Ackermann tanzt
Se mich heute Morgen jagen«, sagte Ackermann, »aber so ’n Plätzken käm’ gut.«
Charlotte Meinhard hielt ihm die Schale hin und nickte aufmunternd. »Nur zu!«
»Also«, begann sie dann, »mir liegt hier eine Beschwerde wegen Behinderung der Presse vor, und zwar unter anderem gegen Sie, Herr Ackermann.«
Ackermann verschluckte sich und prustete Kekskrümel über den blanken Glastisch. Hastig rückte van Appeldorn ein Stück zur Seite.
»Huch Gott, dat tut mir jetz’ aber Leid«, haspelte Ackermann, als er wieder so einigermaßen Luft bekam, und suchte mit roten Ohren in seinen Jacken- und Hosentaschen herum. »Dat kann doch nich’ wahr sein!« Endlich hatte er ein Taschentuch gefunden und konnte sich ausgiebig schnäuzen. »Wat hätten wir denn sons’ machen sollen mit diese Bluthunde? Da kann man uns doch wohl keinen Strick draus drehen.«
Die Meinhard lächelte beschwichtigend. »Sie haben ganz ausgezeichnet reagiert.«
»Wat?« Ackermann sah van Appeldorn an, der spöttisch die Augenbrauen hochzog.
»Der Kollege Flintrop hat mir schon alles geschildert«, redete die Chefin weiter, »und meiner Meinung nach haben Sie schnell und umsichtig gehandelt.« Sie machte eine kleine Pause. »Es gibt Momente in unserem Beruf, da sind wir gezwungen, zu etwas, hm, sagen wir mal, unorthodoxen Mitteln zu greifen, und ich kann nur sagen, ich habe mich über Ihre Lösung köstlich amüsiert. Also, machen Sie sich keine Sorgen, dafür halte ich persönlich meinen Kopf hin. Wie gesagt, ich wollte Sie nur in Kenntnis setzen.«
Van Appeldorn grinste weiter vor sich hin, aber Ackermanns Ohren wurden vor lauter Stolz noch eine Spur dunkler. »Ich kapier sowieso nich’, wat dat Pressevolk eigentlich will. Wat hat der Einbruch un’ der tote Jung mit Kindermörder un’ Missbrauch un’ wat sons’ noch Perverses zu tun? Wat spinnen die sich bloß zusammen? So wat kauft denen doch kein Mensch ab!«
Charlotte Meinhard stieß mit einem leichten Seufzer die Luft aus. »Leider doch, fürchte ich. Die Medien brauchen immer wieder neue Themen, die unter die Haut gehen. Zuerst war es Aids, dann BSE, jetzt sind es eben perverse Kindermörder, was auch immer das sein soll. Bestimmte Sender und Zeitungen gieren geradezu danach. Alles, was nur annähernd passen könnte, kommt in den großen Topf, dann wird einmal umgerührt und der Zuschauer oder Leser kann den Brei genüsslich schlürfen. Ein böses Spiel.«
Van Appeldorn sah sie nachdenklich an. »Ja, die machen das ganz geschickt«, meinte er dann. »Ich habe noch nirgendwo ausdrücklich gehört oder gelesen, dass Kaufmann tatsächlich einem Missbrauch zum Opfer gefallen ist, aber ...«
»... aber«, mischte sich Ackermann ein, »die lassen so ’n Asipenner auftreten, der ungefragt einen über Kinderschänder ablässt, ohne dat et wat mit der Sache zu tun hätte. Un’ dann diese Fragen auffe Pressekonferenz! Wo sind wir denn eigentlich? Dat is’ ja schon wie in Amiland, Mann.«
»Nun ja«, sagte Charlotte Meinhard, »Sie und ich werden daran wohl kaum etwas ändern, nicht wahr?«
»Mich macht dat trotzdem sauer«, murmelte Ackermann.
Die Chefin richtete sich auf. »Wie weit sind Sie denn inzwischen mit Ihren Ermittlungen?«
»Ackermann und ich mussten in den letzten Tagen in unterschiedliche Richtungen ermitteln«, antwortete van Appeldorn schnell. »Wir wollten uns gerade zusammensetzen, um unsere Ergebnisse abzugleichen. Das ist dringend erforderlich.«
Die Meinhard wickelte ihre Perlenkette um den Zeigefinger. »Ich verstehe. Dann macht eine gemeinsame Teamsitzung zu diesem Zeitpunkt wohl keinen Sinn?«
»Mit Sicherheit nicht.« Van Appeldorn stand auf. »War es das für heute?«
Die Chefin schmunzelte und erhob sich ebenfalls. »Beinahe! Sie werden lachen, aber Ihr Herr Weller hat nun auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen mich eingeleitet wegen Untätigkeit im Amt.«
Ackermann lachte laut auf. »Sie? Untätig? Ha! Un’ wat wollen Se jetz’ machen?«
»Vielleicht sollte ich den Herrn doch einmal über den Dienstweg in Kenntnis setzen ...«
»Tun Se dat bloß nich’! Lassen Se den doch weitertoben. Erst gegen Norbert un’ mich, dann gegen Sie, als Nächstes is’ der Oberkreisdirektor dran, un’ zum Schluss landet der Kerl beim Bundeskanzler. Is’ doch geil.«
Charlotte Meinhard lachte mit. »Mal schauen. Aber jetzt will ich Sie nicht weiter aufhalten.«
»Hat sich klasse angehört, Norbert, aber wat für Ergebnisse willst du eigentlich
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