Adams Pech, die Welt zu retten
hallten sie stärker als je zuvor. Nun gelangte er zu der Überzeugung, dass er Gespenster gesehen hatte. In dieser nordischen Eishölle fuhren die Leute mit ge-räuschlosen Motoren.
Irgendwann in der Nacht rollte der Mann aus Sizilien vom Schneehang auf die harte Landstraße. Es polterte, als seine vereisten Glieder auf die vom Schnee frei ge-pflügte Fläche trafen. Das Gewehr und der Feldstecher waren auf dem Fjäll geblieben. Der Mörder lag eine Weile kraftlos da, bis er sich auf seine gefühllosen Beine kämpfte und die vom Mond beschienene Straße ent-langtrottete. Er kämpfte um sein Leben wie ein Killer, gab nicht so leicht auf, dieser aufs Töten spezialisierte gewissenlose Mann.
Früh am Morgen, als der Mond bereits verblasst war und die himmlischen Spiele des Polarlichts für diese Nacht gespielt waren, kam ihm der Verkaufswagen eines Supermarktes aus Muonio entgegen. Mit großer Mühe hievte dessen Fahrer Lauri Kemppainen den siziliani-schen Killer ins warme Fahrzeug. Ein zweiter Mann wäre vonnöten gewesen, aber heutzutage wurde an allem gespart, man musste den Verkaufswagen ganz allein fahren und auch allein die Leute bedienen. Lauri war entsetzt über den Zustand des Fremden, versuchte herauszubekommen, was passiert war, aber wie sollte ein Ausländer, der nicht der Landessprache mächtig war, sich erklären, auch wenn Lauri es zwischendurch mit Schwedisch versuchte.
»Ich bring dich ins Gesundheitszentrum von Muonio, muss bloß erst nach Ketomelta, um zu wenden. Setz dich so lange auf den Kartoffelsack«, erklärte er.
Luigi hangelte sich auf den Rand der offenen Kühltruhe, streckte seine steif gefrorenen Beine aus und betete zur Jungfrau Maria, dass er endlich in die Hände guter Menschen käme. Die Mutter Gottes war jedoch ein wenig zum Scherzen aufgelegt und ließ ihren armen Sohn auf den Grund der Truhe zwischen das tiefgefrore-ne Gemüse plumpsen. Luigis ernstes Auge starrte dann länger als eine Stunde aus nächster Nähe auf die Ge-müsepackungen der Marke Pirkka: Erbsen, Möhrchen und Maiskolben wurden ihm vertraut, aber auch andere Produkte wie zum Beispiel Blutplinsen und die als Fut-ter für Schlittenhunde gedachten Schweinsnieren und Rinderlungen. Luigis anderes Auge war zugefroren und öffnete sich in der Kühltruhe nicht.
Im Gesundheitszentrum von Muonio wurde Luigi aufgetaut, und man stellte fest, dass seine Unterschenkel bis zu den Knien schwarz waren. Der bedauernswerte Killer wurde in die zentrale Universitätsklinik von Oulu geflogen, wo ihm die Ärzte den linken Unterschenkel amputierten. Rechts mussten ihm zum Glück nur drei Zehen entfernt werden. Hurra, der Mann war gerettet! Der Jungfrau Maria sei Dank!
Als Luigi Rapaleore aus der Narkose erwachte, schickte er eine Meldung über sein Schicksal nach Süden. Dann begann er mithilfe der Krankenhausbibliothek Finnisch zu lernen. Der Killer sagte sich, dass es bei der Erfüllung seines Auftrags ein bedauerliches Missge-schick gegeben hatte, aber damit war die Sache nicht abgeschlossen. Jetzt hatte er Zeit, sich dem Sprachstu-dium zu widmen und neue Mordpläne zu schmieden.
Wenn Luigi Rapaleores Lapplandreise hart und voller Widerstände gewesen war, von Aatamis und Eevas Ausflug an den Pallastunturi konnte man dies nicht behaupten. Mit Unterstützung von Oula Kaltto unterhielten sie ihre japanischen Gäste, fuhren mit Rentier-und Hundeschlitten, probierten den Elektro-Scooter, liefen Ski, aßen, genossen alkoholische Getränke und kehrten dann ausgeruht und fröhlich in die Landes-hauptstadt zurück.
Wie vereinbart eröffneten die Japaner auf den Namen von Aatamis und Eevas Firma in Tapiola ein Bankkonto, auf das ihr Konzern dreihundert Millionen Mark einzahl-te. An das Konto war die Bedingung geknüpft, dass das Geld erst zur Verfügung stand, wenn beide Firmen den endgültigen Lizenzvertrag über Herstellung und Vermarktung des ultraleichten Akkus abgeschlossen hät-ten.
Die Vertragsverhandlungen dauerten mehrere Wo-chen, sie fanden abwechselnd in Helsinki und in Tokio statt. Eeva engagierte zusätzlich zwei erfahrene Schweizer Juristen, auf Seiten von Hirokazu war ein halbes Dutzend Fachleute mit der Sache befasst. Der endgülti-ge Vertrag entstand in der letzten Märzwoche. Es war durchaus kein kleines Dokument, sondern ein ganzes Buch, das insgesamt dreiundsiebzig eng beschriebene Seiten umfasste. Unterzeichnet wurde der Vertrag in Helsinki.
Aatamis und Eevas Firma trat an Hirokazu maximal siebzig Prozent der
Weitere Kostenlose Bücher