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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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Träumen.
    »Eduard.«
    Ihr Schnurrbärtchen bebte, und auf dem Kinn glänzten zwei dicke schwarze Borsten. Ihre Haare waren grau und hingen über ihren ausgemergelten Schultern.
    »Eduard Chopin.«
    Sie sah aus wie eine Krähe, eine verhungerte Krähe mit Damenbart. Ihre Hände, von denen man einst Wunder erwartet hatte, waren von roten Flecken übersät.
    Ich ging einen Schritt auf sie zu, und damit sie nicht zu mir heraufschauen musste, hockte ich mich neben ihren Rollstuhl.
    »Eduard Chopin, er hat komponiert, bevor er lesen konnte. Eduard Chopin, er hat seiner Klavierlehrerin einen wunderschönen Strauß Blumen geschenkt.« Sie lachte und griff nach meiner Hand. Ihre Finger waren kalt und feucht.
    »Ich habe dich sofort erkannt, Eduard. An deinen Augen, an deiner Nase und an deinem Mund.«
    Dann sagte die Nöff nichts mehr, sah über mich hinweg, durch mich hindurch. Ich wollte meine Hand aus ihrem Griff lösen, aber sie hielt mich fest.
    »Frau Nöff, ich muss gehen.«
    Mit einer überraschend schnellen Bewegung drehte sie ihren Kopf und flüsterte in mein Ohr. »Wo sind deine Schäfchen, Eduard? Wo sind deine Schäfchen?«
    Dann sackte sie in sich zusammen. Ich sprang auf und rannte den Gang entlang, die Treppen runter, rannte auf die Straße. Ed M.C. rannte um sein Leben.
    ›Auf bald.‹
    Amy, ich sah dich erst Ende September wieder. Einen Tag bevor du zurück nach England fliegen musstest. Haderberg hatte zum Essen eingeladen. Es regnete schon seit Tagen, deshalb aßen wir im Wohnzimmer und die Dachterrasse blieb verwaist. Die Tischplatte und vierzehn Menschen trennten uns voneinander. Einmal habe ich versucht, dir etwas zuzurufen. Aber meine Stimme ging unter, bevor sie dich erreichen konnte.
    Als du aufgestanden bist, um auf die Toilette zu gehen, bin ich dir gefolgt.
    Die Spülung, der Wasserhahn, und dann standest du vor mir.
    »Edward. Was?«
    »Du… du fliegst morgen nach Hause?«
    »Ja.«
    »Ich habe noch ein Abschiedsgeschenk für dich.«
    »So?«
    »Ja… Soll ich’s holen?«
    »Gib es mir, wenn ich gehe. Es ist doch ein Abschiedsgeschenk, oder? Und Abschiedsgeschenke bekommt man zum Abschied.«
    » O. K. «
    Du wolltest dich umdrehen, aber in der Bewegung hieltest du inne und sahst mich an.
    »Ach ja, Edward, man rennt fremden Frauen nicht aufs Klo hinterher.«
    »Aber du bist doch nicht fremd.« Ich habe deinen Arm festgehalten. »Du hast für mich gesungen. Du bist nicht fremd.«
    »Oh, Edward. Weißt du eigentlich…«
    »Was?«
    Du hast gelacht und diesen Satz nicht beendet. Dein Arm löste sich aus meinem Griff. Und deine Hand hielt einen Moment meine fest und drückte sie.
    Den Rest des Essens hast du mich kein einziges Mal mehr angesehen. Auch nicht danach, als wir alle im Wohnzimmer herumstanden. Zwei Schauspieler nahmen dich in Beschlag, und du schienst dich prächtig zu amüsieren. Trotz des Regens ging ich auf die Terrasse, weil du, der einzige Mensch, mit dem ich reden wollte, mich ignoriertest.
    Fünf Zigaretten später lehntest du im Türrahmen.
    »Es regnet.«
    »Ich weiß.«
    »Edward, jetzt heißt es Abschied nehmen.«
    »Warte kurz.«
    Ich rannte hinunter, holte die Tüte, die ich im Flur abgestellt hatte, und rannte wieder hoch. Du hattest deine Position gewechselt. Der Regen stand dir gut.
    »Amy, du wirst nass.«
    »Ich weiß.«
    Wir rauchten eine letzte Zigarette zusammen, und dann überreichte ich dir ein totes Schaf im Sarg.
    »Danke, Edward.«
    Wir umarmten uns ein bisschen zu lange und ein bisschen zu fest.
    »Wir sehen uns wieder«, hast du gesagt. Es klang wie ein Versprechen.
    Was habe ich gemacht bis zu dieser eisigen Februarnacht? Ich habe flacher geatmet als sonst, aus Angst, dass Ed M.C. ganz auseinanderfallen würde. Ich bin zur Waldklinik gefahren und einen langen Nachmittag vor dem Eingang stehen geblieben. Nachts lief ich manchmal zum Haus meiner Großmutter. Schlich die Straße auf und ab und um den Block herum. Einmal war die Haustür offen, und ich bin die Treppen hochgerannt, habe Lara Cohens Lachen gehört, auf den Punkt genau, und bin die Treppen wieder hinuntergerannt.
    Aber eigentlich habe ich einfach nur flacher geatmet bis zu dieser Februarnacht.
    Du bist nicht gekommen, um mich zu sehen, sondern weil du Schauspielerin bist und weil dein Film Premiere hatte.
    Haderberg hatte auch mich eingeladen. Ich saß ein paar Reihen hinter dir. Der Film war große Scheiße, Amy. Ich wartete ungeduldig auf die Stelle, an der du das irische Lied singen würdest.

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