Admiral Bolithos Erbe
nächststehenden Soldaten weiter. Dann bemerkte er den Blick des Offiziers, der auf seinem eigenen Säbel haftete, und löste ihn mit der Scheide vom Gürtel. Nur kurz zögerte er, um die glatte, vielgetragene Form noch einmal durch die Finger gleiten zu lassen. Ein unrühmliches Ende, dachte er voll Bitterkeit. In wenigen Monaten wäre die Waffe hundert Jahre in der Familie gewesen.
Neugierig beäugte der französische Hauptmann Scheide und Knauf und klemmte den Säbel dann unter den Arm.
Bolitho hörte Allday neben sich murmeln: »Den hole ich Ihnen zurück, Sir, warten Sie’s nur ab.«
Oben am Strand waren inzwischen Pferdewagen angekommen, begleitet von noch mehr Soldaten. Ohne große Umstände wurden die Verwundeten verladen, und zuletzt erhielt der Schiffsarzt den Befehl, aufzuspringen.
Gerne hätte Bolitho zu den erschöpften Männern gesprochen, die bereits viel von ihrer Individualität und Zielstrebigkeit eingebüßt hatten, als sie jetzt wie eine Herde Schafe mit ungeduldigen Gesten und Kolbenstößen von ihren Bewachern zusammengetrieben wurden. Aber so blickte er sich nur nach den Zivilisten um, die ihnen folgten, Frauen zumeist, mit irgendwelchen Lasten auf den Armen, Brotkörbchen oder Wäschebündeln; der Krieg hatte sie bei ihren Alltagsgeschäften überrascht.
Weiter unten auf der Straße drängte sich ein Mann durch die Menge und versuchte, einen Matrosen an der Schulter zu packen. Aber der Soldat daneben hob drohend den Arm, und der Angreifer zog sich zurück. Wer mochte das gewesen sein? überlegte Bolitho. Der Angehörige eines französischen Gefallenen? Oder ein Veteran, der im Krieg halb verrückt geworden war? Seltsamerwe ise hatte der englische Seemann die Drohgebärde nicht einmal bemerkt und trottete weiterhin folgsam hinter seinem Vordermann her.
Browne flüsterte: »Sie haben eine Kutsche für uns bereitgestellt, Sir.«
Also wurden sie jetzt endgültig getrennt. Ein französischer Marineleutnant war auf den Plan getreten und eifrig dabei, sich Notizen über die Gefangenen zu machen, wobei er ihnen mit Gesten bedeutete wie sie sich aufzustellen hatten, jeder gemäß seinem Rang.
Die Midshipmen benahmen sich wie erfahrene Veteranen, stellte Bolitho fest. Der junge Kilburne lächelte ihn sogar an und griff grüßend an den Hut, als er mit seinen Kameraden und einer Handvoll jüngerer Decksoffiziere abgesondert und die Straße hinunter geschickt wurde.
Der Artilleriehauptmann schien sich etwas zu entspannen. Egal, was jetzt noch geschehen mochte, er konnte es unter Kontrolle halten.
Er wies auf die Kutsche, ein schäbiges Gefährt mit zerkratztem Anstrich. Wahrscheinlich aus dem Nachlaß irgendeines hingerichteten Aristokraten, dachte Bolitho.
Wütend funkelte Allday einen Soldaten an, dessen blankes Bajonett ihm den Weg versperrte. Endlich nickte der Marineleutnant knapp und ließ Allday hinter Bolitho in die Kutsche klettern.
Die Tür wurde zugeschlagen, und Bolitho konnte seine Gefährten genauer betrachten. Browne neben ihm preßte die Lippen fest zusammen und bemühte sich offenbar, sein seelisches Gleichgewicht wiederzufinden. Drüben lehnte Neale, der jetzt einen provisorischen Kopfverband trug, und neben ihm der letzte der noch überlebenden Offiziere, der bewußtlose Dritte.
Allday grunzte. »Kein Wunder, daß sie mich mitkommen ließen. Schließlich braucht man immer einen Dummen, der seine Vorgesetzten Huckepack trägt.«
Es war ein schwacher Versuch, witzig zu sein, aber er rührte Bolitho so sehr, daß er die Hand ausstreckte und Alldays breites Handgelenk packte.
Allday schüttelte den Kopf. »Sie brauchen nichts zu sagen, Sir. Wenn’s Ihnen so geht wie mir, dann drückt Ihnen jetzt der Zorn die Kehle zu.« Er warf einen grimmigen Blick zum schmutzverschmierten Fenster, weil die Kutsche mit einem Ruck angefahren war. »Aber wenn uns die Galle hochkommt, dann sollten diese Lackaffen lieber aufpassen. So wahr mir Gott helfe!«
Browne ließ sich gegen die rissige Lehne zurücksinken und schloß die Augen. Neale sah schrecklich aus, und dem Leutnant, durch dessen Armverband bereits wieder Blut sickerte, schien es sogar noch schlechter zu gehen. Browne spürte zum erstenmal Angst in sich aufwallen. Angenommen, sie trennten ihn von Bolitho und Allday, was dann? Vermißt in einem fremden Land, wahrscheinlich schon für tot erklärt… Er riß sich zusammen und öffnete die Augen.
Mit belegter Stimme sagte er: »Ich habe nachgedacht, Sir.«
»Was?« Bolitho
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