Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
indem ich sie an den Bischof weiterleite, der mit Sicherheit die angemessene Entscheidung treffen wird.«
»Mit anderen Worten«, erklärt Dr. Jessup, »sie wollen keinen der großen Spender verärgern, die die Kirche am Leben erhalten. Anscheinend habe ich im Laufe der Jahre nicht genug harte Dollars für die Kollekte rausgerückt.«
»Doktor«, mahnt der Pfarrer mit einem Hauch von Empörung, »das ist nicht fair.«
Dr. Jessup hält sich eine bebende Faust an den Mund, und mir wird klar, dass ich etwas Einmaliges erlebe: Jack Jessup, ein Chirurg, der immer steinern und distanziert erschien wie ein viktorianischer Banker, solange ich zurückdenken kann, ist in Tränen ausgebrochen.
Pater Mullen tritt auf ihn zu, als wolle er ihm sein Mitgefühl ausdrücken, aber ich warne den Pfarrer mit einem Blick, sich zurückzuhalten. Wenn ein Mann wie Jessup die Nerven verliert, ist er zu allem fähig.
»Herr Bürgermeister«, flüstert Pater Mullen, »Dr. Jessup meint, dass Sie mir, bevor ich den Bischof anrufe, ein paar Details nennen könnten, die der Öffentlichkeit unbekannt sind und die Tim in einem besseren Licht erscheinen lassen.«
Obwohl ich den Wunsch habe, zu einer Lösung beizutragen, zögere ich, etwas über Tim zu enthüllen. Nicht, dass ich kein Vertrauen zum Pfarrer hätte. Vielmehr befürchte ich, dass Dr. Jessup in dem Bestreben, die öffentliche Meinung über Tim zu verbessern, mehr preisgeben könnte als nötig. Zwar ist mir der Chirurg nie sympathisch gewesen, aber nun leidet er schrecklich, und wenn ich ihm helfen kann, sollte ich es tun. Das Risiko, dass Tim ein katholisches Begräbnis verweigert wird, dürfte äußerst gering sein, aber man weiß ja nie.
»Gentlemen«, sage ich widerwillig, »Sie beide müssen mir versprechen, dass es in diesen Wänden bleibt, was ich Ihnen nun mitteilen werde.«
Dr. Jessups Augen werden schmal. »Ich werde nichts von dem erzählen, was Sie zu sagen haben. Gott ist mein Zeuge.«
Pater Mullen runzelt die Stirn über den Arzt, aber es ist schwer, einen Mann zu tadeln, der gerade seinen Sohn verloren hat. »Natürlich haben Sie mein Wort.«
»Ich brauche das Siegel des Beichtgeheimnisses.«
Mullen wirkt beleidigt. »Ich bin mir nicht sicher, was Sie damit meinen. Sie sind kein Katholik.«
»Sie wissen genau, was ich meine, Pater. Es tut mir leid, darauf bestehen zu müssen, aber ich kenne Priester, die vertrauliche Dinge ausgeplaudert haben, sowohl in privaten Gesprächen als auch vor Gericht.«
Pater Mullen schüttelt mit einem matten Seufzen den Kopf. »Unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses. Was hier gesagt wird, bleibt unter uns.«
Dr. Jessup beobachtet mich, wartet auf irgendeinen Hinweis, dass sein Junge nicht der grässliche Kerl war, für den er gehalten wurde.
»In den nächsten Tagen«, beginne ich leise, »wird vieles über Tim geäußert werden. Die Zeitungen werden möglicherweise schreiben, dass er in der Nacht seines Todes Drogen genommen hat. Die Polizei oder der Bezirksstaatsanwalt könnten sogar behaupten, dass Tim schwere Verbrechen plante. Ich kann Ihnen versichern, dass diese Vorwürfe Lügen sein werden.«
Dr. Jessups Schuhe knarren, als er näher an mich herantritt. »Was meinen Sie damit?«
Ich blicke den Pfarrer an, der mich skeptisch mustert. »Tim Jessup war ein Held«, sage ich mit ruhiger Stimme. »Er starb bei dem Versuch, unschuldige Menschen vor Leid zu retten und diese Stadt vor dem Bösen zu schützen. Das mag altertümlich klingen, Pater, aber ich habe hautnah mit dem Bösen zu tun gehabt. Ich weiß, wovon ich rede. Tim hat grausame Qualen durchlitten, bevor er starb. Die Tragödie ist, dass sein Tod unnötig war. Ich weiß, dass Mrs. McQueen wegen ihres Sohnes gelitten hat, aber dafür hat Tim schon vor langer Zeit bezahlt. Selbst wenn die Wahrheit über Tim nie herauskommt, wird jeder Bürger dieser Stadt in seiner Schuld stehen, das kann ich Ihnen versichern.«
Dr. Jessup umklammert meinen Oberarm, wie ein Ertrinkender nach einem Rettungsring greift.
Pater Mullens Augen sind weit aufgerissen. »Können Sie mir Einzelheiten nennen?«
»Leider nicht. Es stehen Menschenleben auf dem Spiel.«
Die Hand des Chirurgen zittert an meinem Arm. »Bitte, Penn. Irgendetwas.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich persönlich weiß nicht, was Tim über Gott dachte, aber ich weiß, dass er an Gott glaubte. An dem Abend, bevor er starb, machte er mir gegenüber religiöse Anspielungen, und er glaubte, Gottes Werk zu vollbringen, als er
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