Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
Vom Netzwerk:
mein letzter Gedanke, bevor ich das Bewusstsein verlor.
    Ich wachte in einem Hotelzimmer auf. Jack saß neben mir, eine Zigarette im Mundwinkel, und lachte.
    »Das ist ja noch mal gutgegangen, Ed. Du bist wirklich der phantastischste Junge der Welt. Du bist alles, was man sich nur wünschen kann.«
    Seine Worte versöhnten mich mit meinem dröhnenden Kopf und meinen pochenden Lippen, versöhnten mich mit allem.
    Um mir eine Freude zu machen, brachte Jack mir am nächsten Tag das Autofahren bei. Ich hielt mich nach wie vor für einen Experten, und noch immer liebte ich meinen goldenen Jaguar wie kleine Mädchen ihre Puppen. Ich sah nicht viel, mein rechtes Auge war über Nacht zugeschwollen, aber ich begriff einigermaßen schnell. Nach ein paar Runden auf dem Hotelparkplatz lenkte ich den Volvo auf die Landstraße. Jack Moss zündete mir eine Zigarette an und steckte sie mir in den Mund.
    »Ed, du bist der erste Mensch, von dem ich mich fahren lasse. Mein Leben in deinen Händen.«
    Und während der Stolz mein Kinderherz zu zerreißen drohte, sang der King seine Lieder.
    An den letzten beiden Tagen arbeiteten wir mit äußerster Vorsicht. Ganze Dörfer erfuhren, dass Jack Moss mit drei Huren geschlafen hatte, so laut brüllte er unser Stichwort.
    4794 Mark Reingewinn waren das Ergebnis unserer Ferien. Der King und seine Frau reisten für zwei Wochen nach Venedig. Ich bekam 14   Tage schulfrei und wurde in die Obhut der Huberin gegeben. Zusammen übernahmen wir das Büro mit den acht Telefonen, und ich lernte sticken. Ich schlief auf dem Sofa der Huberin und brachte ihr morgens den Kaffee ans Bett. Abends sah ich zu, wie sie die beiden aufgescheuerten Babywale mit Puder einrieb. Manchmal schickte sie mich in ihr Schlafzimmer, um das »Laudanum«, eine kleine Flasche mit flüssigem Morphium, zu holen. 34 Tropfen träufelte ich vorsichtig mit einer Pipette auf ein Stückchen Zucker. Ich mochte es, die Huberin dabei zu beobachten, wie sie dem Leben für ein paar Stunden entwischte. Sie lag dann in ihrem braunen Cordsessel, ein Haufen Fett, der eine Weile vergessen durfte, dass er ein Haufen Fett war.
    An den Tagen nach dem Morphiumrausch war die Huberin meist auf Krawall aus und schnauzte mich unentwegt an. Der Kaffee schmeckte nicht, zu stark, zu schwach, auf jeden Fall schlecht. Die Kreuze waren schief gestickt, womit sie nicht unrecht hatte, aber meine Kreuze waren eigentlich immer schief. In dieser unleidlichen Stimmung war sie gerade. Sie motzte über meine Frisur und beschwerte sich, dass ich zu laut atmen würde. Während ich im Fernsehen einen Krimi verfolgte, starrte die Huberin mich an.
    »Junge, du siehst gar nicht aus wie dein Vater.«
    »Mein Vater?«
    »Elvis, dein Vater«, bellte sie.
    »Jack ist nicht mein Vater.«
    Der Hauptverdächtige der ersten dreißig Minuten wurde gerade entlastet, aber die Huberin drehte den Ton leise.
    »Und wer ist dein Vater?«
    »Gören aus Skandinavien.«
    »Gören? Was ist das denn für ein Name? So kann man doch nicht heißen. Hunde heißen Gören. Ich kannte einen, der hatte einen Hund, der Gören hieß. War kein schöner Hund. Schöne Hunde heißen auch nicht so. Die heißen Hanno oder Pfötchen. So heißen schöne Hunde, Junge.«
    »Vielleicht heißt er auch Sören.«
    Die Huberin hob die Augenbrauen. »Wie ein Skandinavier siehst du jedenfalls nicht aus. Und Magda siehst du auch nicht ähnlich. Oder ist Magda auch nicht deine Mutter?«
    »Doch.«
    »Und wem siehst du dann ähnlich? Na?«
    »Adam«, platzte es aus mir heraus.
    Adam, immer wieder Adam. Wie ein Refrain zog sich dieser Name durch mein Leben.
    »Adam?«
    Als ich der Huberin erklären wollte, wer Adam war, verlor sie das Interesse an der ganzen Sache und drehte den Ton auf.
    »Ruhe jetzt, Junge. Der Dicke mit dem Bart ist der Mörder, immer das Gleiche.«
    Der Dicke mit dem Bart war nicht der Mörder, sondern der Kommissar, aber ich widersprach ihr nicht.
    Trotz ihrer Launen mochte ich die Huberin ausgesprochen gern. Sie war aus gutem Stoff gemacht, der ein wenig dem Wundertuch ähnelte, aus dem Jack Moss geschneidert war. Nicht ganz so schillernd, aber doch solide. Magda und der King zahlten der Huberin ein wenig Geld für ihre Dienste als Babysitterin. Und jedes Mal, wenn ich etwas wissen oder erklärt haben wollte, antwortete die Huberin: »Erziehung kostet extra, Elvis zahlt nur die Aufsicht. Also frag jemand anderen.«
    Kein Tag verging, ohne dass sie von Venedig erzählte. Sechs Monate einer längst

Weitere Kostenlose Bücher