Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
könnte mit uns allen schlafen. Der Wichser! Als Shirley mich zum ersten Mal zur Arbeit gebracht hat, sagte sie: ›Los, du kannst es.‹ Ich stand in meiner Schuluniform an der Baywater Road. ›Das ist okay, frag sie einfach, ob sie ein Mädchen wollen‹, sagte sie. Ich wollte Shirley nicht enttäuschen. Ich wusste, dass sie wütend sein würde.
Als sie mich das nächste Mal losgeschickt hat, hab ich ein paar Typen einen runtergeholt, aber Vögeln ging nicht. Ich weiß nicht, warum. Ich habe drei Monate gebraucht. Ich wurde zu groß für die Schuluniform, aber Shirley meinte, ich hätte die passenden Beine. Ich war ihr kleines ›Goldtöpfchen‹.«
Elisa nannte die Männer, mit denen sie schlief, nicht »Freier«. Die Andeutung, dass irgendwas an der Sache frei war, gefiel ihr nicht. Sie war eine todsichere Nummer. Und sie behandelte die Männer nicht mit Verachtung, selbst wenn viele von ihnen ihre Frauen, Verlobte oder Freundinnen betrogen. Es war eine rein geschäftliche Angelegenheit, eine schlichte kommerzielle Transaktion; sie hatte etwas anzubieten, und die Männer wollten es kaufen.
Im Laufe der Monate wurde sie desensibilisiert. Sie hatte jetzt eine Familie. Dann wurde sie eines Tages von einem konkurrierenden Zuhälter von der Straße gegriffen. Er wollte sie für ein einmaliges Engagement, sagte er. Er sperrte sie in den Keller eines Hauses und sammelte von den Männern, die vor der Tür Schlange standen, Geld ein. Ein Fluss von Haut unterschiedlichster Farbe strömte über ihren Körper und sickerte in sie ein. »Ich war ihre ›Kleine Weiße Fickfabrik‹«, sagte sie und drückte eine weitere Zigarette aus.
»Und jetzt bist du hier.«
»Wo niemand weiß, was er mit mir anfangen soll.«
»Was willst du denn?«
»Ich will in Ruhe gelassen werden.«
6
Das erste Gesetz des National Health Service besagt, dass morsches Holz oben schwimmt. Das ist Teil der Kultur. Wenn jemand inkompetent oder schwer erträglich ist, ist eine Beförderung die problemlosere Alternative zur Kündigung.
Der Aufsichtsbeamte des Leichenschauhauses von Westminster ist kahl und gedrungen, hat Hängebacken und findet mich auf Anhieb unsympathisch. »Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie hierher kommen sollen?«
»Ich bin hier mit Detective Inspector Ruiz verabredet.«
»Davon hat mir niemand etwas gesagt. Es wurde kein Termin vereinbart.«
»Kann ich auf ihn warten?«
»Nein. Das Wartezimmer dürfen nur Familienangehörige der Verstorbenen betreten.«
»Wo kann ich dann warten?«
»Draußen.«
Ich rieche seine säuerlichen Ausdünstungen und bemerke die Schweißflecken unter seinen Armen. Wahrscheinlich hat er die ganze Nacht gearbeitet und macht Überstunden. Er ist müde und gereizt. Normalerweise habe ich Mitleid mit Schichtarbeitern – so wie ich Mitleid mit Einsamen und dicken Mädchen habe, die nie zum Tanz aufgefordert werden. Es muss ein mieser Job sein, auf Tote aufzupassen.
Ich will gerade etwas erwidern, als Ruiz eintrifft. Der Dienstleiter beginnt das Theater von vorne. Ruiz beugt sich über den Tresen und nimmt den Hörer des Telefons ab. »Hören Sie zu, Sie blöder kleiner Wichtigtuer! Draußen habe ich mindestens ein Dutzend Wagen gesehen, deren Parkuhren abgelaufen sind. Wenn die alle eine Parkkralle kriegen, machen Sie sich bei Ihren Kollegen bestimmt richtig beliebt.«
Einige Minuten später folge ich Ruiz durch einen schmalen
Flur mit lackierten Zementböden und Neonröhren an der Decke. Hin und wieder kommen wir an einer Tür mit Milchglasscheiben vorbei. Eine der Türen steht offen, und ich sehe einen Stahltisch in der Mitte des Raumes mit einer Rinne in der Mitte, die in einen Abfluss führt. Von der Decke hängen Halogenlampen und Mikrofonleitungen.
Ein Stück den Flur hinunter stehen drei Labormitarbeiter in grüner OP-Kleidung um eine Kaffeemaschine. Keiner blickt auf.
Ruiz geht schnell und spricht langsam. »Die Leiche wurde am Sonntagmorgen um 11 Uhr gefunden, sie war in einer kleinen Kuhle begraben. Eine Viertelstunde vorher ging ein anonymer Anruf aus einer eine Viertelmeile entfernten Telefonzelle ein. Der Anrufer behauptete, sein Hund hätte eine Hand ausgegraben. «
Wir stoßen eine doppelte Plexiglastür auf und weichen einem Angestellten aus, der eine Rollbahre vor sich herschiebt. Ein weißes Kattunlaken bedeckt eine Leiche, wie ich vermute. Auf dem Körper balanciert eine Kiste mit Urin- und Blutproben.
Schließlich kommen wir in einen Vorraum mit einer großen Glastür. Ruiz
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