Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
Bezeichnung F wählen. Dann ist der Wert von F vom Zufall abhängig und mit einer Wahrscheinlichkeit von je 50 % ist er entweder G oder 2G. Dieser feine Unterschied in der Verwendung von G führt zur Verschiedenheit der errechneten Gewinnerwartungen bei der ersten und der zweiten Argumentation. Die zweite Argumentation ist dabei richtig. Nur sie! Allein, warum?
Da das Paradoxe oft mit mentalen Überanstrengungen einhergeht, betrachten Sie das bisher Gesagte nur als einen Aufgalopp. Wir wollen das Paradoxon jetzt detaillierter und leicht verständlich auflösen, aber werden dann, gerade wenn Sie sich schon zufrieden zurücklehnen wollen, mit einem abermaligen geistigen Schocker ein neues Paradoxon in diesem Wirklichkeitsbereich aus dem Hut ziehen.
Damit wir die Gewinnerwartung des Kandidaten präzise kalkulieren können, müssen wir wissen, wie der Moderator der Show die Geldbeträge G und 2G konkret aussucht. Nehmen wir dazu an, dass er sie per Münzwurf bestimmt, und zwar sei G = 10, falls der Münzwurf
Kopf
ausgeht, und sei G = 100, falls er
Zahl
ausgeht. Diese Information hat der Kandidat aber nicht, denn sonst würde er bei einem Betrag von 200 hinter der gewählten Tür natürlich nicht mehr wechseln.
Nach dieser Festlegung lässt sich die Sachlage durch Auflistung aller Fälle in einem Baumdiagramm übersichtlich betrachten. Baumdiagramme sind aufs Ganze gesehen der nützlichste Ideenimport, um diese Art von Problemen zu lösen, fungieren sie doch als guter Hirnschrittmacher für mehrstufige Vorgänge.
Abbildung 30: Baumdiagramm für eine Analyse des Austausch-Paradoxons
Entlang der Pfade sind die relevanten Wahrscheinlichkeiten notiert. Mit diesem Baumdiagramm lassen sich nun die Gewinnerwartungen der Strategien leicht bestimmen. Die Gewinnerwartung der Niemals-Wechseln-Strategie ist
Die Gewinnerwartung der Immer-Wechseln-Strategie ist
Beide Gewinnerwartungen sind gleich groß. Damit haben wir die Situation geklärt. Die Immer-Wechseln-Strategie bietet hier gegenüber der Niemals-Wechseln-Strategie keinerlei Vorteil. Beide haben eine Gewinnerwartung vom 1,5-Fachen vom mittleren Wert von G, wobei G der kleinere der deponierten Beträge ist. Er ist mit gleicher Wahrscheinlichkeit 10 oder 100, also im Mittel (10 + 100)/2. Dieses Ergebnis ist verallgemeinerungsfähig und gilt für jede vom Moderator verfolgte Art und Weise der Festlegung des Betrages G.
Damit könnten wir uns nun eigentlich zufriedengeben. Das Paradoxon ist aufgeklärt. Doch wir hatten ja noch eine weitere Idee, die dritte Strategie. Es gibt ja ein ausgedehntes Drittes zwischen immer und nie: manchmal. Und so wollen wir jetzt eine Manchmal-Wechseln-Strategie ins Auge fassen. Sie erlaubt es, die Wechselentscheidung vom gesehenen Geldbetrag und vom Zufall abhängig zu machen. Genauer gesagt, kann man sich zunächst den Geldbetrag F hinter der ersten Tür anschauen und in Abhängigkeit von diesem Geldbetrag mit Wahrscheinlichkeit
P
(
F
) wechseln und mit Wahrscheinlichkeit 1 –
P
(
F
) nicht wechseln. Wie erwähnt, ist F mit Wahrscheinlichkeit von je 50 % entweder G oder 2G.
Versuchen wir uns Klarheit zu verschaffen, ob dieser zusätzliche Spielraum tatsächlich etwas bringt. Die Wahrscheinlichkeit P G , dass der Kandidat letztlich den kleineren Geldbetrag G erhält, ist gleich
und die Wahrscheinlichkeit, dass er den Betrag 2G erhält, ist
Wenn G bekannt wäre, dann wäre der erwartete Gewinn E G das mit den Wahrscheinlichkeiten P G und P 2G gewichtete Mittel der Geldbeträge G und 2G:
Der erste Summand ist der bereits vorher berechnete erwartete Gewinn, wenn die Beträge G und 2G hinter den Türen sind, und zwar ganz egal, ob wir wechseln oder nicht. Unsere aktuelle Rechnung bestätigt das. Denn im Falle des konsequenten Nicht-wechselns sind
P
(
G
) und
P
(2
G
) beide 0, und im Falle des konsequentenWechselns sind
P(G)
und
P(2G)
beide 1. Unser Wahrscheinlichkeitsansatz des Manchmal-Wechselns schließt bei Wahl dieser extremen Wahrscheinlichkeitswerte die Strategien des Immer-Wechselns und des Niemals-Wechselns ein. Doch durch den Manchmal-Wechseln-Ansatz legen wir diese Vereinseitigungen ab und schaffen uns neue Möglichkeiten.
Darüber hinaus ist aus der Formel (6) ablesbar, dass wir mit der flexibleren Strategie genau dann eine Verbesserung gegenüber den Strategien des Nie-Wechselns und des Immer-Wechselns erzielen, wenn für mindestens einen der möglichen Werte G der Klammerausdruck in dieser Formel positiv ist. Ein
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