Adam liebt Eve
musst du morgen vom Ladies’ Day in Ascot berichten, Jocelyn. Gut, dass du mit dem Fotoapparat umgehen kannst. Du weißt ja, was für Bilder Charlotte knipst: schöne, fröhliche Menschen.”
“Klar.” Jocelyn freute sich über diesen Auftrag und beschloss, sich dem Anlass gemäß zu kleiden. Sie musste sowieso zu Harrods, um einen Filmstar zu interviewen, der seine Bücher in dem Kaufhaus signierte, da konnte sie anschließend gleich in ihrer Lieblingsboutique nach einem Outfit für Annas Hochzeit suchen, das sie in Ascot einweihen wollte.
Nachdem sie den Filmstar interviewt hatte, gab Jocelyn ihren Bericht telefonisch durch, der am nächsten Tag mit einem Foto erscheinen sollte, und widmete sich danach der Kleiderwahl. Schließlich erstand sie ein bronzefarbenes Seidenkostüm und einen dazu passenden cremefarbenen Strohhut, der ihr ausgezeichnet stand. Als sie sah, wie hoch die Rechnung war, zuckte sie zusammen. Ist ja für Anna, dachte sie dann und beruhigte sich wieder.
Rechtzeitig zum Ladies’ Day in Ascot herrschte strahlender Sonnenschein. Jocelyn suchte sich einen Platz, von dem aus sie die Kutschen mit der Königin und verschiedenen Mitgliedern der königlichen Familie sehen und fotografieren konnte. Zwischendurch sprach sie interessante Entdeckungen auf Band und fotografierte Trägerinnen besonders ausgefallener Hutkreationen.
Gegen Ende des Nachmittags hatte sie genug Hüte gesehen und beschloss, eine letzte Aufnahme von den Pferden zu machen, die in den Startboxen auf den Beginn des letzten Rennens warteten. Leider wurde sie im entscheidenden Augenblick angestoßen, die Aufnahme verwackelte, und plötzlich hatte Jocelyn einen großen Mann im Sucher.
Ihr Herz begann heftig zu pochen. Bei Tageslicht sah Adam noch blendender aus, noch dazu im Cut! Die Frau an seiner Seite schien ebenso hingerissen zu sein. Impulsiv machte Jocelyn eine Aufnahme von dem attraktiven Paar, dann wandte sie sich schnell ab, bevor Adam sie erkannte.
Der ganze Tag war ihr verdorben. Adam war noch viel beeindruckender, als sie ihn in Erinnerung gehabt hatte. Kein Wunder, dass sie sich gewünscht hatte, mit ihm zu schlafen. Aber seine schöne Begleiterin schien Ähnliches im Sinn zu haben. Die beiden hatten nur Augen füreinander.
Schlecht gelaunt kehrte Jocelyn zurück in die Redaktion, wo sie von bewundernden Zurufen empfangen wurde. Wenigstens war ihr Kostüm ein voller Erfolg.
Auch am nächsten Tag musste sie ständig an Adam und seine schöne Begleiterin denken und wurde immer eifersüchtiger. Der Tag schien sich endlos in die Länge zu ziehen. Erst am Abend besserte sich ihre Laune, als sie mit einigen Kollegen zum Essen ging. Das war schon fast Tradition am Freitag. Als Jocelyn schließlich nach Hause kam und ihren Anrufbeantworter abhörte, schallte ihr die Stimme einer ziemlich ungehaltenen Carrie Holt entgegen.
Hallo, Jocelyn, heute Abend waren es zwei Nachrichten für dich. Eine von Peter und eine von diesem mysteriösen Adam. Bitte sei so nett und teile den Männern in deinem Leben endlich deine neue Telefonnummer mit. Es nervt langsam. Bye.
Jocelyn biss sich auf die Lippe. Kein Wunder, dass die Holts verärgert waren. Sie würde Peter schreiben und ihn über ihren Umzug informieren müssen, verbunden mit der Bitte, sich fortan nicht mehr zu melden. Und Adam wollte sie gleich anrufen. Sie wählte die Nummer und wartete nervös darauf, dass er sich meldete. Doch auch er hatte seinen Anrufbeantworter angeschaltet. Auf dem Band gab er nur seine Telefonnummer an und bat den Anrufer, eine Nachricht zu hinterlassen. Nachdem sie die erste Enttäuschung überwunden hatte, sprach Jocelyn kühl auf Band:
Hier ist Eve. Ich wohne nicht mehr in Notting Hill und fange ein neues Leben an. In jeder Beziehung. Vielen Dank für die herrlichen Rosen und dein Verständnis neulich Nacht. Bye.
Wie verabredet, fuhr Jocelyn am Sonntag nach Dorset. Sie folgte der Wegbeschreibung, die Francis Legh ihr gegeben hatte, und fuhr bald durch die wunderschöne Landschaft, die Thomas Hardy in seinen Werken so poetisch beschrieben hatte. Sie drosselte das Tempo, um die Umgebung genießen zu können, und entdeckte bald darauf einen Wegweiser nach Eastlegh Hall. Das war Francis Leghs Familiensitz. Francis war der neunte Baron Morville, der dort lebte.
Jocelyn fuhr durch ein hübsches Tor und folgte einer Allee, die sich durch eine Parklandschaft wand und direkt zur Auffahrt führte. Schon von Weitem sah man das beeindruckende Herrenhaus, das
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