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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ermordet wurde. Nun können Sie den Bischof anrufen, wenn Sie wollen. Aber es ist wohl am besten, wenn Dr. Jessup und ich Sie mit Ihrem Gewissen allein lassen.«
    Bevor der Priester antworten kann, drehe ich mich um und ziehe Dr. Jessup mit mir zur Tür. Er schnauft wie ein Asthmatiker, aber das Geräusch rührt nicht von Atemschwäche her: Es ist das krampfhafte Weinen eines Mannes, der sich in seinem Leben fast immer von Emotionen abgeschottet hat und nun unfähig ist, seine verletzte und bis zu diesem Zeitpunkt verkümmerte Liebe einzudämmen.
    Auf den Stufen vor der Kirche packt Dr. Jessup meinen Arm und zerrt mich herum, bis ich in seine wässrigen grauen Augen blicke. Vierzig Jahre lang haben diese Augen aus olympischer Höhe auf die Sterblichen herabgeschaut, denen er Tumore und entzündete Gallenblasen herausschnitt, doch nun lassen sie Schmerz und eine flehentliche Bitte erkennen. Wie tief die Mächtigen gefallen sind.
    »Ist das wahr, was Sie über Tim gesagt haben? Dass er versucht hat, etwas Gutes zu tun?«
    »Ja. Aber fragen Sie mich nicht, was es war. Und bitte sprechen Sie noch nicht mit Ihrer Frau darüber. Ich werde Ihnen eines Tages alles erzählen, Sir. Wenn es gefahrlos ist. Aber heute Abend kann ich Ihnen nicht mehr anvertrauen.«
    Dr. Jessup schüttelt langsam den Kopf. »Sie sagten, dass er … gelitten hat.«
    Ich schaue die Straße hinunter zur Ecke der Washington Street. »Sie werden sich selbst davon überzeugen können, wenn Tim aus Jackson zurückgebracht wird. Sie sind Arzt und werden wissen, was Sie vor sich haben. Ich wollte, dass Sie vorbereitet sind. Lassen Sie Ihre Frau nicht in seine Nähe.«
    »Wer hat meinen Jungen ermordet?«, fragt Jessup mit gebrochener Stimme. »Sagen Sie es mir.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Aber Sie wissen Bescheid, nicht wahr?«
    »Nein, Sir. Und die Polizei spricht noch nicht einmal von einem Mord. Nicht offiziell. Die nächsten Tage werden schwer für Sie und Ihre Frau sein. Ich hoffe, Sie finden ein bisschen Trost in dem, was ich zu Pater Mullen gesagt habe. Was das Begräbnis angeht, dürften Sie keine Probleme mehr haben. Mullen ist noch jung, und ich bin sicher, dass Mrs. McQueen ihn eingeschüchtert hat. Sie empfindet das Gleiche für Patrick wie Sie für Tim.«
    Jessup nickt. »Das weiß ich. Jetzt verstehe ich es.«
    Ich versuche, mich umzudrehen und in mein Auto zu steigen, doch seine Hand hält mein Gelenk wie eine Kralle fest. »Was werden Sie unternehmen? Ich weiß, Sie sind der Sohn Ihres Vaters. Werden Sie beenden, was Tim begonnen hat?«
    Ein Auto mit blauen Scheinwerfern nähert sich auf der Fahrbahn. Nachdem es an uns vorbei ist, erwidere ich: »Ich kann Ihnen nur versichern, dass Tim nicht vergebens gestorben sein wird, wenn es nach mir geht. Aber nun muss ich weiter.«
    »Nur eines noch«, sagt Jessup. »Ich weiß, dass Ihr Vater nie viel von mir gehalten hat. Mein Leben lang bin ich hinter Dingen hergejagt, die keinen Pfifferling wert sind. Mein Sohn hat mich gebraucht, und mir fiel nichts anderes ein, als ihn zu hassen, weil er nicht meinen Wünschen entsprach. Wahrscheinlich ist das jetzt meine Strafe.« Dr. Jessups Blick gleitet zu den Pfeilern und Türmen der Kathedrale hinauf. »Ihr Vater war der Beste von uns. Von unserem Jahrgang, meine ich.« Die feuchten Augen richten sich wieder auf mich. »Und Tim hat große Stücke auf Sie gehalten. Ich hoffe, dass Sie am Tag der Beerdigung ein paar Worte sprechen …«
    »Natürlich.«
    Noch immer mustern mich die grauen, wie von Blut dunkel gewordenen Augen. »Wenn Sie herausfinden, wer meinen Jungen ermordet hat, Penn, dann greifen Sie zum Telefon. Hören Sie? Lassen Sie mich wissen, wo ich ihn finden kann. Es ist mir egal, ob ich den Rest meines Lebens hinter Gittern und die Ewigkeit in den Flammen der Hölle verbringen muss.«
    Dr. Jessups geballte Hand lässt mich endlich los, während seine Leidenschaft verraucht. Einen Moment lang fürchte ich, er könne auf den Stufen zusammenbrechen, aber dann strafft er seinen Mantel und hat sich wieder unter Kontrolle. So etwas habe ich als Ankläger zu oft erlebt, meistens in den Familien von Opfern: Väter und Brüder hätten bereitwillig Morde begangen, um jene zu rächen, die sie zu Lebzeiten viel inniger hätten lieben sollen.
    »Ihm wird Gerechtigkeit widerfahren. Jetzt sollten Sie sich um Ihren Enkel und Ihre Schwiegertochter kümmern. Die beiden brauchen Sie.«
    Ohne etwas zu erwidern, schlurft er an mir vorbei auf den großen Mercedes

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