Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
Vom Netzwerk:
mir die Butter, Ada.

16
    Jemand wie du, hatte mein
Vater nach meinem Streit mit Bo gesagt. Er hatte eine Flasche Wein getrunken
auf den Schreck, dass Bo und ich uns so wichtig waren, dass wir uns stritten,
dann war er aufgestanden, hatte sich vor mir aufgebaut und ich sah sein rotes
Gesicht. Er sagte, jemand wie du und dann ein dahergelaufener Landwirt mit
einer Tuntensau, wie soll das gehen.
    Mein Vater benutzte nie solche
Ausdrücke und ich musste lachen, wie er da stand und schwankte und Tuntensau
sagte. Seine Augen waren glasig und wütend und ich sagte, wie ist jemand wie
ich, und er ließ sich wieder in seinen Sessel plumpsen und sagte, das ist nicht
das Thema, Ada.
    Doch, das ist das Thema, sagte ich und
er sagte, finde es heraus und vergeude keine Zeit bei den Schweinen. Ich hatte
gehofft, er würde es mir sagen, aber es war offensichtlich nicht das Thema und
die Frage stand offen im Raum.
    Ich fragte mich, ob mein Vater recht
hatte, und ich dachte daran, dass meine Füße juckten bei Bo und dass die Tiefe
seiner Nacht mir Angst machte und ich nicht schlafen konnte bei ihm, und ich
dachte an unseren Streit, und dass ich es nicht lange aushielt zwischen den
Kühen und Schweinen.
    Schon unsere kleine Landflucht hatte
katastrophal geendet, weil den Kühen die Euter bis auf den Boden hingen wie
Mahnmale. Er kennt mein Leben nicht, dachte ich und ich fragte mich, ob sich
das je ändern würde.
    Für Bo war ein Ausflug in ein Café
eine logistische Höchstleistung, für mich war das Café mit seinen ländlichen
Gesichtern darin ebenso unwirklich wie das Leben von Bo und zu weit entfernt
von dem, was ich brauchte.
    Doch was brauchte ich eigentlich,
waren das wirklich gestrichene Wände und sauerstoffarme Räume? Waren das
Menschen wie Wolff und Professor Röslein? Meine Bücher und die Frauen aus
England? Waren meine Zettel an den Wänden normal und das, was ich brauchte?
    Weil mir bei ihnen die Füße nicht
juckten, beschloss ich, dass sie es waren, ich reckte meinem Vater das Kinn
entgegen und sagte, du irrst dich, obwohl er recht hatte, und setzte mich wenig
später wieder in den Zug, der mich in mein silagefreies Leben zurückbrachte.
    Als wir in den Süden einfuhren und
der Dialekt um mich herum unerträglich wurde, fiel mir meine Mutter ein, die sagte,
du bist so einsam, Ada, das ist nicht normal, jeder braucht jemanden und jeder
Mensch nimmt sich erst durch die Liebe eines anderen Menschen wahr. Sie
benutzte das Wort Liebe zu häufig, es wirkte abgedroschen und leer, aber
vielleicht war etwas dran. Vielleicht strebten die Menschen stets nach einem
Gegenüber, vielleicht stimmte die Werbung, die uns unser Leben genau so
verkaufen wollte; nicht umsonst wurden mehr als drei Mal so viele Doppelbetten
und Zweiersofas produziert wie Sessel und Singlematratzen. Kleine Küchen waren
teurer als große, kleine Spülmaschinen auch, selbst bei der Wurst schlug sich
das nieder. Singlewaschmaschinen waren unerschwinglich und kaufte man sich ein
solches Gerät, guckte die Kassiererin mitleidig.
    Man fiel heraus aus der Kleingartenkultur,
wenn man kein Gegenüber hatte am Frühstückstisch, aber war man deshalb wirklich
allein? War meine Mutter weniger einsam, weil sie meinem Vater den Tisch deckte
und die Wäsche wusch, und war mein Vater am Ende seines Glücks angekommen, wenn
er die Blumen auf dem Tisch beiseite schob, um sie ansehen zu können?
    Ich hatte nie jemanden gebraucht und
ich hatte nie zuvor über Singlewaschmaschinen nachgedacht. Vielleicht brauchten
Menschen einander, und vielleicht war es auch nicht die Liebe, sondern der
Egoismus der Gene, die sich unbedingt fortpflanzen wollten, ganz einfach im
Auftrag der Natur.
    Was auch immer es war, ich saß im Zug
und während ich mich wegen der Schweine von Bo verabschieden wollte, kamen mir
zum ersten Mal Gedanken über die Liebe.

17
    Das mit Bo war kompliziert
und es brachte mich durcheinander und ich verlor mich in Gedanken über Pizza in
Einzelverpackung und Familienpizza und an jeder Straßenecke stand Bo, was es
nicht einfacher machte. Ich kam nicht voran und brauchte meinen Kopf für andere
Dinge. Vorher war alles besser, dachte ich und so beschloss ich, zurück nach
Vorher zu gehen.
    Ich rief Bo an und wusste nicht, was
ich sagen sollte. Du, sagte Bo und ich hörte ihn lächeln. Musst du in den
Stall, sagte ich und er sagte, nein, warum, und er fragte, ist irgendwas. Ich
schwieg. Bo sagte, es ist komisch mit uns, Ada, und ich schwieg noch immer und
er

Weitere Kostenlose Bücher