Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
Gerät wird von Hirschjägern benutzt, um Tiere auszuweiden. Doch als ich genauer hinsehen will, verschwindet das rote Licht. Kelly hat sich hingekniet, um etwas am Fuß des Baumes zu untersuchen.
»Ganz ruhig«, sagt er, als spräche er mit einem Kind. »Sei ganz ruhig. Wir werden dir nicht wehtun.«
Grauen überschwemmt mich wie eine eisige Flut, doch nach einem tiefen Atemzug zwinge ich mich, einen Schritt nach rechts zu machen. Ein bis anderthalb Meter vor Kelly, am Fuß einer Pappel, liegt ein zitternder Pitbullterrier auf dem Bauch. Er scheint gescheckt zu sein, doch sein Fell ist mit so viel getrocknetem Blut bedeckt, dass ich nicht sicher sein kann. Das Heulen hat aufgehört. Nun höre ich nur noch Hecheln, begleitet von einem ungewöhnlichen Pfeifgeräusch.
»Was fehlt ihm?«, frage ich und überlege, weshalb der Hund nicht vor Angst davongelaufen ist. »Kann er sich nicht bewegen?«
»Ich glaube nicht«, sagt Kelly. »Ich glaube, ihr Rückgrat ist gebrochen.«
»Woher weißt du, dass es eine Hündin ist?«
»Keine Hoden. Hab gerade nachgeguckt.«
»Kann sich ein Hund das Rückgrat bei einem Kampf brechen?«
»Auf keinen Fall. Ruhig, Mädchen, ruhig«, murmelt Kelly und schwenkt die Taschenlampe an dem Baum vorbei. Das Licht verharrt an dem nächsten Stamm. »Das war die Ursache.«
Am nächsten Baum lehnt ein blauer Softballschläger aus Aluminium, der trüb im roten Licht schimmert. Wie der Hund ist er von getrocknetem Blut bedeckt. Neben dem Schläger stehen drei Autobatterien auf einem kleinen Sperrholzquadrat. Kelly schüttelt den Kopf und lässt den Lichtstrahl wieder auf das verwundete Tier fallen. Die Augen der Hündin wirken traurig, geradezu menschlich, doch Schock und Witterung haben offenkundig ihren Tribut gefordert. Beide Vorderläufe weisen tiefe, eiternde Schnittwunden auf.
Kelly schiebt sich vor, doch ich packe seinen Arm. »Der Hund kann dir immer noch die Hand abbeißen.«
»Keine Sorge, ich weiß, was ich tue.«
Während er sich dem Tier nähert, frage ich: »Was ist das für ein Pfeifton?«
Er beugt sich über die Hündin und beleuchtet ihren Schädel. Obwohl ihr Rückgrat gebrochen ist, zuckt ihr Kopf instinktiv vor Kellys Arm zurück.
»Gott«, sagt Kelly fassungslos. »Sie haben ihr den Schädel mit dem Schläger gespalten. Wenn sie atmet, entweicht die Luft durch die Schädeldecke. Vermutlich etwas Ähnliches wie eine offene Brustwunde. Ich kann nicht glauben, dass sie noch lebt.«
Während ich entsetzt zusehe, holt Kelly seine Kamera hervor und nimmt zuerst sorgsam die Wunden und dann die Einzelheiten der Lichtung auf. So angewidert ich bin, kann ich die Augen doch nicht von dem leidenden Tier abwenden. Seine Not übersteigt jedes Verständnis, wie die so vieler menschlicher Opfer, denen ich in Houston begegnet bin. Das Geräusch schneller Schritte lässt mich zusammenfahren, und dann ist Kelly an meiner Seite.
»Was ist?«, frage ich. »Hat das VIP -Schiff hier angelegt?«
»Nein, es ist vorbeigefahren. Verdammte Scheiße!«
»Vielleicht lassen sie die Hunde doch auf dem Schiff kämpfen.«
»Nein. Die Fahrt war irgendein Trick – eine Ablenkung. Es ist so, als hätten sie gewusst, dass wir kommen. Wir sollten von hier verschwinden.«
Kelly stopft die Kamera in seinen Rucksack und geht davon.
»Warte«, rufe ich. »Was ist mit ihr?«
Er dreht sich zu mir um. »Ich hab’s dir doch gesagt: Sie dürfen nicht wissen, dass wir hier waren. Heute Abend haben wir nichts erreicht, es sei denn, Sands selbst gehört das Grundstück, auf dem wir stehen. Wir müssen die Sache wiederholen.«
»Wir können sie nicht so zurücklassen. Wäre es nicht möglich …«
»Was?«
»Sie zu erschießen?«
Kelly schüttelt den Kopf. »Ich kann nicht sicher sein, dass die Wunde nicht sichtbar wäre, und sie lässt mich nicht dicht genug an sich heran, um ihr die Pistole ins Maul zu stecken.«
»Wir dürfen sie nicht so zurücklassen«, beharre ich.
Er seufzt wie ein Soldat, der gezwungen ist, die Gefühle von Zivilisten zu berücksichtigen. »Du willst sie aus ihrer Qual erlösen?« Er richtet die Taschenlampe erneut auf den Softballschläger. »Nur zu.«
Eine Woge der Übelkeit erfasst mich. »Damit ist sie schon einmal verletzt worden«, stammele ich. Der Gedanke lässt mich zurückschrecken.
»Sie haben nicht versucht, ihr zu helfen, sondern sich einen Spaß gemacht. Wenn du die Halswirbelsäule kräftig genug triffst, müsste sie auf der Stelle tot sein.«
Ich blicke auf
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