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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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werden bald verstopft sein«, sagte der Mann am Fenster. Der Sturmbannführer warf wütend den Schürhaken in die Kochmaschine und lief nach draußen. Mit gezücktem Messer kam er wieder herein. Sein Blick irrte umher.
    »Aufsitzen«, schrie er. Durch die offene Tür sah Aroldo draußen im Hof einen Kübel- und einen kleinen Mannschaftswagen. Der Sturmbannführer trat an den Tisch, riss Stefanos Kopf an den Haaren hoch und starrte auf dessen geschlossene Augen. Dann durchtrennte er den Lederriemen. Dasselbe tat er mit Fiamma.
    Ein Mann warf sich den leblosen Jungen wie einen Sack über die Schulter, zwei andere fassten Fiamma an Händen und Füßen. Ihr Kopf schlug gegen ein Tischbein, und davon erwachte sie. Ihr Blick kreiste durch den Raum und blieb an Aroldo hängen. Dieser zuckte nur mit den Lippen. Begraben unter einer Welle aus Scham, Wut und Schuldgefühlen.
    Der Sturmbannführer riss einen Vorhang von der Decke, hielt ihn in den Herd, und als er Feuer gefangen hatte, warf er ihn unter den Tisch. Seine Männer kamen herein und schütteten einen Bottich Stroh darüber. Sie zerschlugen zwei Stühle, wickelten Lumpen darum und tränkten sie mit dem Petroleum einer Lampe, die neben dem Herd hing. Mit diesen Fackeln liefen sie Richtung Scheune und Stall. Sie trieben das Schwein heraus, fingen zwei Hühner ein und verluden alles, gemeinsam mit Fiamma und Stefano, in denMannschaftswagen. Das Feuer hatte unterdessen den Tisch erfasst, der Qualm erfüllte die Küche und brannte in den Augen.
    Aroldo hatte die Fessel so weit gelockert, dass er mit den Handgelenken an dem rauen Holz entlangscheuern konnte. Der Rauch wurde immer dichter. Draußen heulten die Motoren auf, ein Getriebe krachte. Plötzlich gab der Strick nach, Aroldos Hände flogen nach vorne. Er sprang auf und lief zur Tür. Frischluft, ehe einer seiner Kameraden erstickte. Der Mannschaftswagen hatte zwei Flügeltüren am Heck, jeweils mit einem kleinen vergitterten Fenster. Stefanos Gesicht erschien. »Ich habe nichts verraten«, schrie er, »ich habe euch nicht verraten!« Da knallte ein Schuss, und dann noch einer. Die Flügeltüren öffneten sich, und die beiden Körper flogen auf den Feldweg. Sie fielen in den Matsch, mit ausgebreiteten Armen. Mutter und Sohn schienen ein letztes Mal nacheinander greifen zu wollen, doch die wenigen Zentimeter, die ihre Fingerspitzen trennten, blieben ein unüberwindliches Hindernis.
25
    Das Klopfen war so rabiat, das konnte kein Angestellter des Hotels sein. Lunau sah auf die Uhr, Samstagmorgen halb zehn. Er hatte verschlafen. Wieder klopfte es, und Lunau schoss wie immer der Gedanke durch den Kopf, es könnte eine Halluzination sein. Doch die Tür bewegte sich unter den Schlägen, und als Lunau sie öffnete, stand da tatsächlich jemand. Zwei Polizisten in Uniform.
    »Sind Sie Kaspar Lunau?«, fragte der Ältere von beiden.
    »Ja.«
    »Ziehen Sie sich bitte an, und kommen Sie mit.«
    »Wohin?«
    »In die Questura.«
    »Warum?«
    »Bitte ziehen Sie sich an.«
    Lunau sah die Handschellen, die am Koppel der Beamten blinkten. Er kannte das Gefühl, wenn das Metall sich um die Handwurzelknochen presste. Die auf den Rücken gefesselten Hände ließen einen vollkommen wehrlos werden. Man geriet in ein prekäres Gleichgewicht, jeder Stoß oder Schubser konnte einen von den Beinen holen.
    »Darf ich erfahren, worum es sich handelt?«
    Keiner der Beamten antwortete. Der jüngere, Sonnenbrille im gegelten Haar, goldene Uhr und Kaugummi, spielte an den aufgeklappten Aluminiumkoffern mit dem Audioequipment herum und wandte sich dann dem kleinen Sekretär zu, genauer gesagt den Kladden mit den photokopierten Steuerunterlagen. Lunau ging dazwischen, zog das Holzrollo über die Arbeitsplatte und fragte: »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
    Der Ältere blieb stehen und schaute unschlüssig drein.
    »Dann möchte ich Sie bitten, mein Zimmer zu verlassen. Ich komme sofort.«
    Die beiden schauten einander an. Schließlich nickte der Ältere seinem Kollegen mit dem Kopf zu. Lunau schloss die Tür hinter ihnen und drehte den Schlüssel um. Dann verwahrte er die Papiere im Zimmersafe, ging ins Bad, duschte, putzte sich die Zähne und zog sich an. Er hörte, wie gegen die Tür gehämmert wurde.
    Als er schließlich hinaus auf den Flur trat, stand dort der Ältere, das Handy am Ohr, mit hochrotem Kopf. Er sagte schnell: »Ach, hier ist er«, beendete das Gespräch und rief seinen Kollegen an, der sich, außer Atem, am Streifenwagen zu

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