Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
Vom Netzwerk:
des Verlags angeht. Die Polizei denkt nun mal in Klischees. Aber da die meisten Verbrecher sich auch an Klischees halten, liegt sie damit wahrscheinlich gar nicht so falsch.«
    Frances Peverell hob den Kopf. Niemand hatte sie weinen sehen, aber ihr Gesicht war blaß und aufgedunsen, die Augen blickten stumpf und glanzlos unter geschwollenen Lidern hervor, und als sie jetzt sprach, klang ihre Stimme brüchig, ja fast ein bißchen wie die eines quengelnden Kindes.
    »Was ist denn schon dabei, wenn Mrs. Demery redet? Und wieso kommt es darauf an, was wir sagen? Keiner von uns hat doch etwas zu verbergen. Es muß ohnehin jedem klar sein, was passiert ist. Gerard ist eines natürlichen Todes gestorben, oder er hatte einen Unfall, und irgendwer, bestimmt dieselbe Person, die uns in letzter Zeit fortwährend solch üble Streiche gespielt hat, entdeckte die Leiche und beschloß, aus diesem Tod ein Geheimnis zu machen. Es muß furchtbar für dich gewesen sein, ihn so vorzufinden, Claudia, mit der albernen Schlange um den Hals. Aber was geschehen ist, läßt sich doch ziemlich einfach rekonstruieren. Es kann nur so gewesen sein.«
    Claudia ging so heftig auf sie los, als wären sie mitten in einem Streit. »Was denn für ein Unfall? Du meinst also, Gerard hätte einen Unfall gehabt, ja? Also schön, dann frage ich dich, was für einen?«
    Frances schien auf ihrem Stuhl zusammenzusinken, aber ihre Stimme war jetzt klar und fest. »Ich weiß es nicht. Ich war ja schließlich nicht dabei, oder? Es war bloß eine Vermutung.«
    »Und zwar eine saublöde.«
    »Claudia, bitte!« De Witts Stimme klang eher gütig als tadelnd. »Wir dürfen uns nicht streiten. Wir müssen die Ruhe bewahren und dürfen uns durch nichts auseinanderbringen lassen.«
    »Ja, aber wie denn? Dalgliesh hat doch gesagt, daß er uns einzeln sprechen will.«
    »Ich meine das ja auch im übertragenen Sinne. Wir müssen zusammenhalten, verstehst du – als Partner, als Team.«
    Frances fuhr fort, als hätte sie gar nicht zugehört: »Oder es war ein Herzinfarkt. Vielleicht auch Gehirnschlag. Beides wäre möglich. Das kann den Gesündesten treffen.«
    »Gerard hatte aber nichts am Herzen«, sagte Claudia. »Wer ein schwaches Herz hat, der besteigt nicht das Matterhorn. Und einen Schlaganfall kann ich mir bei ihm schon gar nicht vorstellen.«
    De Witt meinte beschwichtigend: »Es ist müßig, vor der Obduktion über die Todesursache zu spekulieren. Im Moment sollten wir uns lieber darüber Gedanken machen, was aus dem Verlag wird.«
    »Wir machen weiter«, sagte Claudia, »das ist doch gar keine Frage.«
    »Vorausgesetzt, wir haben noch genügend Leute. Die Angestellten wollen vielleicht nicht alle bleiben, besonders dann nicht, wenn die Polizei andeuten sollte, daß bei Gerards Tod nicht alles mit rechten Dingen zuging.«
    Claudias Lachen klang eher wie ein Schluchzen. »So ein Schwachsinn! Natürlich ist es nicht mit rechten Dingen zugegangen. Als man seine Leiche fand, war er halb nackt, hatte eine Stoffschlange um den Hals gewickelt, und deren Kopf steckte in seinem Mund. Nicht einmal der argloseste Polizist würde glauben, daß es bei so was mit rechten Dingen zugegangen sein kann.«
    »Ich meinte natürlich, falls die Polizei annimmt, daß es Mord war. Das Wort spukt uns doch allen im Kopf herum, da kann man es auch endlich mal aussprechen.«
    »Mord?« fragte Frances. »Warum hätte man ihn ermorden sollen? Und es war doch gar kein Blut da, oder? Eine Waffe habt ihr auch nicht gefunden. Und er kann auch nicht vergiftet worden sein. Womit denn? Wann hätte er das Zeug nehmen sollen?«
    »Es gibt auch noch andere Methoden«, sagte Claudia.
    »Du meinst, man hat ihn mit Hissing Sid erdrosselt? Oder erstickt? Aber Gerard war stark und kräftig. Den möcht’ ich sehen, der ihn überwältigt hätte.« Und dann, als niemand sich dazu äußerte, fuhr sie fort: »Ich versteh’ einfach nicht, warum ihr beide so erpicht darauf seid, Gerards Tod als Mord hinzustellen.«
    De Witt setzte sich neben sie. »Aber so ist es doch gar nicht, Frances«, sagte er sanft. »Wir wollen nur auf alles gefaßt sein. Im übrigen hast du natürlich recht. Wir sollten wirklich besser warten, bis man weiß, wie er gestorben ist. Aber mir macht etwas anderes Kopfzerbrechen: Was mag er nur im kleinen Archiv gewollt haben? Ich kann mich nicht erinnern, daß er je dort oben gewesen wäre, du, Claudia?«
    »Nein, und gearbeitet haben kann er da oben auch nicht, denn sonst hätte er seine

Weitere Kostenlose Bücher