Adams Erbe (German Edition)
am Wochenende…«
Und an einem Montag nach einem langen Wochenende – der Freitag war ein Feiertag gewesen – brachen wir alle Rekorde. Unser Stand war restlos leer, Stunden bevor es Zeit war zusammenzuräumen. Selbst die Mängelware hatten sie uns aus den Händen gerissen. Jack setzte sich auf den geplünderten Warentisch und zündete sich eine Zigarette an. Die Frauen standen im Halbkreis um ihn herum, und jede versuchte, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Der King schaffte es, allen gleichzeitig zuzuzwinkern. Gerecht verteilte er sein Lächeln.
»Was machen wir jetzt?«, fragte er seine Verehrerinnen.
Der ganze Haufen kicherte verlegen.
»Wie wäre es mit einem Lied? Ed, was sagst du, sollen wir für diese Feen und Elfen singen?«
Er zog mich neben sich auf den Tisch, und ich klatschte den Takt. Jacks Stimme ertönte laut und klar, die Damen wiegten ihre geschwollenen Waden auf den Stöckelschuhen hin und her. Niemand außer Jack wäre auf die Idee gekommen, sie als Feen und Elfen zu bezeichnen. Sie rochen nach Provinz, nach Reihenhäusern, nach Mietswohnungen mit Balkon. Sie rochen nach Alltagssorgen und Stampfkartoffeln.
Jack gab viele Zugaben, und wir verließen den Markt erst, als alle anderen Händler auch einpackten.
»Also Ed, wir haben die Taschen voller Geld, das muss gefeiert werden.«
Wir fuhren nach Wiesbaden. Auf dem Weg zu dem Restaurant, in das mich Jack führen wollte, kamen wir an einem Geschäft für teure Damenwäsche vorbei. Im Schaufenster hing ein Morgenmantel aus schwerem, grünem Samt, die Ärmel mit goldenen Stickereien verziert, auf dem Kragen schwarze, tränenförmige Perlen. Jack blieb stehen.
»Den kaufen wir deiner Mutter.«
Die Verkäuferin wollte gerade abschließen, aber Jacks Zwinkern wirkte wieder Wunder.
»Ich möchte diesen Mantel da kaufen.«
»Oh, das ist ein Ausstellungsmodell und leider unverkäuflich.«
»Was kostet er?«, fragte Jack.
»Ich sagte doch, er ist unverkäuflich. Er hat keinen Preis.«
Jack warf lachend seinen Kopf in den Nacken. »Kommen Sie, alles hat einen Preis.«
»Dahinten haben wir noch andere Morgenmäntel.«
»Nein, nein, nein. Sie verstehen mich nicht, ich möchte diesen da haben.«
»Sehen Sie, der ist für mein Schaufenster. Ich habe ihn extra anfertigen lassen. Nach einem Modell von Katharina der Großen.«
»Gut, und was haben Sie dafür bezahlt?«
»Zwölftausend Mark.«
»Ich gebe ihnen fünfzehntausend.«
Jack sah die Verkäuferin herausfordernd an. Sie starrte zurück. Stille.
»Soll ich den Mantel als Geschenk verpacken?«, sagte sie schließlich
»Ich bitte darum.« Er lächelte.
Viertausend bezahlten wir in bar, für die restlichen elf stellte Jack einen Scheck aus.
Wir gingen nicht mehr in das Restaurant, sondern fuhren direkt nach Hause. Magda Cohen sah aus wie eine Königin in dem grünen Samtumhang. Es war schwer zu sagen, wer sich mehr freute, meine Mutter oder der King.
Ich war fast zehn Jahre alt, als eines Abends das Licht in unserer Pappmachéburg erlosch und aus den Hähnen nur noch eiskaltes Wasser tropfte. Am zweiten Tag der Finsternis kam der Großhändler und lud kistenweise Steine und Fossilien in unserem Wohnzimmer ab.
»Ich zahle nächste Woche«, sagte Jack und schlug dem Grossisten kameradschaftlich auf die Schulter.
»Nein, Moss, du zahlst jetzt, und auch den Betrag, der noch offen ist.«
»Ich zahle nächste Woche.«
»Nein, sofort, sonst nehme ich alles wieder mit.«
Und nach einigem Hin und Her wanderte die Ware wieder zurück in seinen Lkw.
24 Stunden später klopfte unser Vermieter an. Es gab niemanden, dem wir kein Geld schuldeten. Draußen dämmerte es, meine Mutter und ich zündeten Kerzen an, während Jack auf und ab tigerte. Er lachte, und dann geschah, was ich schon einmal erlebt hatte. Sein Gesicht verzerrte sich, und mit einer unendlichen Wut knallte er seine Faust gegen die Mauer unserer falschen Burg. Mama schrie entsetzt auf. Sie lief auf ihn zu, wollte ihn beruhigen, aber er holte aus, und seine blutende Faust traf Magda. Sie ging sofort zu Boden. Jack griff nach dem Stuhl. Ich machte denselben Fehler und stellte mich ihm in den Weg. Kurz bevor das Stuhlbein ein tellergroßes Loch in die Wand riss, erwischte es mich am Kinn. Ich taumelte und landete neben meiner Mutter.
Als der Stuhl endlich zerbrach, kam Jack zur Besinnung. Sein Gesicht entspannte sich. Mama und ich lagen auf dem Boden. Jack ließ die Stuhllehne fallen und setzte sich zwischen uns. Er
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