Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
und die Lichter der Stadt bleiben rasch hinter uns zurück.
Das Land hinter dem Deich auf der rechten Seite hat früher zu Plantagen gehört, und der Großteil wird noch heute bewirtschaftet. Anhand sich schwach abzeichnender Wahrzeichen, etwa der Getreidespeicher, kann ich feststellen, dass wir an der alten Morville Plantation vorbeigleiten, die mein Vater als Zentrum des Mädchenhandels und des Glücksspiels in den Sechzigerjahren beschrieben hat. Und plötzlich scheint alles vergebene Liebesmüh zu sein – als ob Tims Anstrengung, die Vergewaltigung seiner Heimatstadt zu stoppen, nur ein sinnloser Versuch war, Laster zu bekämpfen, die nie verschwinden werden. Die Ironie ist beinahe unerträglich, wenn ich gründlicher darüber nachdenke. Kelly und ich paddeln auf diesem Fluss entlang, um Männer zu fotografieren, die illegale Grausamkeiten an Tieren begehen, um ein Stadt zu »retten«, die auf der unermesslichen Grausamkeit der Sklaverei aufgebaut wurde. Das Land an beiden Ufern wurde mit dem Schweiß und Blut von Sklaven bewässert, und ihren Nachfahren fällt es weiterhin schwer, einen Platz im Leben der Gemeinschaft zu finden. Ich muss an jedem Tag meiner Amtszeit als Bürgermeister mit den Konsequenzen dieser Vergangenheit fertig werden.
»Da ist etwas Seltsames«, sagt Kelly. »Das VIP -Boot bewegt sich kaum von der Stelle, aber es hat immer noch nirgends angelegt.«
»Was hältst du davon?«
Er schaut über die Wasserfläche zwischen uns hinweg. »Könnte es sein, dass sie Hunde auf dem Schiff kämpfen lassen? Vielleicht unter Deck?«
»Schon möglich. Von Caitlin weiß ich, dass Hundekämpfe in der Stadt in Kellern und Lagerräumen veranstaltet werden. Aber hier haben wir es mit einem mondänen Kabinenkreuzer zu tun. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man auf einem solchen Schiff Hunde aufeinanderhetzt.«
Kelly hört auf zu paddeln und lässt sein Boot mit der Strömung treiben. »In fünf Minuten sind wir an der Stelle, wo sie gestern Abend angelegt haben. Wenn sie bis dahin nirgends stoppen, sollten wir an Land gehen und warten. Die Gegend auskundschaften. Sie könnten an denselben Ort zurückkehren.«
»Meinst du?«
Er lacht leise. »Oder sie gondeln einfach herum, betrinken sich und bringen sich für den Kampf in Stimmung. Oder die Trainer haben die Hunde noch nicht hergebracht. Ja, die Situation könnte sich perfekt entwickeln. Wir filmen alles, wenn sie das Schiff verlassen.«
»Und wenn jemand Dannys Hubschrauber gehört hat, sodass alle weggescheucht wurden?«
Kelly vergeht das Lächeln. »Beschwör’s bloß nicht, Mann. Weiter.«
Er senkt das Paddel ins schwarze Wasser und steuert auf das Louisiana-Ufer zu. Weitere ein, zwei Kilometer gleiten unter uns dahin, bis Kelly die Hand hebt. Nachdem ich ebenfalls zum Stillstand gekommen bin, blickt er erneut auf sein GPS -Gerät und sagt: »Wir sind da. Gehen wir ans Ufer.«
»Ich kann eine Sandbank erkennen. Willst du dort haltmachen?«
»Wir fahren noch vierzig Meter weiter, bis zu dem Schilf da drüben.«
Zu meiner Überraschung lässt Kelly mich die Führung übernehmen. Ich ziehe mein Ruder mit dem Bändsel hoch und schiebe den Bug meines Bootes in den sanft geneigten Flussboden vor. Als der Kajak sich nicht mehr bewegt, lege ich den Schaft meines Paddels hinter mich, knapp achtern vom Cockpit, und stütze die flache Seite auf den Sand. Dadurch wird das Boot stabilisiert, sodass ich die Beine aus dem Cockpit ziehen und ins Wasser steigen kann. Kelly folgt meinem Beispiel, während ich meinen Kajak ins Schilf zerre. Bald stehen wir unter ein paar Pappeln und betrachten das Gelände, an dem Danny das VIP -Schiff gestern Abend Anker werfen sah.
Kelly holt ein Nachtsichtgerät aus dem Rucksack und späht in die Dunkelheit vor uns. Mir kommt die Landschaft wie ein leicht blau getöntes Schwarzweißfoto vor. Ich höre das Summen von Insekten, und die einzigen Lichtstrahlen gehen vom Halbmond über uns aus. Kelly hat natürlich eine ganz andere Sicht. Für ihn ist dieser Abend eine Kollage aus gespenstischen Grüntönen, durch die er sich mit der Sicherheit eines in der Abenddämmerung grasenden Hirsches hindurcharbeiten kann.
»Was siehst du?«, frage ich.
»Nichts Besonderes. Lass uns landeinwärts vorstoßen.«
Mir bleibt nichts anderes übrig, als seinen Spuren zu folgen. Der Boden ist sandig, das Schilf und die Nesseln sind dicht. Wir entfernen uns weiter vom Fluss, und nun ragen die Pappeln hoch über uns auf.
»Irgendwelche
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