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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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eher langweiliger Cottages noch die schüttere Grünfläche neben dem übelriechenden Teich oder das moderne Pub, das sich mit gasbetriebenem offenen Kamin und künstlich geschwärzten Balken vergeblich auf siebzehntes Jahrhundert zu trimmen versuchte, ja nicht einmal die kleine Kirche mit der hübschen achteckigen Turmspitze weckten in ihr ein so starkes Gefühl wie Abneigung. Das war ganz einfach der Ort, an dem sie wohnte, aß und schlief. Der Mittelpunkt ihres Lebens aber hatte siebenundzwanzig Jahre lang anderswo gelegen. Nach der Arbeit war sie ganz gern heimgekommen nach Weaver’s Cottage, wo alles so behaglich und geordnet war, heim zu der anspruchslosen Gesellschaft ihrer Cousine, wo ein schön gedeckter Tisch mit einem guten Essen wartete, im Winter ein würzig duftendes Holzfeuer und an lauen Sommerabenden ein Erfrischungsgetränk im Garten. Den Kontrast zwischen dem friedlichen Landleben und den Anforderungen im Büro, der pulsierenden Geschäftigkeit an der Themse, hatte sie ganz angenehm empfunden. Außerdem mußte sie ja irgendwo wohnen, da sie nun einmal nicht mit Henry Peverell zusammenleben konnte. Jetzt aber überkam sie schlagartig die Erkenntnis, daß ihr das Leben in West Marling ohne ihren Beruf unerträglich wäre.
    In einem klickenden Reigen greller, unzusammenhängender Bilder lief dieses Leben vor ihrem inneren Auge ab; Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre unausgefüllter, berechenbarer Monotonie. Die kleinen Hausfrauenpflichten, die ihr Nützlichkeit vorgaukeln würden; die Gartenarbeit unter Joans Aufsicht; Sekretariats- oder Schreibdienste für den Pfarrgemeinderat oder den Frauenverein; samstags der Einkauf in Tonbridge; sonntags Abendmahlsfeier und Gottesdienst, hin und wieder die Vorbereitung eines Ausflugs als Höhepunkt des jeweiligen Monats, und bei alledem keine Fluchtmöglichkeit, weil ihr dazu erstens das Geld fehlte, zweitens ein akzeptabler Grund und drittens ein Ziel. Warum sollte sie fortwollen? Ihre Cousine war mit diesem Leben zufrieden und hatte Erfüllung darin gefunden, sie war stolz auf ihre Stellung in der Dorfhierarchie, das Cottage, das ihr gehörte, und natürlich den Garten, ihren immerwährenden Quell der Freude und neuer Anregungen. Die meisten Leute würden sagen, Blackie könne sich glücklich schätzen, daß sie mietfrei hier wohnen durfte (im Dorf würde man das wissen, für derlei hatten die Leute einen Riecher), könne froh sein über ein so schönes Zuhause und die Gesellschaft ihrer Cousine. Doch sie wäre in diesem Duo geringer geachtet, weniger beliebt, eben nur die arme Verwandte. Ihre Arbeit, von der man im Dorf zwar nicht viel verstand, deren Bedeutung aber von Joan immer wieder herausgestrichen worden war, hatte ihr bislang Ansehen verschafft. Ansehen, Würde und Bedeutung – das alles stand und fiel mit dem Beruf. Warum sonst hatten die Leute Angst davor, arbeitslos zu werden, warum sonst war das Rentnerdasein für viele ein Trauma? Und die »nette kleine Teilzeitbeschäftigung«, von der Joan gesprochen hatte, wäre auch nichts für sie. Sie wußte, was sie davon zu erwarten hatte: ein Büro, in dem unreife junge Mädchen, die frisch von der Schule oder vom Sekretariatslehrgang kamen und nichts als Sex im Kopf hatten, ihr entweder ihre Berufserfahrung neiden oder sie als die sprichwörtliche alte Jungfer bedauern würden. Und überhaupt, wie könnte sie sich zu einer Teilzeitarbeit herablassen, sie, die doch einmal Henry Peverells Privatsekretärin und seine rechte Hand gewesen war?
    Sie saß reglos vor ihrem halbvollen Sherryglas und starrte wie hypnotisiert auf die bernsteingelb funkelnde Flüssigkeit, indes ihr Herz vor Aufruhr bebte und mit stummer Stimme schrie: »Ach, mein Liebster, warum hast du mich verlassen? Warum nur hast du sterben müssen?«
    Sie hatte ihn kaum je außerhalb des Büros gesehen, war nie nach Nummer 12 in seine Wohnung gebeten worden und hatte ihn umgekehrt auch nie nach Weaver’s Cottage eingeladen, geschweige denn zu ihm über ihr Privatleben gesprochen. Und doch war er siebenundzwanzig Jahre lang ihr Lebensinhalt gewesen. Tagsüber hatte sie mehr Zeit mit ihm verbracht als mit irgendeinem anderen Menschen. Für sie war und blieb er Mr. Peverell, er hatte sie vor anderen Miss Blackett gerufen und Blackie, wenn sie allein waren. Sie konnte sich nicht erinnern, daß ihre Hände sich je wieder berührt hatten nach jener ersten Begegnung vor siebenundzwanzig Jahren, als sie, eine schüchterne Siebzehnjährige frisch

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