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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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weltgewandtes Wesen, Verbindungen in höchste Gremien, bla, bla, bla. Schon als Jugendlicher in der Kommunistischen Partei, mit neunundzwanzig jüngstes Mitglied im Stadtrat. Später Beauftragter für Kulturfragen und Tourismus, vor zwei Legislaturperioden hat man ihm das Bauressortübertragen, aktuell außerdem Stellvertretender Bürgermeister. Gerüchten zufolge soll er nächstes Jahr als Spitzenkandidat antreten und dann die Stadt regieren. Es sei denn …«
    »Es sei denn?«, fragte Lunau.
    »Jetzt bist du erst mal dran.«
    Amanda trank ihr Bier in gierigen Schlucken, während Lunau laut darüber nachdachte, was Pirri und Di Natale jenseits des Tennissports verbinden könnte.
    »Sie haben beide ihr Leben dem Fluss gewidmet. Sie haben mit Firmen zu tun, die Großaufträge bekommen. Sie könnten sich bei der Vergabe dieser Aufträge bereichert haben. Und sie haben sich beide abgesetzt.«
    »Und sie sind beide pleite.« Amandas Augen funkelten, während sie eine Umhängetasche präsentierte, die aus einer Lkw-Plane genäht war.
    »Was ist das?«
    Sie öffnete den Klettverschluss und legte vier Kladden auf den kleinen runden Bistrotisch. Auf den beiden dünneren stand »Vito Di Natale«, auf den dickeren »Giuseppe Pirri«.
    »Auf Beppe Pirris Haus am Wasserturm lastet eine Hypothek, ebenso auf seinem Ferienhaus in Cortina d’Ampezzo und auf der Wohnung am Lido degli Estensi. Die letzte Waschmaschine mussten sie auf Raten kaufen. Für dich ist alles kopiert.«
    Lunau blätterte in den Unterlagen. Kontoauszüge, Steuerbescheide, Quittungen, Buchungsbelege.
    »Bei Di Natale ist die Situation nicht ganz so dramatisch. Er hat noch nie viel besessen, aber letztes Jahr hatte er Mühe, die Raten für sein Haus zu bezahlen«, fuhr Amanda fort.
    Lunau wurde hektisch. Er wollte nicht glauben, was er sah. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
    Amandas Strahlen war erloschen. Sie schaute drein wie ein Kleinkind, dem man auf die Fingerspitzen geklopft hat.
    »Du bist doch nicht ins Büro deines Vaters eingebrochen, oder?«
    »War gar nicht nötig«, sagte sie mit einem Achselzucken. »In seinem System sind alle Unterlagen gespeichert, alles fein säuberlich eingescannt. Er gilt nicht umsonst als Perfektionist.«
    »Und wie bist du reingekommen in das System?«
    »Wer meinen Vater kennt, weiß auch, wo er seine Passwörter notiert.«
    »Ist dir nicht klar, was du gemacht hast? Du hast nicht deinem Vater einen kleinen Streich gespielt, das ist eine Straftat.«
    Sie blies die Backen auf. »Bist du wirklich so ein Langweiler?«
    Lunau hatte endgültig die Nase voll. »Ich habe dir gesagt, du sollst dich ein bisschen umhören, meinetwegen auch Gerüchte auswerten.«
    »Das hier sind Fakten, nicht bloß Gerüchte.«
    Der Barkeeper hatte die Musik noch einmal um zehn Dezibel lauter gedreht, und Lunau wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Er wollte nur noch hinaus in die Nacht. Durch die stillen Gassen zum Hotel wandern. »Unsere Zusammenarbeit ist beendet.« Er zückte sein Portemonnaie.
    »Vergessen Sie es«, meinte Amanda.
    »Was?«
    »Ihren Saft.«
    »Ich will nicht, dass du für mich bezahlst.«
    »Habe ich nicht. Marcos Freunde zahlen in dieser Bar nicht.«
    »Ich bin aber nicht Marcos Freund. Komm mit.«
    Lunau hatte Amanda an der Schulter gefasst und wollte sie hochziehen, aber sie blieb sitzen. Sie war schwerer als erwartet.
    »Nehmen Sie die Finger weg. Haben Sie Angst, ein Glas Saft könnte Ihren unbestechlichen Blick trüben?«
    »Ich habe keine Lust mehr, mich von dir auf den Arm nehmen zu lassen.«
    »Ich habe Sie nicht auf den Arm genommen.«
    »Ach ja? Journalistin von Il Tempo di Ferrara . Du hast noch nie einen Artikel für diese Zeitung geschrieben. Es gibt von dir nur Ergüsse im Internet und in irgendwelchen Anzeigenblättchen, in denen für Dorfdiskotheken, Eisdielen und zwielichtige Massagesalons geworben wird.«
    »Ich habe vierzehn Artikel für Il Tempo geschrieben, sie wollten sie nur nicht drucken. Ich muss das mit den Käseblättern machen, sonst werde ich nie für das Staatsexamen als Journalistin zugelassen. Hier in Italien gilt noch ein Pressegesetz aus der Zeit des Faschismus.«
    »Jetzt hör mit deinen krankhaften Anspielungen auf den Faschismus auf. Du hast keine Ahnung, was eine Diktatur ist. Und du hast keine Ahnung, was seriöser Journalismus ist. Und dann bist du noch so blöd, im Internet herumzuposaunen, dass ›die internationale Presse‹ jetzt vor Ort ist. Falls es eine Verbindung zwischen

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