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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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strapaziert. Die machen doch bestimmt an die vierzig Knoten pro Stunde. Meinen Sie, wir haben nachher noch Zeit für eine kleine Stippvisite im Museum, Sir?«
    »Da sehe ich kaum eine Chance.«
    In Daniel Aarons Augen war Sergeant Robbins, der direkt von seiner mittelmäßigen Uni (an der er einen mittelmäßigen Abschluß in Geschichte gemacht hatte) zum Polizeidienst gekommen war, ein richtiges Bilderbuchexemplar: Er verkörperte ohne Zweifel den Sohn, wie jede Mutter ihn sich wünscht – ein frisches Gesicht, gesunder Ehrgeiz, dabei aber nicht rücksichtslos, ein frommer Methodist und, so munkelte man, mit einem Mädchen seiner Kirchengemeinde verlobt, das war Sergeant Robbins. Bestimmt würden er und seine Braut nach einer keuschen Verlobungszeit heiraten wie geplant und dann lauter wunderbare Kinder in die Welt setzen, die einmal die richtigen Schulen besuchen und die richtigen Examina ablegen würden, die ihren Eltern weder Kummer noch Schande machten und die sich eines Tages – zu deren eigenem Wohl – in anderer Leute Leben einmischen würden: als Lehrer, Sozialarbeiter und vielleicht sogar als Polizisten. Nach Daniels Meinung hätte Robbins längst kapituliert haben müssen, desillusioniert von einer Macho-Gesinnung, die nur zu leicht in Gewalt ausarten konnte, angewidert von den notwendigen faulen Kompromissen und den miesen Tricks und natürlich auch durch den Dienst an sich, der einem tagtäglich die Niedertracht des Verbrechens und die Unmenschlichkeit der Menschen untereinander vor Augen führte. Statt dessen war der gute Robbins anscheinend sowohl schockresistent als auch ein unwandelbarer Idealist. Daniel vermutete, daß er, wie die meisten Menschen, irgendwo auch eine dunkle Seite hatte, denn ohne ein paar kleine Fluchten war das Leben ja kaum zu ertragen, aber Robbins verstand sich meisterhaft darauf, die seinen geheimzuhalten. Für das Innenministerium würde es sich wirklich lohnen, dachte Daniel, ihn im Lande als leuchtendes Beispiel vorzuführen, um idealistische Schulabgänger von den Vorzügen einer Polizeikarriere zu überzeugen.
    Sie machten sich wieder an die Arbeit. Es blieb ihnen zwar nur noch sehr wenig Zeit bis zu dem Termin im Leichenschauhaus, aber auch diese knappen Minuten durften nicht vergeudet werden. Daniel schickte sich an, Etiennes Papiere durchzusehen. Schon auf den ersten flüchtigen Blick hatte er über die riesige Arbeitslast gestaunt, die Gerard Etienne sich aufgebürdet hatte.
    Mit einer Gesamtbelegschaft von nur dreißig Personen brachte der Verlag pro Jahr an die sechzig Titel heraus. Das Verlagswesen war Daniel ein Buch mit sieben Siegeln, weshalb er denn auch keine Ahnung hatte, ob dieses Publikationsaufkommen bei Peverell dem Durchschnitt entsprach, aber Organisation und Aufgabenverteilung in Innocent House schienen ihm doch merkwürdig gegliedert, und Etiennes Arbeitsanteil war auf jeden Fall unverhältnismäßig hoch. De Witt war der Cheflektor, und Gabriel Dauntsey stand ihm als Lektor für Lyrik und Dichtung zur Seite, schien aber ansonsten, bis auf seine Archivrecherchen, kaum in die Verlagsarbeit eingebunden zu sein. Claudia Etienne war für Vertrieb und Werbung sowie für Personalfragen zuständig, und Frances Peverell kümmerte sich um Rechte und Verträge. Gerard Etienne hatte als Geschäftsführer und Vorsitzender der Peverell Press die Produktion sowie die Konten und Lagerbestände überwacht und also mit Abstand die schwerste Last getragen.
    Daniel interessierte sich auch dafür, wie weit Etienne seine Pläne zum Verkauf von Innocent House vorangetrieben hatte. Die Verhandlungen mit Hector Skolling liefen schon seit einigen Monaten und waren ziemlich weit gediehen. In den Protokollen der monatlichen Gesellschafterkonferenz fand er allerdings viele der laufenden Entwicklungen kaum oder nur am Rande erwähnt. Doch während Dalgliesh und Kate mit den offiziellen Vernehmungen beschäftigt waren, hatte Daniel durch Mrs. Demerys Klatsch und durch Gespräche mit George und den wenigen Angestellten, die noch im Hause waren, fast ebensoviel erfahren wie sie. Die Gesellschafter mochten daran interessiert sein, das Bild eines grundsätzlich einigen Vorstands mit gemeinsamer Zielsetzung zu präsentieren, doch die Indizien zeigten bisher eine ganz andere Realität.
    Das Telefon klingelte. Es war Kate. Sie war auf dem Weg in ihre Wohnung, um sich umzuziehen. AD, wie sie ihren Chef unter sich nannten, war ins Yard gerufen worden. Beide würden im Leichenschauhaus

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