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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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dürft, wer leben und sterben soll, hat jeder andere auch dieses Recht. Aber wer hat euch bevollmächtigt? Wo soll das enden? Wie zu Zeiten der Höhlenmenschen?«
    Kelly hat ihr geduldig zugehört. »Ich verrate dir ein Geheimnis, Caitlin: Wir leben immer noch in einer Höhle. Sie ist nur größer, und wir tragen bessere Kleidung. Wir schließen Bündnisse und versuchen, höflich zu sein, wir retten die Schwachen, statt sie draußen in der Kälte sterben zu lassen. Aber Leute wie Sands, Quinn, Po … sie halten sich an die alten Regeln. Du gewinnst oder verlierst, lebst oder stirbst. Und die wichtigste Regel lautet: Reiße bei jeder Gelegenheit so viel wie möglich an dich, bis jemand eine Grenze zieht und sagt: ›Genug.‹«
    »Ist das auch deine Lebensauffassung?«
    »Wenn es so wäre, würde ich nicht vor Zeugen das Angebot machen, einen Mann zu töten. Ich bin Soldat, ob im Schlaf oder im Wachzustand, in Uniform oder Zivil. In Afghanistan wird Krieg geführt, aber hier auch. Als Sands gedroht hat, Penns Kind zu töten, hat er die Feindseligkeiten eröffnet und die Einsatzregeln festgelegt. Wir wissen aus Linda Churchs Brief, dass Sands wahrscheinlich Ben Li ermordet hat oder den Befehl dazu erteilte. Es ist ein Wunder, dass Linda nicht auch tot ist – falls sie tatsächlich noch lebt, was wir nicht wissen. Ich bin sicher, dass man in diesem Moment auf sie Jagd macht.«
    Caitlin fröstelt es bei dem Gedanken.
    Kelly nickt energisch. »Nach Lage der Dinge gibt es für uns nur eine einzige praktische Lösung: Sands von der Bildfläche verschwinden zu lassen.«
    »Dazu sind Sie bereit?«, fragt Dad. »Wenn wir hier und jetzt bestätigen, dass wir es wünschen … dann wird Sands sterben?«
    Kelly nickt. »Quinn wohl auch. Unvermeidlich.«
    Caitlin schüttelt erstaunt den Kopf. »Und du fliegst zurück nach Afghanistan und verlierst keine Sekunde Schlaf?«
    »Im Gegenteil, ich werde besser schlafen.«
    Am meisten überrascht mich an Kellys kühler Behauptung, dass er vor zwei Stunden nicht bereit war, einen sterbenden Hund von seiner Qual zu erlösen. Aber dieses Rätsel kann warten. Ich sehe meinen Vater an, der sich den weißen Bart mit arthritisch gekrümmten Händen reibt.
    »Es ist verlockend«, meint Dad. »Wenn ich an Jenny in dem sich überschlagenden Auto denke, könnte ich es sogar selbst tun.«
    »Tut mir leid, euch den Spaß zu verderben, Leute«, sagt Caitlin. »Aber das geht nun wirklich zu weit. Was wird durch Sands’ Tod denn bewirkt? Wenn Edward Po der Drahtzieher ist, woher wissen wir dann, dass er den Rachefeldzug nicht fortsetzen und Mörder ausschicken wird, um Penn und seine Familie abschlachten zu lassen?«
    »Da hat sie recht«, stimmt Carl zu. »Es wäre verrückt, diese Möglichkeit nicht zu erwägen.«
    »Ich habe sie erwogen«, erwidert Kelly. »Edward Po ist Geschäftsmann. Was immer er hier plant – er wird es letzten Endes am Maßstab von Gewinn und Verlust messen. Man kann im kleinstädtischen Amerika nicht einfach Amtspersonen umbringen, ohne die falsche Art von Aufmerksamkeit zu erregen. Das ist ein schlechtes Geschäftsgebaren. Sands ist Pos Handlanger, sein Kontrollmechanismus für Golden Parachute. Wenn Sands stirbt, wird Po einfach anordnen, dass Craig Weldon ihn durch einen anderen ersetzt.«
    »Aber du argumentierst doch, dass Sands nicht davor zurückschreckt, Amtspersonen zu ermorden«, wendet Caitlin ein. »Oder ihre Angehörigen.«
    »Ich glaube trotzdem, Sands zu töten ist die eleganteste Lösung unseres Problems, und nicht nur für uns. Wenn Sands ausgeschaltet wird, dürfte Po den Mord für sich beanspruchen – inoffiziell natürlich. Seine Konkurrenten werden annehmen, dass Po den guten Sands umbringen ließ, weil er seine Nichte Jiao belästigt hat, denn Po hatte geschworen, sie vor solchen Männern zu schützen.«
    Alle schweigen, nicht zuletzt, weil Kelly uns zwei Schritte voraus zu sein scheint.
    »Entweder wir töten ihn, oder wir weichen zurück«, schließt Kelly. »Herkömmliche Methoden sind zu langsam. Sie könnten jemanden, der uns am Herzen liegt, das Leben kosten.«
    »Carl?«, sagt Caitlin demonstrativ. »Würden Sie Sands töten?«
    Der Scharfschütze bedenkt sie mit einem »Warum ich?«-Blick wie ein Grundschüler, der von seiner Lehrerin aufgerufen wird. »Hängt von der Situation ab. Wenn jemand sterben müsste, weil ich nicht eingreife, würde ich es tun.«
    Caitlin wendet sich an mich, als wäre ich ihre letzte Instanz. »Du warst Staatsanwalt

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