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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Ich habe großen Hunger.«

32
    Von der Straßenseite ist der Eingang zum Polizeirevier Wapping so unauffällig, daß Ortsfremde ihn leicht übersehen können. Von der Themse her erinnert die ansprechende, schlichte Backsteinfassade mit dem traulichen Erkerfenster zum Fluß hin eher an einen altgedienten, geräumigen Nutzbau, etwa das Domizil eines Kaufherrn aus dem achtzehnten Jahrhundert, der am liebsten gleich über seinem Warenlager wohnte. Doch als Daniel vom Fenster der Einsatzzentrale hinuntersah auf die breite Laderampe, die drei Buchten der schwimmenden Anlegestelle mit der Flottille von Polizeibooten und der diskret plazierten Bahre aus rostfreiem Stahl, auf der die Wasserleichen deponiert und abgespritzt wurden, da dachte er, daß einem aufmerksamen Fährgast auf der Themse die wahre Nutzung des Hauses wohl schwerlich verborgen bleiben würde.
    Daniel Aaron hatte alle Hände voll zu tun gehabt, seit er und Sergeant Robbins hier angekommen und über die Eisentreppe vom Parkplatz aus in die konzentrierte Geschäftigkeit des Reviers vorgedrungen waren. Er hatte die Computer aufgestellt, Schreibtische für Dalgliesh, Kate und sich freigeräumt, mit dem Büro des Coroners die Vorbereitungen für die Obduktion sowie für die gerichtliche Untersuchung der Todesursache getroffen und sich mit dem Polizeilabor in Verbindung gesetzt. Die Fotos vom Tatort hingen auch schon an der Pinnwand, scharf belichtete, nüchterne Aufnahmen, die in ihrer grellen Klarheit das Grauen des Todes auf ein Lehrstück in Sachen Fototechnik zu reduzieren schienen. Auch mit Lord Stilgoe, der auf der Privatstation einer Londoner Klinik lag, hatte er schon gesprochen. Glücklicherweise hatten die Nachwirkungen der Vollnarkose, die fürsorgliche Betreuung durch die Schwestern und seine vielen Besucher den Lord wenigstens soweit von der aufregenden Mordgeschichte abgelenkt, daß er Daniels Bericht mit erstaunlicher Gelassenheit aufgenommen und nicht, wie befürchtet, Dalgliesh’ sofortiges Erscheinen an seinem Krankenbett verlangt hatte. Daniel hatte des weiteren das Pressebüro der Metropolitan Police informiert, dessen Aufgabe es war, sobald die Story durchsickerte, Pressekonferenzen einzuberufen und die Zusammenarbeit mit den Medien zu koordinieren. Eine ganze Reihe von Details wollte die Polizei im Interesse ihrer Ermittlungen vorläufig nicht preisgeben, aber die makabre Verwendung der Schlange würde spätestens morgen jedem Mitarbeiter in Innocent House bekannt sein und sich wenige Stunden später bei allen Londoner Verlagen und natürlich auch in den Zeitungsredaktionen herumgesprochen haben. Bei der Pressestelle würde in nächster Zeit allerhand los sein.
    Robbins, der sich durch die Untätigkeit seines Vorgesetzten offenbar selbst zu einer kleinen Pause animiert fühlte, war jetzt neben ihn ans Fenster getreten. »Interessantes Fleckchen hier, nicht? Das älteste Polizeirevier von ganz Großbritannien.«
    »Falls es Ihnen auf den Nägeln brennt, mir zu erzählen, daß die Wasserschutzpolizei bereits 1798, also einunddreißig Jahre vor der Met, gegründet wurde – danke, das weiß ich bereits.«
    »Aber haben Sie auch schon das Museum gesehen, Sir? Es ist in der Tischlerei auf der alten Bootswerft untergebracht. Ich habe mal, noch vom Ausbildungszentrum aus, an einer Führung teilgenommen. Tolle Exponate haben die da. Fußeisen, Entermesser, wie sie seinerzeit die Wasserschutzpolizei trug, alte Uniformen, einen Arztkoffer, Originalakten aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert und Berichte über den Untergang der Princess Alice. Wirklich eine faszinierende Sammlung.«
    »Das erklärt vermutlich die frostige Begrüßung, wenn unsereins vorbeischaut. Wahrscheinlich verdächtigen sie den Kustos der Met, hinter ihren Schätzen herzusein, oder sie haben Angst, wir könnten ihre schönsten Exponate mitgehen lassen. Aber mir würde« setzte er mit einer Kopfbewegung zum Fenster hinzu, »ihr neuestes Spielzeug ohnehin besser gefallen.«
    Unter ihnen, auf der Themse, war ein gischtschäumendes Spektakel losgebrochen. Ein paar halbstarre Hochgeschwindigkeitsschlauchboote in grellem Orange, Schwarz und Grau, mit je zwei Mann Besatzung in fluoreszierenden grünen Jacken und mit Sturzhelm, schlingerten unter abenteuerlichen Wendemanövern um die Polizeiboote herum, ehe sie mit heulendem Motor flußabwärts jagten.
    »Die Dinger haben ja nicht mal Sitzbänke«, sagte Robbins. »Ich wette, daß diese Gegenströmung die Muskeln ganz schön

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