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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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Überzahl, es war schon sehr unüberlegt, überhaupt gegen sie zu reiten. Die haben ihre Stadt mit festen Mauern, wie eine Burg, da hat man keine Chance …“
    Er schwieg abrupt und Adelheid dachte, dass er noch nie so viele zusammenhängende Sätze zu ihr gesprochen hatte. Was sollte sie jetzt antworten? Sie spürte die beruhigende Nähe von Johannes und atmete tief durch. Doch das Problem löste sich von allein. Der nächste Bauer war an der Reihe und der Ritter musterte mit kritischen Augen das laut blökende Schaf, welches der Mann hinter sich her zog. Scheinbar erwartete er keine Antwort von ihr. Erleichtert blieb sie neben ihm stehen und beobachtete interessiert die Annahme des Zehnten. Johannes nickte ihr zu und entfernte sich zu seiner Unterkunft.

    Bald wurde Dietmar seiner Pflicht überdrüssig und er beauftragte den Mönch, allein weiter zu arbeiten. Doch plötzlich schien ihm seine Frau wieder einzufallen, und er befahl ihr, den Benediktiner zu unterstützen. Obwohl Adelheid empört war über den harschen Befehlston, nickte sie nur und trat an seinen Platz. Eine ernsthafte Aufgabe würde ihr jetzt gut tun. Dietmar verschwand in Richtung Saal, wo einige seiner Gesellen sich bereits lautstark bei einem Würfelspiel amüsierten.
    Der nächste Bauer, der an den Tisch trat, war – eine Frau. Sie trug derbe Männerkleider, daher fiel das auf den ersten Blick nicht auf. Ihre grauen Augen blickten stumpf und interesselos aus dem abgehärmten Gesicht. Unter ihrem Arm klemmte ein ruppig aussehendes Huhn, das kaum noch Lebenszeichen von sich gab. Sie trat an den Tisch und reichte der Magd das bewegungslose Federtier. Dann blickte sie Adelheid herausfordernd an. Auch der fette Mönch sah fragend zu ihr auf und räusperte sich erwartungsvoll. Adelheid war verwirrt, sie wusste nicht, zu welchen Abgaben die Frau verpflichtet war. Da der Geistliche solche Angaben gewiss in seinen Unterlagen verzeichnet hatte, zuckte sie mit den Schultern und hob auffordernd die Augenbrauen. Daraufhin schürzte er fast verächtlich die Lippen und bequemte sich schließlich zu einer Aussage:
    „Das ist nicht genug. Sie hat drei Hühner zu bringen oder so viel Eier, wie fünf Hühner in einem Mond legen.“
    Bevor Adelheid etwas sagen konnte, antwortete die Frau lakonisch: „Es ist mein letztes Huhn. Macht damit was ihr wollt!“
    Der Mönch pustete entrüstet seine Wangen auf, was ihn vollends wie ein Schweinchen aussehen ließ.
    Adelheid beugte sich zu ihm und raunte ihm zu: „Macht bitte ohne mich weiter, Bruder Mönch, ich kümmere mich um die Frau!“
    Sie winkte die Bäuerin zur Seite, um ihr einige Fragen zu stellen. „Es ist dein letztes Huhn?“
    Die Frau nickte und sah zu Boden, als wollte sie deutlich machen, dass sie an einer Unterhaltung nicht interessiert sei.
    „Wo ist dein Mann?“
    „Er ist vor zwei Wintern gestorben.“
    „Hast du Kinder?“ Adelheid begann sich ernsthaft für das Schicksal der verhärmten Frau zu interessieren. Sie betrachtete sie unauffällig und stellte fest, dass sie sehr ärmlich gekleidet war. Um die Füße trug sie grobe Lappen gewickelt. Die Beinlinge waren ihr viel zu groß und schlotterten um ihre Knie. Den fadenscheinigen Überrock aus grober Wolle hatte sie an einigen Stellen notdürftig geflickt.
    Die Frau blinzelte sie misstrauisch an. So viel Anteilnahme an ihrem Leben hatte sie noch nie erfahren. Sie blieb vorsichtig, fasste aber allmählich Vertrauen zu der Herrin.
    „Der Kinder sind es noch vier, zwei sind gestorben. Sie haben immer Hunger, ich kann den Acker nicht ausreichend bewirtschaften. Der Große hilft mir, ist aber auch erst acht.“
    „Dein Ältester ist acht? Wie alt bist du?“ Adelheid war überzeugt, eine alte Frau vor sich zu haben und erschrak innerlich, als die Bäuerin antwortete:
    „Etwa zwei Dutzend Jahre. Niemand weiß es genau, ich bin ein Findelkind.“
    Die Frau schien Adelheids Entsetzen nicht zu spüren, sie hatte sich noch nie im Spiegel gesehen und wenn, dann hätte sie nichts Außergewöhnliches bemerkt. Die anderen Frauen im Dorf sahen ähnlich abgehärmt und grau aus.
    „Du brauchst dringend Hilfe. Zunächst einmal wirst du keine Abgaben leisten. Dein Huhn kannst du wieder mitnehmen. Doch warte! Es sieht nicht sehr gut aus, dieses Huhn. Du nimmst dir vier Hühner von den Fetten dort hinten und so viel Körner, dass es auch noch für Mehl für deine Kinder reicht. Einer der anderen Bauern wird dir beim Transport hinunter ins Dorf helfen. Die

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