bis OO4. Ihre Aufgabe bestand darin, gültige Konklusionen aus A, E, I, O zu wählen oder N für den Fall, dass kein logischer Schluss aus den gegebenen Prämissen möglich ist.
Syllogismus
Gültig
Gewählte Konklusion
A
E
I
O
N
AA1
A und I
90
0
5
0
2
AI1
I
0
3
92
3
3
IA4
I
0
1
91
1
4
EA4
O
1
61
3
8
24
AA4
I
75
1
16
1
4
AO3
N
0
0
10
66
19
Tabelle 11: Relative Häufigkeit in Prozent für die drei am häufigsten und drei selten korrekt gelöste Syllogismen. Die erste Spalte enthält den Syllogismus, die zweite Spalte die logisch gültige Konklusion,
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