Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
nichts ist so unverfänglich wie ein Gespräch am offenen Tisch, ich kann die Tafel jetzt nicht verlassen, ohne die Gäste vor den Kopf zu stoßen. Und da ich mich ohnehin langweile, warum erzählt Ihr mir nicht einfach Eure Geschichte?
Adelheid nickte. „Also gut. Es geht um das Leibgedinge, das mir nach dem Tode meines Gemahles zusteht. Wie Ihr wisst, lebte Folkmar vor seinem plötzlichen Tod im Kloster Huisburg. Dort fand er den nötigen Frieden für seinen Geist und sein Gemüt.“
Richenza sah ihrer älteren Base aufmerksam in das noch immer schöne Gesicht und erkannte, wie schwer es ihr fiel, über den verstorbenen Mann zu sprechen. Die tiefen Falten um ihren Mund schienen sich bei ihren Worten zu verhärten und ihre Miene wirkte wie die einer der zahlreichen Steinfiguren in der Vorhalle des Stiftsdomes.
„Um seiner Seele den ewigen Frieden zu sichern, hatte mein Gemahl beschlossen, Grund und Boden für den Bau eines Klosters zu stiften. Als sein Vater starb, überschrieb er dem Abt Altfried also das entsprechende Land um das Dorf Walkenried, mit der Bedingung, dass dort ein Benediktinerkloster gegründet werden sollte.“
Richenza nickte bedächtig. „Ich kenne diese Gegend gut, es war ehemals ein Lehnstück der Kölner Kirche. Meine Mutter tauschte es gegen ihr Gut Wiglo, an dem sie einen Narren gefressen hatte, und gab die Ländereien dem Herrn auf Walkenried, das muss der Vater Eures Gemahls gewesen sein.“
Adelheids Hand ballte sich zur Faust und nur mit Mühe konnte sie den gedämpften Ton ihrer Stimme beibehalten. „Doch der Abt brach sein Wort! Kaltblütig übernahm er das Land und hielt uns hin. Immer erfand er neue Ausflüchte, warum der Bau nicht begonnen werden konnte. Folkmar starb, ohne Hoffnung auf die Erfüllung seiner Wünsche. Als ich im Herbst nach Huisburg kam, um die Grabstätte meines Mannes aufzusuchen und zu beten, stellte ich den Abt abermals zur Rede. Diesmal blickte er mir geradewegs ins Gesicht und bedeutete mir, eine Klostergründung läge nicht in seinem Interesse. Er wolle das Land verpachten und nach seinem Gutdünken bewirtschaften.“
Überrascht fragte Richenza dazwischen: „Herr Folkmar wurde zu Huisburg bestattet?“
„Ja, das war sein Wille. Er meinte, dort dem Herrn näher zu sein.“ Bedrückt schwieg Adelheid eine Weile und Richenza ahnte, dass die Frau darunter litt, die Gebeine ihres geliebten Mannes noch immer in diesen Klostermauern zu wissen.
Das Meer von Geräuschen um die beiden Frauen brauste lauter mit jedem Becher Wein, den die Diener nachschenkten. Herzog Lothar hieb mehrmals mit der Faust auf den Tisch, um seinen Argumenten gegen die Politik des Königs mehr Nachdruck zu verleihen. Doch allenfalls rannte er damit offene Türen ein, denn sein Gegenüber, ein kräftig gebauter Mönch mit lockigen rotblonden Haaren, die ihm bis auf eine auffallende weiße Kutte herabfielen, nickte immer nur zustimmend und widersprach nicht.
Adelheid neigte sich wieder zu Richenza hinüber und fuhr mit trauriger Stimme fort: „Sie haben ihn im Nebenchor an der Seite des Bischofs von Halberstadt bestattet. Der Abt befürchtete, König Heinrich zu provozieren, falls dieser herausfände, dass seine ehemaligen Gegner direkt in der Klosterkirche zur letzten Ruhe gebettet wären.“
„Ein sehr vorsichtiger Mann, der Abt! Doch was genau soll ich für Euch tun?“
„Euer Gemahl Lothar war ein guter Freund Folkmars. Er war Gast auf der Hochzeit unserer Tochter Adele und hat auf Lare mit unseren Getreuen so manchen Schlachtplan entworfen. Er ist uns wohlgesonnen und ich bin sicher, sein Einfluss ist groß genug, den Abt zur Vernunft zu bringen. Das Kloster muss gebaut werden!“ Die letzten Sätze hatte sie eindringlich und wohl auch lauter gesprochen, denn sie bekam Antwort von unverhoffter Seite.
„Warum lasst Ihr die Kloster nischt bauen selbst, edle Frau?“ Eine tiefe und ausgesprochen sanfte Stimme war es, die sich mit einem fremd klingenden Akzent in das Gespräch der beiden Frauen einmischte. Adelheid blickte irritiert auf und sah in zwei hellwache Augen, die sie warm und voller Teilnahme von der anderen Seite des Tisches her anblickten. Es war der Mönch in der weißen Kutte, der anscheinend die letzten Sätze mitgehört hatte, denn Lothar war vom Tisch aufgestanden und verlangte nicht mehr seine ganze Aufmerksamkeit.
„Ich? Aber wie stellt Ihr Euch das vor?“ Adelheid lächelte ungläubig.
„Es ist einfach – mehr als Ihr denkt. Doch verzeiht, hohe
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