Adams Pech, die Welt zu retten
Teilhaberin. Leena Rimpinen und Sami Rehunen schleppten Weinflaschen, Schnittchen und andere not-wendige Zutaten ins Akkulabor. Gäste wurden eingeladen, Eeva Kontupohjas Geschäftspartner und ein paar langjährige Mandanten, insgesamt etwa zwanzig Personen. Natürlich tummelten sich zwischen den Erwachsenen auch Aatamis kleine Drillingsmädchen und die drei Kinder aus seiner Ehe mit Laura. Der Älteste, Pekka, hatte von seinem Dienst an der Grenze so auf die Schnelle keinen Urlaub bekommen, bedachte seinen Vater aber mit einem Glückwunschtelegramm.
Aatami hatte auch seinen Gerichtsvollzieher sowie den Taxifahrer Seppo Sorjonen eingeladen, denn andere enge Freunde besaß er eigentlich nicht. Bei dieser Gelegenheit zahlte er Juutilainen das geliehene Geld zurück. Sorjonen erzählte, dass er im Frühjahr in Dänemark gewesen sei, um an den nordischen Ärztetagen teilzunehmen. Er hatte sich angemeldet, hatte die Teilnahme-gebühr und alles bezahlt und war nach Kopenhagen gefahren. Zu seinem Pech hatte man dort entdeckt, dass er gar keine höhere medizinische Ausbildung besaß, er hatte sich alles selbst beigebracht, war ein Autodidakt. Kurzerhand hatte man ihn von der Teilnahme ausge-schlossen.
»Außer mir wurden noch andere rausgeschmissen, Homöopathen, Heilpraktiker, Chiropraktiker, Verfechter der Naturmedizin und solche Leute. Ich bin ja ein ge-wöhnlicher Feld-, Wald-und Wiesenarzt. Aus purer Bosheit veranstalteten wir eine Schattenkonferenz. Dorthin strömten mehr Journalisten als zu den eigentlichen Ärztetagen. Auch ich wurde für mehrere Zeitungen interviewt und war zweimal in den Fernsehnachrichten zu sehen.«
Es machte Spaß, herumzugehen, mit den Gästen an-zustoßen und von den Häppchen zu kosten. Aatami trat auf den Balkon des Labors und betrachtete den Verkehr auf der Ringstraße. Nicht übel! Dies war etwas ganz anderes als das stinkende Gelände draußen in Tattarisuo. Hier zwitscherten in den Parks die Vögel in grünen Laubbäumen. In Tattarisuo rannten die Ratten zwischen dem Schrott herum.
Aatami musste an seine Eltern denken. Wenn Mutter und Vater jetzt den Erfolg ihres Sohnes sehen könnten! Beide waren schon lange tot. Der Vater war in den Ge-wässern vor Island ums Leben gekommen. Das Fangschiff Rymättylä VI hatte im Sommer 1959 wie gewöhn-lich dort Hering gefischt, Jaakko Rymättylä war für das Begleitschiff, den sogenannten Tuckpartner, verantwortlich gewesen. Es hatte ein Unglück gegeben, der Kran-ausleger hatte den Kopf des erfahrenen Seebären zer-schmettert. Als das Netz aus dem Meer geholt worden war, waren darin sechzig Tonnen Hering und der Skip-per des Begleitschiffes gewesen. Das Fangschiff hatte noch anderthalb Monate weitergefischt, bis der Lade-raum der Rymättylä VI mit Fässern gut gefüllt war, alles in allem war es eine zufriedenstellende Saison gewesen.
Das Fangschiff war Ende August in den Hafen von Hanko eingelaufen, beladen mit 2800 Tonnen Fetthe-ring. Doch auch eine traurige Fracht war an Bord gewesen: die Leiche von Jaakko Rymättylä. Man hatte den Toten nicht dem Meer übergeben, sondern ihn sitzend in einem Eichenfass aufbewahrt, in einer Lösung aus Salpeter und Salz, damit er in der Heimat beerdigt wer-den konnte. Der Tote hatte sich in dem Fass gut gehalten, sodass man ihn im offenen Sarg den Angehörigen zeigen konnte, ehe man ihn auf dem steinigen Friedhof hinter der Feldsteinkirche von Rymättylä begrub. Seine Gesichtshaut war grau gewesen wie der herbstliche Ozean, die Augen undurchdringlich und getrübt vom Salzwasser. Die Mutter hatte ihre Kinder allein großgezogen, hatte das harte Leben einer Fischerwitwe geführt und war erst Ende der 70er Jahre gestorben.
Aatami nahm wehmütig einen Schluck Weißwein und ging wieder nach drinnen, wo Eeva Kontupohja gerade eine Ansprache an die Gäste hielt. Sie liebte solche Auftritte, brachte gern Trinksprüche aus und erzählte Anekdoten. Sie verstand es, das Leben zu genießen, machte sich keine unnötigen Sorgen.
Aatami und Eeva bekamen sogar Publicity, als ein Reporter und ein Fotograf von der lokalen Gratiszeitung auf der Party erschienen. Die Zeitung brachte später ein Foto, auf dem die komplette Mannschaft der Akkufirma in die Kamera lächelte: Aatami und Eeva in der Mitte, eingerahmt von der Sekretärin Leena Rimpinen und dem Assistenten Sami Rehunen. Im zugehörigen Text hieß es, dass die neue Produktentwicklungsfirma soeben von Tattarisuo nach Otaniemi gezogen war. Die Firma war zwar noch
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