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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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darüber, welches einen Preis verdient habe.
    »Kann ich hier mal kurz telefonieren?«, fragte Lunau. »Ich zahle das Gespräch.«
    Die Debatte verstummte schlagartig. Die Männer waren wie erstarrt. Nur einer bewegte sich auf Lunau zu. Er war um die siebzig, Bierbauch unter einer Schürze. Anscheinend der Wirt.
    »Das hier ist ein Circolo A R C I .«
    Lunau kannte diesen Verbund. Er betrieb Lokale, Kleinbühnen und Ähnliches. Er sorgte dafür, dass in Italien der »unabhängige« Kulturbetrieb nicht einschlief. Er hatte seine Verdienste. Und seine Eigenheiten.
    »Das Telefon ist nur für Gäste.«
    »Ich konsumiere auch. Geben Sie mir bitte einen Orangensaft.«
    »Meine Schanklizenz bezieht sich nur auf Mitglieder. Wenn eine Kontrolle kommt, bin ich geliefert. Es geht uns übrigens nicht nur darum, dass wir nicht erwischt werden wollen. Wirsind für klare Regeln in der Gesellschaft, und wir sind dafür, dass diese Regeln eingehalten werden. Wir haben Sinn für das Gemeinwohl. Wenn wir schon Steuerprivilegien genießen, weil wir den Status einer Kulturgenossenschaft haben, dann wollen wir auch unseren Pflichten nachkommen.«
    Lunau schloss kurz die Augen. Er hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
    »Was kostet die Mitgliedschaft?«
    Der Mann rührte sich nicht vom Fleck. »Sie müssen im Rentenalter sein.«
    Lunau war in einer Geschwindigkeit bei dem Mann, die ihn selbst erstaunte. Er packte ihn an den gummierten Trägern seiner Schürze, zog ihn zu sich heran und schrie: »Wo ist Ihr verschissenes Telefon? Ich brauche die Polizei, verstehen Sie? Ich brauche einen Rettungswagen. Glauben Sie, ich sehe so aus, weil ich eine Zangengeburt bin?«
    Eine halbe Stunde später rollte Balbonis Privatwagen auf den Kiesplatz. Die alten Männer standen Spalier, während Lunau ins Auto stieg.
    »Wo kommen Sie denn plötzlich her? Ich dachte, Sie wären in Berlin.«
    Lunau schwieg. Das Schaukeln des Fahrzeugs setzte ihm zu.
    »Was ist passiert?«, fragte Balboni.
    »Was soll schon passiert sein? Sie müssen den Schwimmbagger der ARNI, einen Lastkahn der Firma Zappaterra und drei Mitarbeiter erkennungsdienstlich behandeln.«
    Balboni lachte kurz auf. »Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Ich habe heute Nacht beobachtet, wie Zappaterras Arbeiter den Sand, der aus dem Flussbett abgebaut wird, verschifft haben.«
    »Ich verstehe nicht recht.«
    »Auf einen Lastkahn. Ich bin sicher, dass der Sand nicht wieder eingeleitet, sondern verkauft wird. Was hätte sonst ein Privatunternehmen damit zu schaffen? Und warum hätte man mich sonst als Zeugen eliminieren sollen?«
    Balboni überholte eine Gruppe Radwanderer auf dem Deich, nachdem er mit der Faust auf die Hupe geschlagen hatte.
    »Und die Anweisung kam direkt von Zappaterra.«
    »Heute Nacht, sagen Sie?«
    Lunau nickte. Dann sah er auf dem Display des Bordcomputers die Uhrzeit: 11 Uhr 30. Am Nachmittag sollte die Konferenz zum Unternehmenskonzept stattfinden.
    »Kann ich mal kurz telefonieren?«, fragte Lunau, und Balboni gab ihm sein Handy.
    Beate antwortete erst nach dem fünften Klingeln. Das war ungewöhnlich.
    »Um wieviel Uhr beginnt die Konferenz?«, fragte Lunau.
    »Welche Konferenz?«
    »Die Strategiekonferenz. Unternehmenskonzept. Die Nabelschau von der Gerstner.«
    Beate räusperte sich. »Frau Dr. Gerstner steht neben mir. Ich gebe sie Ihnen mal.«
    »Herr Lunau. Glauben Sie, Sie können sich über eine ganze Sendeanstalt lustig machen. Für wen halten Sie sich?«
    »Ich wollte nur rechtzeitig nach Berlin kommen. Ich wurde hier aufgehalten.«
    »Können Sie mir erklären, was für Sie rechtzeitig bedeutet?«
    »Das weiß ich ja eben nicht, solange mir keiner die Uhrzeit sagt.«
    »15 Uhr, s. t.«, sagte Frau Dr. Gerstner.
    Balboni stieß Lunau mit dem Ellbogen an. »Führen Sie ein Auslandsgespräch? Mit meinem Handy?«
    Lunau nickte, brach die Kopfbewegung aber gleich wieder ab, weil der Schmerz mitnickte.
    »Dann schaffe ich es vielleicht noch«, sagte Lunau.
    »Das bezweifle ich, Herr Lunau«, antwortete Frau Gerstner kalt.
    »Wieso?«
    »Die Konferenz war gestern.«
    Balboni protestierte lautstark.
    »Ich muss jetzt Schluss machen, Frau Dr. Gerstner«, sagte Lunau. »Wir besprechen dann alles vor Ort.«
    »Natürlich. Ich bin gespannt, welchen Ort Sie meinen.«
    Die Gerstner hatte aufgelegt.
    »Welcher Tag ist heute?«, fragte Lunau.
    »Der 7. Mai, Freitag«, grummelte Balboni mürrisch und steckte das Handy weg, nachdem er noch einmal die Gesprächsdauer im Menü

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