Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
üppigen Speise trug Folkmar seine Gemahlin unter viel Gefrotzel und anzüglichen Bemerkungen seiner Freunde die Treppe hinauf ins Schlafgemach. Adelheid wollte protestieren, weil sie um sein Bein fürchtete, aber er bestand darauf.
„Du wiegst doch nicht mehr als ein Huhn!“, sagte er zu ihrer Beruhigung und erntete dafür einen erbosten Blick.
Adelheid hatte Folkmar zwar von ihrer unglücklichen Ehe mit Dietmar erzählt, über ihre Hochzeitsnacht hatte sie jedoch geschwiegen. Jetzt war sie froh darüber, denn die unheilvollen Ereignisse hätten seine Gefühle sicher auch beeinflusst. So, glaubte sie, dürfe wenigstens er reine Freude auf ihre erste gemeinsame Nacht empfinden. Sie hoffte inbrünstig, dass er ihr die Beklemmung nicht anmerken würde, die schon den ganzen Tag im hintersten Winkel ihres Herzens lauerte.
Das Brautgemach war fürstlich hergerichtet, Dutzende von Kerzen strahlten ein mildes Licht aus, frische Blumen lagen dick gestreut auf den Dielen. Auf einem Tischchen stand eine Schale mit leicht vor sich hin schwelenden Kräutern, die einen schwer aromatischen Duft im Raum verbreiteten. Adelheid erkannte sofort Magdalenas Wirken und lächelte erleichtert. Wenn ihre Zofe die Hand im Spiel gehabt hatte, dann würde nichts schief gehen.
Folkmar legte sie wie ein zerbrechliches Kleinod vorsichtig auf dem Bett ab und betrachtete sie liebevoll. „Wie schön du bist!“, sagte er voller Ehrfurcht, als hätte er das gerade wieder neu entdeckt.
Adelheid atmete tief ein und fühlte, wie der Duft der Blumen und Kräuter sie umhüllte und ihre Sinne ankurbelte. Sie lächelte erneut und kein einziger störender Gedanke war plötzlich mehr in ihrem Kopf. Es gab in diesem Raum nur sie und Folkmar. Mit zärtlichen Fingern begann er, die Schnürung ihres Brautkleides zu lösen, während sie im Gegenzug seinen Rock öffnete. Langsam und genüsslich entfernten sie gegenseitig Stück für Stück der festlichen Kleider, bis sie staunend über so viel Glück so füreinander da waren, wie Gott sie geschaffen hatte.
Adelheid spürte etwas, was sie nie für möglich gehalten hätte: Ein Ziehen tief in ihrem Inneren, das sie die Gewalt über ihre Gefühle verlieren ließ und all ihre Sinne nur noch auf ihn fixierte. Sie wollte ihn! Diese Erkenntnis verschlug ihr fast den Atem. Er schenkte ihrem Körper viel Zärtlichkeit, erkundete ihn mit den Fingerspitzen und quälend lange mit seiner Zunge. Als er endlich in sie eindrang, war sie bereit. „Hör jetzt nicht auf!“, flüsterte sie ihm ins Ohr, bevor sie sanft hineinbiss.
Als sie nach einer langen Weile die Augen öffnete, lag er neben ihr, hatte den Kopf auf die Hand gestützt und betrachtete sie im Schein der herunterbrennenden Kerzen.
„Was tust du?“, fragte sie matt.
„Ich frage mich, ob ich jemals wieder ruhig schlafe, wenn du neben mir liegst“, antwortete er mit tiefem Ernst.
„Nun, ich denke, jeder Mann hat seine Grenzen, wir werden deine auch finden!“, sagte sie leise kichernd.
Es dauerte einen Moment, bis er begriffen hatte, dann lachte er und verschloss ihr den Mund mit einem Kuss.
2. Buch
Anno 1105
D er Mai des Jahres 1105 zeigte sich so, wie es vom Wonnemonat erwartet wird: mild und sonnig. Er duftete nach Maiglöckchen und Veilchen und zauberte gute Laune in die Gemüter der Menschen. Über den Wipfeln der Bergkämme lag dieser erste zarte Grünton, der von innen heraus zu leuchten scheint.
Besonders fröhlich klangen die Kinderstimmen allerdings nicht, die an diesem Morgen auf Lare lautstark über den Hof der Kernburg kreischten.
„Du darfst Dabolus nis reiten, er is viel zu snell für dis!“ Ein kräftiges kleines Mädchen mit blonden, kaum gebändigten Locken, versuchte ihrem Bruder ein kunstvoll bemaltes schwarzes Steckenpferd mit rotem Zaumzeug zu entreißen.
Der schmächtige Junge, obwohl vier Jahre älter, war ihr an Statur und Größe gerade mal ebenbürtig und hatte große Mühe, sich körperlich zu behaupten. Seine einzig wirksamen Waffen waren Worte: „Es heißt Di-a-bo-lus, Helisende! Du kannst das Pferd auch nicht reiten, wenn du noch nicht einmal seinen Namen richtig aussprechen kannst!“ Krampfhaft versuchte er, das begehrte Spielzeug fest zu halten, wusste er doch aus früheren Zweikämpfen, wie schlecht seine Chancen standen. Spätestens, wenn ihre Fingernägel zum Einsatz kämen, würde er aufgeben müssen.
Helisende stampfte mit den Füßen, schob ihre Unterlippe bedrohlich nach vorn und schrie: „Böser
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