Adams Erbe (German Edition)
bodenlange rote Samtkleider. Ihre Haut war weiß wie Porzellan, ihre Augen blassgrün und ihr Haar schwarz mit einem Blaustich. Den verdankte sie Luigi, ihrem Friseur, der eigentlich Chaim hieß und Jude war, so wie wir. Aber Edda bestand auf einem italienischen Friseur.
»Adam, zum absoluten Glück einer Dame gehört ein italienischer Friseur, nur ein Italiener hat wirklichen Geschmack.«
So wurde aus Chaim Luigi. Und weil Chaim meine Großmutter verehrte, spielte er seine Rolle mit rührender Ernsthaftigkeit. Er eignete sich sogar einen italienischen Akzent an, den er später gar nicht mehr loswurde, was seine Frau fast in den Wahnsinn trieb.
Es war schwer, Edda Klingmann zu beeindrucken. Das Einzige, was sie wirklich beeindrucken konnte, war Schönheit. Sie beurteilte alle Menschen aufgrund ihres Äußeren und glaubte zudem, damit den Verlauf der Geschichte vorhersagen zu können.
»Adam, das ist eine Gabe, es ist wie Hellsehen. Ich wusste, dass wir den Krieg nicht gewinnen können. Schau dir Wilhelms Augen an, schau sie dir an, sie stehen ganz seltsam beieinander, und Ludendorff hat kein Kinn. Ein Mann ohne Kinn.« Und dann nickte sie vielsagend.
Edda Klingmann rauchte 68 Zigaretten am Tag.
Ihr Mann, mein Großvater, den sie den Itzigen nannte, war lange vor meiner Geburt gestorben. Ein Pferd hatte ihm ins Gesicht getreten. Er war auf der Stelle tot.
»Adam, dein Großvater war ein Trottel, und er ist wie ein Trottel gestorben. Aber der Itzige war ein wunderschöner Mann, deshalb habe ich ihm alles verziehen. Auch die Sauferei.«
Wir sind Juden. Irgendwie. Seit dem Tod des Itzigen ging Oma nicht mehr in die Synagoge. Und Maximilian Cohen, dessen Urgroßvater ein Rabbiner gewesen war, glaubte einzig und allein an Deutschland, besser gesagt an den Kaiser. Meine Mutter aber, Greti Cohen, hat niemals aufgehört, zum Gott ihres Vaters zu beten. Sie war schwanger, als ihr Mann in den Krieg zog, um für sein geliebtes Kaiserreich zu kämpfen, und als sie ihren Sohn dann in den Armen hielt, gab sie ihm den Namen Moses und ließ ihn beschneiden. Bei der Rückkehr meines Vaters aus dem Krieg war Moses vier Jahre alt, und es war eindeutig zu spät, ihn noch umzubenennen oder die Vorhaut wieder anzunähen.
Als ich auf die Welt kam, hatte sich Maximilian schon weggesperrt. Trotzdem wagte meine Mutter es nicht, den gleichen Fehler noch einmal zu machen, deshalb wurde ich nicht beschnitten. Sie nannte mich Adam, nach dem einzigen Mann, der jemals das Paradies gesehen hat.
Ich glaube, Edda und ich wurden Freunde, weil sie mich hübsch fand. Ich hatte ihre Augen und die wohlgeformte Nase des Itzigen. Moses hingegen sah aus wie Maximilian Cohen, dessen Wangenpartie, laut meiner Großmutter, »unvollendet« war. »Und das, Adam, verunstaltet das ganze Gesicht. Vielleicht würde ein Bart helfen.«
So richtig begann sich Edda allerdings erst für mich zu interessieren, als ich aus der Schule flog. Das geschah ziemlich bald nach meiner Einschulung. Ich konnte einfach nicht stillsitzen. Sosehr ich mich auch bemühte, meine Beine wollten mir nicht gehorchen. Meine Lehrer und der Direktor waren ratlos, weder Drohungen noch Schläge schafften es, meine Beine ruhigzustellen. Eines Tages brachte der Direktor mich persönlich nach Hause und teilte Greti Cohen und Edda Klingmann mit, dass man für mich eine andere Lösung finden müsse. Es gab eine Schule für bekloppte Kinder, da wollte man mich hinschicken. Meine Mutter heulte auf und prophezeite mir, ihrem jüngsten Sohn, ein schlimmes Ende. Edda Klingmann hingegen sorgte dafür, dass ich Privatunterricht bekam. In dem Moment, in dem die Schule und meine Mutter mich aufgaben, beschloss sie, dass Adam Cohen einmal Großes erreichen sollte. Von diesem Tag an musste ich nicht mehr anklopfen.
Herr Strund unterrichtete mich, ein pensionierter Lehrer mit Ziegenbart und einem herrlichen Mund.
»Adam, schau dir diese Lippen an, leicht aufgeworfen, nur ganz leicht, und dieses Rosa. Ich habe noch nie einen so wunderbaren Mund gesehen.«
Während Edda schwärmte, lief Strunds Gesicht im gleichen Rosa wie seine Lippen an.
Mein Privatlehrer war wohl eine von Eddas Liebschaften und reihte sich damit ein in eine Serie mehr oder minder prominenter Männer. Das Prunkstück ihrer Sammlung war Hugo. Hugo Asbach, ein angesehener Weinbrandfabrikant. Ihm zu Ehren trank sie täglich mindestens drei Gläser Asbach. Und spätestens nach dem dritten Glas begann sie, Anspielungen zu machen.
»Ach,
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