Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
anstarren, fängt Carl zu husten an. Dann erbricht er sich über Kellys Bein und den Parkettboden.
»Ein Glück, dass er gestern Nacht nicht gekotzt hat«, sagt Kelly. »Er hatte Isolierband über dem Mund und wäre Jimi Hendrix’ Beispiel gefolgt.«
»Wir können nicht einfach herumsitzen, bis Sands den nächsten Schritt macht.«
Kelly wischt sich das Erbrochene von der Hose. »Ich hätte ihn ins Auto stecken sollen, statt auf einen Rettungswagen zu warten. Scheißspiel.« Kelly schaut mit mattem Ekel zu mir auf. »Was hast du vor?«
»Ich will mir Sands oder Quinn auf der Straße schnappen und sie ausquetschen, bis sie uns sagen, wo Caitlin ist. Du hast Sands gestern gewarnt, dass du ihn tötest, wenn er sich mit meiner Familie anlegt. Und Caitlin gehört zu meiner Familie.«
»Klarer Fall. Aber wir können die beiden jetzt nicht mehr erwischen. Sie sind im Kriegszustand.«
Carl scheint kräftiger zu atmen, kann aber noch nicht sprechen.
»Aber warum das alles?«, frage ich. »Sands ist kein Dummkopf. Warum sollte er das Risiko eingehen, dass ich das FBI anrufe und die ganze Aktion gegen Po auffliegen lasse?«
»Wie ich schon sagte: Entweder hat Caitlin ihnen keine Wahl gelassen, oder du besitzt etwas, das sie haben wollen.«
»Aber das stimmt nicht!«
»Vielleicht bilden sie es sich nur ein. Sands glaubt, dass noch allerlei Bedrohliches in der Gegend herumschwirrt. Der USB -Stick zum Beispiel, und was immer dieser Computerknabe an Material über ihn hatte. Der Vogelliebhaber. Und vergiss Linda Church nicht.«
Kelly hat recht, besonders was Linda betrifft. »Ich könnte mir vorstellen, dass Caitlin versucht hat, sie zu finden.«
»Ja. Aber das Schlimmste wäre, wenn Caitlin einen Artikel über die Sache veröffentlichen wollte, und die beiden haben es herausgefunden. Wahrscheinlich steht jemand bei der Zeitung auf ihrer Lohnliste. Das wäre nur logisch.«
»Meinst du, sie haben Caitlin nur entführt, um sie zu töten und dann ihre Leiche verschwinden zu lassen?«
»Nein. Dann hätten sie auch Carl mitgenommen. Dies ist so wie früher, als Könige Geiseln austauschten, um Kriege zu verhindern. Verbrecherbanden handeln immer noch so.«
»Aber sie haben Caitlin, und wir haben nichts!«
»Sands muss glauben, dass du etwas hast. Wahrscheinlich das Material, mit dem Ben Li sich absichern wollte.«
Kelly hat kaum ausgesprochen, da weiß ich, was ich tun muss. Ich hole mein Handy hervor, doch bevor ich eine Nummer wählen kann, ruft Kelly: »Stopp! Was soll das?«
»Pass auf und lerne dazu.« Ich drücke auf die Kurzwahltaste für Seamus Quinn. Der Ire antwortet wie immer mit selbstgefälligem Sarkasmus.
»Einen wunderschönen Morgen, Herr Bürgermeister.«
»Es ist nach Mittag, Quinn.«
»Tatsächlich? Na, ich wette, dass manche Leute gerade erst aufwachen.«
Ich nicke Kelly bedeutungsvoll zu. »Wir beide wissen, was gestern Abend passiert ist. Also können wir die Mätzchen überspringen. Natürlich wollen Sie nicht darüber reden, aber ich will, dass Sie sich über eines im Klaren sind.«
»Sie wollen mich doch nicht schon wieder bedrohen, mein lieber Bürgermeister? Das habe ich nämlich langsam satt.«
»Erinnern Sie sich an unser Gespräch auf der Queen am Montag?«
»Ich erinnere mich, dass Ihr Leibwächter mich angegriffen hat. Mit einer tödlichen Waffe. Gut möglich, dass ich Anzeige erstatte.«
»Hör mir zu, du blöder Arsch …«
Ruhig, sagt Kelly mit einer Lippenbewegung und schüttelt den Kopf.
»Ihr Chef hat von einigen fehlenden Daten gesprochen. Erinnern Sie sich?«
Quinn schweigt.
Als wir die Magnolia Queen gestern Morgen verließen, vermutete Kelly, dass Quinn den fehlenden Memorystick in seinem Besitz habe und für einen möglichen Deal mit Hull benutzen wolle. Ich schloss mich seiner Meinung an. Aber wenn Sands und Quinn zu dem Risiko bereit sind, Caitlin zu entführen, dann folgere ich daraus, dass sie weder Ben Lis Material noch den Stick besitzen. Und wenn Quinn die Daten nicht hat, gibt es nur einen einzigen anderen wahrscheinlichen Kandidaten: jemanden, der die Sprachaufzeichnung gehört hat, die Tim vor seinem Tod auf seinem Handy machte. Da ich Shad Johnson so gut kenne – nämlich als politisches Wesen par excellence –, scheint es mir das Risiko wert zu sein, Quinn in dieser Hinsicht zu bluffen.
»Ich habe die Daten, Quinn.«
»Sie lügen«, erwidert der Ire.
Einen Moment lang werde ich unschlüssig. Aber irgendetwas in seiner Stimme veranlasst mich, nicht
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