Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
still, und Walt Garrity sagt mit ruhiger Überzeugung: »›Niemand, der unrecht hat, kann einem Mann standhalten, der recht hat und nicht nachgibt.‹ Diese Worte stammen von Captain Bill McDonald. Und ihr Jungs dürft sie nicht vergessen, auch wenn es im Moment nicht gut aussieht.« Der alte Ranger nickt uns zu. »Bis zum nächsten Mal!«
Kelly öffnet die Tür, wirft einen prüfenden Blick auf die Straße und führt Walt dann zu seinem Roadtrek. Dad und ich schließen uns an, doch meine Hand liegt auf der Pistole in meiner Tasche. Als Walt die Tür erreicht, höre ich das Wimmern eines überstrapazierten kleinen Motors, dann blitzen Scheinwerfer auf. Ein Volkswagen überfährt das Haltesignal an der Union Street, rast auf uns zu und kommt schleudernd zum Stehen.
Kelly zieht seine Pistole eine volle Sekunde vor mir, und das unter dem Lauf angebrachte Waffenlicht fällt auf die Züge von Kim Hunter, dem Reporter des Examiner . Er hebt beide Hände und ruft: »Penn, ich bin’s! Kim!«
»Er ist in Ordnung!«, erkläre ich Kelly. »Was tun Sie hier?«
»Ist es sicher hier draußen?«
»So sicher, wie es sein kann.«
»Ich steige jetzt aus, okay?« Hunter klettert aus dem Volkswagen, geht zum Heck des Fahrzeugs und klappt den Kofferraum auf. »Hierher.« Er beugt sich vor und ist nicht mehr zu sehen. »Schnell.«
Kelly reißt seine Pistole erneut hoch, doch als wir am Heck ankommen, starrt Caitlin mich zu meiner Verblüffung aus dem kleinen Kofferraum an. Ihr Gesicht ist ausgezehrt, ihre Füße blutverschmiert, doch in ihren Augen stehen Tränen der Erleichterung.
»Sie wollte nicht, dass ich die Polizei anrufe«, sagt Hunter. »Oder dass ich sie zum Krankenhaus bringe. Ich bin mehrere Male um den Block gefahren, weil ich nicht wusste, ob ich gefahrlos anhalten konnte. Als Sie aus dem Haus kamen, habe ich beschlossen, das Risiko einzugehen. Caitlin hat Todesangst, und sie kann kaum reden. Was zum Teufel ist hier los?«
»Wir haben sie.« Ich hebe Caitlin aus dem Kofferraum und halte ihren bebenden Körper fest. »Danke, Kim. Fahren Sie heim, bevor jemand Sie sieht. Reden Sie mit niemandem über die Angelegenheit, und lassen Sie kein Wort in der Zeitung drucken.«
»Okay. Sind Sie sicher, dass Caitlin sich erholt?«
»Wir haben sie«, wiederholt Kelly. »Dafür schulden wir Ihnen Dank, Kumpel.«
»Nein, bestimmt nicht. Ich liebe Caitlin.«
Kelly grinst und schiebt Hunter zur offenen Fahrertür. »Ab mit Ihnen.«
Der Volkswagen setzt sich in Bewegung, und Kelly begleitet Caitlin und mich zurück zur Veranda. Dabei wendet er uns den Rücken zu und gibt uns nach links und rechts Deckung. Bevor wir eintreten, sehe ich, wie mein Vater Walt Garrity auf dem Fahrersitz des Roadtrek zuwinkt; dann rollt der lange silberne RV hinter dem Volkswagen die Straße hinunter.
»Linda Church ist tot«, sagt Caitlin. Ihre gequetschten Hände umklammern einen Becher Kaffee. »Sie hat sich aufgehängt. Ich hab’s gesehen. Nein, eigentlich habe ich sie kurz danach gefunden. Sie war neben mir eingesperrt. In einem Hundezwinger.«
Caitlin sitzt am Küchentisch auf meinem Knie, und ihre bandagierten Füße ruhen auf einem Kissen. Meine Arme sind um die Decke geschlungen, die mein Vater ihr über die Schultern gelegt hat.
»Wie bist du entkommen?«
Sie schüttelt den Kopf, als müsse sie zu viel erklären.
»Weißt du, wo der Zwinger war?«, frage ich. »Wir haben den Fluss stundenlang nach dir abgesucht.«
»Nein. Ich bin sehr weit gelaufen, und alles sah gleich aus. Sie hatten mir mein Handy weggenommen, aber ich wusste, dass ich dich sowieso nicht anrufen konnte, weil sie mich vielleicht gehört hätten. Ich habe ein paar Autos gesehen, aber nicht gewagt, eins anzuhalten, weil ich immer wieder an die Geschichte denken musste, die dein Vater uns erzählt hat … vom dem Mädchen, das aus dem Bordell geflohen war. Ich hatte Angst, mit jemandem zu sprechen.«
»Wie hast du Kim gefunden?«
»Irgendwann kam ich zu einem Gebäude mitten im Niemandsland. Ein Laden für landwirtschaftliche Geräte. Ich bin eingebrochen und habe das Telefon benutzt. Kim anzurufen schien mir die beste Lösung zu sein. Aber ich wollte nicht in dem Geschäft warten, weil ich dachte, dass die Polizei erscheinen könnte.«
Ich drücke sie an mich. »Alles wird gut. Jetzt bist du zu Hause.«
»Hast du eine Ahnung, wo Lindas Leiche sein könnte?«, fragt Kelly, pragmatisch wie immer.
Caitlin schließt die Augen und schüttelt den Kopf. »Ich weiß
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