Achtung, Superheld! (German Edition)
okay.«
»Ach, Lieber«, sagte sie und dann ging sie zurück ins Haus. Daniel hörte, wie sie schluchzend die Treppe hinaufstieg.
Verwirrt schaute er seinen Vater an, der eine Hand auf Daniels Schulter legte. »Daniel, ich muss mit dir reden. Es geht um Gram.«
»Was ist?«, wollte Daniel wissen. »Was ist mit ihr?« Die Angst von vorhin war verschwunden und durch etwas Schlimmeres ersetzt worden. Er merkte nicht mal, dass er seinen Vater regelrecht anbrüllte.
»Daniel … sie ist nicht mehr bei uns.«
Daniel bekam nicht mehr mit, was sein Vater danach noch sagte. Seine Welt schrumpfte plötzlich zusammen und das Pochen seines Herzens ließ ihn für alles andere taub werden. Er wandte sich zu Mollie um – hatte sie das Gleiche verstanden? Vielleicht bildete Daniel sich all das hier nur ein, und Mollie konnte ihn einfach gegen den Arm boxen und ihm sagen, er solle sich wieder einkriegen.
Doch Mollie war nicht da. Sie war verschwunden.
In der einen Minute war sie noch direkt hinter ihm gewesen und nun war sie nicht mehr bei ihm.
15
Blumen und Aufläufe
Daniels Hemdkragen kratzte ihn am Hals. Und seine Schuhe waren zu eng, sodass er gezwungen war, ständig die Zehen zu bewegen, damit sie nicht einschliefen.
Die grauenvolle Krawatte – eine blau-schwarze, die er in Philadelphia immer in der Kirche getragen hatte –, hatte er bereits abgelegt. Nun fragte er sich, ob es unhöflich war, auch die Schuhe auszuziehen und einfach auf Strümpfen zu gehen. In einem war ein Loch, direkt über seinem rechten kleinen Zeh, aber wer würde sich daran stören? Es sollte einem Jungen doch erlaubt sein, bei sich zu Hause mit Löchern in den Strümpfen herumzulaufen.
Das Einzige, was ihn daran hinderte, die unbequemen Schuhe loszuwerden, waren all die Fremden im Haus. Daniel weigerte sich, sie Gäste zu nennen.
Gäste waren Leute, die man einlud, weil man eine Party oder irgendein anderes freudiges Ereignis feiern wollte. Diese Leute aber waren zusammengekommen, weil etwas Schreckliches passiert war. Und nun waren sie alle bei Daniel zu Hause und aßen und tranken wegen etwas, das Daniel einfach nicht begreifen konnte.
Die Beerdigung hatte früher am Tag stattgefunden. Sie waren zu einer kleinen Kirche gefahren, die Gram immer besucht hatte, bevor sie krank wurde. Dort gab es einen Pfarrer, der ein paar nette Sachen über Gram sagte, und dann sagte er noch jede Menge über Gott und den Himmel und so. Daniel fand, er verwandte viel zu viel Zeit auf Gott, und er wünschte, er hätte ein wenig mehr über Gram geredet. Doch er schien freundlich zu sein, und er schüttelte Daniel die Hand, als es vorbei war, und sagte ihm, er solle tapfer sein.
Dann fuhren sie raus zum Friedhof und weitere Leute sagten weitere nette Sachen. Daniels Mutter wollte eine kleine Rede halten, doch sie war zu traurig, um sprechen zu können, deshalb sprang sein Vater ihr bei und nahm sie in die Arme. Daniel hörte, wie sie wieder und wieder »Meine Mutter ist tot« sagte, und das berührte Daniel aus irgendeinem Grund auf eine merkwürdige Art. Gram war einfach Gram gewesen – er hatte nie an sie als die Mutter von jemandem gedacht. Genauso war Daniels Mutter eben nur Daniels Mutter – er hatte sie noch nie als die Tochter von jemandem gesehen.
Als sie nach Hause fuhren, kamen alle mit ihnen.
Jeder brachte etwas zu essen mit – Sandwiches, Kartoffelsalat, Kuchen und Pasteten und zu viele Aufläufe, um sie zählen zu können. Daniel nahm an, dass dies als nette Geste gemeint war. Doch er fragte sich, was sie mit all dem Zeug anfangen sollten, da es für eine einzige Familie unmöglich war, so viel zu essen. Es schien eine schreckliche Verschwendung zu sein.
Weil also das Haus voller Fremder war, die Essen mitbrachten, saß Daniel zusammen mit Georgie auf der rückwärtigen Veranda und zog an seinem Kragen. Georgie hat es gut , dachte Daniel. Kaum waren sie wieder zu Hause, hatten seine Eltern ihm die guten Kleider ausgezogen. Vielleicht hatten sie Angst, dass er sie schmutzig machen würde, was er sicher auch getan hätte. Jetzt gerade saß er im Dreck und legte einen seiner Lieblingsbälle in den Laderaum eines Spielzeuglasters, lud ihn ab und fing wieder von vorne an. Er machte das schon seit zwanzig Minuten, und es sah nicht so aus, als ob er bald damit aufhören würde.
Als sich die Hintertür öffnete, drehte Daniel sich um und erwartete einen weiteren Erwachsenen, der sein Beileid ausdrücken und noch mehr Essen bringen würde. Er
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