Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
wohl geahnt, was passieren würde, wenn Adelheid ihren Diabolus zu Gesicht bekam. Der Junge schwieg erschrocken und zuckte mit den Schultern. Betretenes Schweigen machte sich breit, bis eine kalte und überhebliche Stimme hinter ihnen laut wurde.
„Das geschah auf meine Anweisung, liebe Gemahlin!“ Nach einer bedeutungsvollen Pause erschien Dietmar in der Tür zum Saal. Die Gäste und das Gesinde traten beiseite. „Der Sattel ist mein Brautgeschenk an Euch! Als verheiratete Frau könnt Ihr unmöglich wie ein Mann zu Pferde sitzen! Ich finde sogar, eine ehrbare Dame muss überhaupt nicht reiten!“
Adelheids Augen wurden zu Schlitzen, trotzdem sprühten sie Funken. „Dann seid Ihr also der Meinung, ich sollte zu Fuß zum Straußberg laufen?“
Der Ritter stutzte verwirrt, offenbar hatte er mit einer solchen Antwort nicht gerechnet. Die Stallknechte verbargen ihr Grinsen und tätschelten die nervösen Pferde. Inzwischen war auch Dietmars Gefolge auf den Hof getreten und alle verfolgten sensationslüstern den ersten Streit der Frischvermählten.
„Ihr könntet auch auf einem Wagen sitzen! Eine durchaus sittsame Art zu reisen!“ Der Ritter sah sich triumphierend um, einige seiner Leute lachten.
„Wie viele Stunden braucht so ein Karren bis zum Straußberg? Und wie wahrscheinlich ist es, dass er heil ankommt, ohne dass die Achse bricht?“
Adelheid ereiferte sich immer mehr. „Es ist gleich – ich werde reiten! Aber zunächst nehme man dem Hengst wenigstens die Schabracke ab, damit er seine Beine bewegen kann, ohne sich im Tuch zu verfangen.“
„Entweder Ihr reitet dieses Pferd so, wie es ist, oder Ihr reitet überhaupt nicht! Dies ist mein letztes Wort!“ Damit wandte der Ritter sich ab und winkte seinen Knappen heran.
Die Stallknechte standen unschlüssig umher, keiner wagte sich zu rühren, aus Angst den Unwillen der einen oder der anderen Partei auf sich zu ziehen. Adelheid musste ohnmächtig feststellen, dass ihre Anweisung ignoriert wurde. Alwina trat an sie heran und raunte ihr zu: „Du musst dich fügen, Kind, er ist dein Mann! Wenn du mit ihm auskommen willst …“
„Wer sagt denn, dass ich das will?“, schnappte Adelheid über die Schulter zurück, ließ ihre Amme stehen und kletterte zähneknirschend in den ungewohnten Damensattel.
Als der Reitertrupp über die Zugbrücke zur Vorburg kam, brach unter den einfachen Gästen großer Jubel aus. Mit Hochrufen wurde das Brautpaar bis zum äußeren Tor geleitet. Knechte und Mägde spannten bunte Bänder über den Weg und gaben ihn erst frei, als Dietmar von seinen Dienern kleine Geschenke verteilen ließ, die die Menge mit noch lauterem Geschrei und spaßhaften Raufereien in Empfang nahm. Dann waren die Reiter zum Tor hinaus und noch lange hing der Klang der Fidel in der Luft, die zum Tanz aufspielte und vom fröhlichen Gesang der Gäste begleitet wurde.
An einer Weggabelung trennte sich der Haupttross vom Packwagen, der mit zwei bewaffneten Knappen als Begleitschutz einen zwar längeren, aber befestigten Weg im Tal entlang nahm, während die Reiter die kürzeste Strecke durch den Wald einschlugen.
Adelheid hatte alle Hände voll zu tun, Diabolus im Schach zu halten. Schon innerhalb der Burgmauern hatte er einige Male versucht, durchzugehen. Das lang herabhängende Satteltuch irritierte ihn, dazu kam der ungewohnte Damensattel, der ihn das Gewicht seiner Reiterin auf völlig neue Weise spüren ließ. Außerdem war er gezwungen, neben dem Grauschimmel des Ritters zu laufen, den er anscheinend nicht leiden konnte. Wenn er nicht auskeilte, versuchte er dem anderen voraus zu sein, oder zur Seite hin auszubrechen. Adelheid redete wie ein Wasserfall, um ihn zu beruhigen und ignorierte geflissentlich die spöttischen Blicke des Ritters, dessen Hengst lammfromm ging, wenn Diabolus nicht gerade versuchte, ihn zu beißen oder zu treten. Der Rücken schmerzte ihr von dem verdrehten Sitzen in unbequemer Haltung. Sie sehnte sich danach, im gestreckten Galopp einfach davon zu reiten. Um ihr Pferd aus der Nähe des Grauschimmels zu bringen, ließ sie sich nach hinten fallen. Magdalena hielt sich dicht bei ihr, man hatte ihr ein ruhiges und verlässliches Maultier gegeben, weil sie nicht reiten konnte. Es sah zu komisch aus, wie sie sich mit beiden Händen in der Mähne festkrallte, immer in Sorge, das Tier könne sie verlieren. Hinter Magdalena erkannte Adelheid auf einer Fuchsstute Johannes, der sich rührend um ihre Zofe kümmerte, indem er ihr gute
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