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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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jeweils zwei Stufen auf einmal nehme. Ich muss daran denken, dass es Labry war, der mir Edward Pos Namen zum ersten Mal genannt hat. Es war egoistisch von mir, ihn um Hilfe zu bitten, denn dadurch wurden er und seine Familie in Gefahr gebracht. Und nun ahne ich, dass mein Vorgehen sich rächen wird – oder dass es Labry bereits teuer zu stehen gekommen ist.
    »Wo ist er, Dora?«, fragt eine laute, hartnäckige Männerstimme. »Verflucht, so spät kommt er sonst nie vom Lunch zurück!«
    »Paul?«, rufe ich und öffne die Tür. »Hier bin ich. Was ist denn los?«
    Der Mann, der mir entgegenstolpert, sieht aus wie eine Karikatur des würdevollen Amtsträgers, der vor zwei Tagen im Ramada Inn seine Bürgerrechtsauszeichnung von mir entgegengenommen hat. Gestern, auf Tims Beerdigung, wirkte er müde, doch nun sind seine Augen blutunterlaufen, seine Wangen gerötet und seine Kleidung zerknittert. Der linke Schoß seines Buttondown-Hemdes aus Polyester und Baumwolle hängt schräg hinunter.
    Dora wirft mir einen beinahe verzweifelten Blick zu.
    »Gehen wir in mein Büro, Paul. Komm mit nach hinten.«
    Labry schaut mich an, als wolle er in Tränen ausbrechen, deutet dann zweimal auf mein Büro, geht hinein und lässt sich auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch sinken.
    Ich mache eine besänftigende Geste zu Dora hinüber, als Rose hinter mir eintritt. »Alles in Ordnung?«, fragt sie.
    »Alles bestens«, erwidere ich. »Würden Sie bitte prüfen, ob Shad Johnson in seinem Büro ist?«
    »Soll ich Ihnen sofort Bescheid geben oder warten, bis Sie fertig sind?«
    »Melden Sie sich, sobald Sie es wissen.«
    Nachdem ich die Tür leise hinter mir geschlossen habe, lege ich Paul eine Hand auf die Schulter, bevor ich mich in den Sessel hinter meinem Tisch setze. »Was ist passiert? Ich habe dich noch nie in einem solchen Zustand gesehen.«
    »So habe ich mich auch noch nie gefühlt. Ich wollte schon heute Morgen mit dir reden, aber ich habe nicht den Mut aufgebracht.«
    »Was ist los, Paul? Geht es um das, worüber wir gestern gesprochen haben? Die Kandidatur für das Bürgermeisteramt?«
    Labry lacht so laut, dass ihm der Rotz aus der Nase tröpfelt. Er wischt ihn mit dem Ärmel ab. Als er den Arm senkt, ist seine Heiterkeit verschwunden. »Ich kann nicht Bürgermeister werden. Niemals.«
    »Warum nicht?«
    »Ich würde keine fünfzig Stimmen bekommen. Ich verdiene keine fünfzig Stimmen.«
    »Wieso nicht? Was ist passiert?«
    »Ich werde in einem Monat pleite sein. Genau wie mein Vater, aber er weiß es noch nicht. Wir werden alles verlieren. Das Geschäft … unsere Häuser. Alles.«
    »Wie bitte?«
    »Wir haben doch erst gestern darüber gesprochen, dass der Einzelhandel den Bach runtergeht. Weißt du, ich habe einiges unternommen, um mit den großen Unternehmen konkurrieren zu können. Ich habe zum Beispiel den Laden erweitert. Aber dadurch wurde die Sache noch schlimmer. Die Schulden wuchsen und wuchsen. Tja, da hab ich mich an den Spieltisch gesetzt, weil ich hoffte, die Verluste wettzumachen.«
    Ich kann nicht glauben, was ich da höre. »Ich wusste nicht, dass du um Geld spielst.«
    »Nur selten. Gerade genug, um einige der Leute kennenzulernen, die die Casinos betreiben. Verrückt, wenn man darüber nachdenkt, denn ich wollte die verdammten Casinos gar nicht hier haben. Aber Sands hat mir aus der Not geholfen. Er hat …«
    »Sands?« Es durchfährt mich eiskalt. »Jonathan Sands?«
    »Ja. Eines Abends war ich angetrunken und habe gejammert, die Banken wären hinter mir her. Sands erbot sich, mir zu helfen, und das hat er auch getan. Aber jetzt …« Paul betrachtet mich hilflos, packt seine Hemdbrust und reißt sie nach oben. »Ich gehöre ihnen, Mann! Ich gehöre diesen Leuten! Das Geld, das ich ihnen schulde, könnte ich niemals zurückzahlen. Darum kann ich nicht Bürgermeister werden, denn sie würden die Drähte ziehen, als wäre ich eine Marionette. Es wäre eine Parodie auf alle Pläne, über die wir beide je gesprochen haben.«
    »Meine Güte, Paul … Ich hatte keine Ahnung. Warum bist du nicht zu mir gekommen? Ich hätte versucht, dir zu helfen.«
    »Zu dir? Weißt du, wie schwer das für mich gewesen wäre? Hätte ich dir gestehen sollen, dass ich ein totaler Versager bin?«
    »Ich werde dir helfen, Paul. Ich werde ein paar Leute anrufen, und …«
    Er schüttelt den Kopf. »Nein. Ich habe dir doch gesagt, dass ich schon heute Morgen hier sein sollte. Aber ich konnte es nicht. Ich konnte dir nicht

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