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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Vorhängeschloss, mit dem das Ruderboot gesichert war.
    Als er im Stehen durch das Schleusenbecken paddelte, kam wieder ein Signal für eine SMS. Die nächste Hiobsbotschaft, und diesmal aus dem Fanklub. Serrao, der Mittelfeldregisseur, habe sich beim Abschlusstraining verletzt. Recanati rief sofort zurück.
    »Das ist Quatsch. Er hat gestern das Training regulär beendet, das habe ich selbst gesehen.«
    »Nur zum Schein. Man will es bis zum Anpfiff geheim halten.«
    Recanati fiel ein Zusammenprall mit dem Torwart ein, nach dem Serrao mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen geblieben war. Nach kurzer Kontrolle des Knöchels hatte er jedoch weitergespielt. Aber wenn Recanati genau nachdachte, dann hatte Serrao sich nicht mehr in die Zweikämpfe eingeschaltet, war immer in der Nähe des Mittelkreises herumgetrabt.
    »Von wem weißt du es?«
    »Mein Schwager wohnt neben dem Mannschaftsarzt. Er hat es ihm eben am Garagentor gesagt.«
    Scheiße, Scheiße, Scheiße, dachte Recanati, griff nach dem Enterhaken und streckte ihn nach dem aufgedunsenen Fischkadaver. Das Schleusentor hatte ihn eingeklemmt und nicht wieder freigegeben, weil die Steuerung aus Sicherheitsgründen alle Vorgänge blockierte. Das hieß, im schlimmsten Fall mussten sie den Fisch zerhacken, ehe sie ein Reset der Software starten konnten. Er wollte versuchen, den Metallhaken in die Kiemen einzuführen, aber dazu musste er sich einen Weg durch die Algen bahnen, die um den Fischkopf waberten. Recanati stocherte in der dunklen Wolke herum und stieß gegen einen Knochen. Er merkte, dass die schwarzen Fäden, die im sanften Wellenschlag wippten, keine Algen, sondern Haare waren. Das Schleusentor hatte keinen Wels eingeklemmt, sondern einen Menschen, einen erwachsenen Mann weißer Hautfarbe.

TEIL II

24
    Aroldo stand auf, nahm die große Schöpfkelle von der Wand, setzte sie auf die brodelnde Suppe und schaute zu, wie die duftende Flüssigkeit mit den Fettaugen langsam über den Metallrand floss und sich in der Senke der Kelle sammelte. Er tauchte den Schöpflöffel in die Tiefe und spürte einen Widerstand. Fleisch. Zum ersten Mal seit Ostern.
    »Jetzt bind uns schon los, verdammt!«, rief Lorenzo. Aroldo hob die Kelle an die Lippen, blies, dass der Dampf in alle Richtungen stob und grinste.
    »Hör auf mit dem Unsinn.«
    Aroldo ließ den Blick von einem zum anderen wandern. Das Granatfeuer setzte einen Moment aus, setzte wieder ein, diesmal umso heftiger. Aroldos frotzelnder Blick blieb an Stefano hängen. Der Junge grinste zurück. Selbst der Bauer, ein schmächtiger Mann um die vierzig, den die Feldarbeit gebeugt hatte, zeigte lächelnd die  Lücken zwischen seinen gelben Zähnen. Die Detonationen in Bologna waren so gewaltig, dass der Lehmboden zitterte. Der Duft so betörend, dass Aroldo den Speichel hinunterschlucken musste. Und wenn er schnell einmal kostete? Nur einen winzigen Schluck, nur für die Zungenspitze. Am Vortag gegen fünf hatte er das letzte Mal etwas gegessen. Zwei verschrumpelte Mohrrüben, aus einem Hasenstall. Er warf die Kelle zurück in den Topf und ging auf Stefano zu. Legte ihm die Hand auf den Kopf, aber da bohrte sich etwas in seinen Rücken. Rechts und links der Wirbelsäule.
    »Hände hoch!«, schrie Stefano auf Deutsch, die eckige Sprechweiseder Besatzer übertreibend. Triumphierend reckte er seine Fäuste in die Luft. Er hatte sich selbst von den Fesseln befreit.
    »Du hast genug gelernt, um bald selbst zu kämpfen«, sagte Aroldo, weil er wusste, dass Stefano das gerne hörte. Aroldo wünschte sich das Gegenteil. »Bind deine Mutter los!«, sagte Aroldo zu Stefano und wandte sich dem Bauern zu.
    Wieder hielt der Krieg kurz die Luft an, und aus dem brabbelnden Hall ferner MG -Salven und kleiner Geschütze tauchten Motoren auf. Wie ein Schwarm orientierungsloser Bienen schwirrten sie umher. Die Motoren verstummten, und dann flog die Tür krachend auf. Vier Maschinenpistolen erschienen auf der Schwelle, die Läufe in die Küche gerichtet. Jemand schrie: » Tutti fermi! «, einer trat näher, und dann schien Aroldos Schädel zu zerspringen. Er ging zu Boden, von einem Gewehrkolben getroffen, wurde am Kragen hochgerissen, auf den Stuhl geworfen, eine Fessel schnitt in seine Handgelenke. SS .
    Ein Sturmbannführer trat ein und ließ den Blick über die Gesichter schweifen. Aroldos Schädel jaulte, aber nicht laut genug, um die Angst zu übertönen. Der Sturmbannführer ging vor den Gefangenen auf und ab und fragte, wo ihre Papiere

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