Achtung, Superheld! (German Edition)
waren, allein.
Oben in seinem Zimmer brütete Daniel wieder über den alten Ausgaben von »Phantastische Zeiten mit Johnny Noble«. Wenn es darin einen Hinweis gab, war es wichtig, dass er ihn jetzt fand. Daniel war überzeugt davon, dass Louisa – was Simon betraf – falsch lag. Doch mit einer Sache hatte sie recht – er brauchte einen Beweis. Es wäre unverantwortlich, ohne weiterzumachen.
Die Seiten der Comics waren brüchig, und Daniel musste ganz besonders vorsichtig sein, weil er seinen verletzten Arm nicht benutzen konnte. Schließlich fand er eine bequeme Haltung an seinem Schreibtisch, die Hefte lagen ausgebreitet vor ihm und der Gipsarm ruhte auf einem Stapel Bücher. Der dumpfe Schmerz, der ihn im Krankenhaus so gequält hatte, war verschwunden. Allerdings musste er jetzt einen ständigen Juckreiz aushalten. Meistens schob Daniel einen Stift unter den Gips und kratzte sich, doch ab und zu wanderte der Juckreiz an eine Stelle, wo selbst der Stift nicht hinkam, und in diesen Augenblicken hätte Daniel seinen Kopf am liebsten gegen eine Wand geschlagen.
Die eine Sache, die Daniel auffiel, als er die Comics wieder und wieder las, war die Tatsache, dass die Serie nicht vollständig war. Mittendrin klaffte eine Lücke, von Heft Nummer 76 zu Heft Nummer 79. Zwei Hefte in der Sammlung fehlten also.
Dennoch waren die restlichen Hefte offensichtlich Sammlerstücke und das machte nur einen Teil ihres Wertes aus. Diese Comics waren das, was einer Geschichte der Superkids am nächsten kam, und Rohan hatte viel Vertrauen bewiesen, als er sie Daniel überlassen hatte. Nichtsdestotrotz konnte er kaum glauben, dass die Superkids die Nachfahren irgendeines Comichelden waren, und er fragte sich, ob es eine andere Verbindung gab, die sie alle übersehen hatten. Er öffnete eines der Hefte und studierte das Impressum auf der ersten Seite. Der Comic war im Januar 1946 erschienen – vor so langer Zeit.
Text und Bilder von Herman Plunkett
Was für ein komischer Name, dachte Daniel. Er versuchte, sich Mr Plunkett vorzustellen, einen erwachsenen Mann, der an seinem Zeichentisch saß und sich Geschichten aus dem Leben des Jonathan Noble ausdachte. Was für eine Fantasie musste der Mann gehabt haben.
Einer Eingebung folgend, setzte sich Daniel an den Computer und googelte den Namen. Er fand nur einen wenige Monate alten Zeitungsartikel aus dem »Noble Herald« mit folgender Überschrift:
PLUNKETT-WOHLTÄTIGKEITSVEREIN STIFTET
NEUE UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK
Einweihungszeremonie unter Vorsitz unseres
Mitbürgers Herman Plunkett höchstpersönlich
Mitbürger Herman Plunkett? Konnte das derselbe Mann sein? Das würde bedeuten, dass er noch lebte und hier in Noble’s Green wohnte. Daniel beschloss, in einem der Online-Telefonbücher nachzuschauen, und tatsächlich, es gab einen H. Plunkett in der Cedar Lane. Der Mann, der Johnny Noble erfunden hatte, lebte all die Jahre hier in der Stadt, und keines der Superkids wusste das.
Die Cedar Lane war nicht weit von der Elm Lane entfernt, und Daniel würde mit dem Fahrrad höchstens zehn Minuten brauchen, selbst mit seinem gebrochenen Arm. Falls er schnell genug war, konnte er schon wieder zu Hause sein, bevor Dad mit Georgie von der Tagesmutter zurückkam. Wie sich herausstellte, war die Cedar Lane eine Privatstraße mit nur einem einzeln stehenden großen Haus am Ende der Straße. »Haus« war in Wahrheit eine Untertreibung. Wenn es ein richtiges Anwesen in Noble’s Green gab, dann dieses. Hohe Säulen aus weißem Marmor säumten den breiten Weg zum Haus im perfekt gepflegten Vorgarten. Ein altmodisch bogenförmiges Dach war hinter den Bäumen zu sehen. Herman Plunkett ging es offenbar sehr gut.
Während Daniel den gewundenen Weg zur Haustür entlangging, spielte er ein kleines Spiel mit sich selbst: Er versuchte zu raten, wie Herman Plunkett, der Schöpfer von Johnny Noble, wohl aussah. Würde er ein freundliches Gesicht haben, eine Brille mit dicken Gläsern tragen, die ihm tief auf die Nase gerutscht war, oder eine bauchige Pfeife rauchen wie Sherlock Holmes? Vielleicht schrieb und zeichnete er noch immer, und Daniel würde ihn über seinen Zeichentisch gebeugt antreffen, wo er Skizzen anfertigte.
Als er sich dem Ende des Weges näherte, bemerkte Daniel einen gut gekleideten älteren Herrn, der ein paar Schritte entfernt stand und die Zeitung las. Der Mann trug einen teuren Anzug und hatte einen sauber gestutzten weißen Bart. Er lächelte, als Daniel näher
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