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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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dass sie nicht ins Gefängnis kommen, damit sie losziehen und die gleichen Fehler noch mal machen können.«
    »Wie sah die Frau aus?«
    »Ziemlich übel zugerichtet, den Fotos nach zu urteilen.«
    »Wie alt?«
    »Mitte vierzig. Dunkle Haare.«
    »Was hatte sie an?«
    »Einen Moment mal.« Er legt den Hörer auf, ruft seiner Sekretärin zu, sie solle ihm Bobbys Akte bringen, und blättert
sie summend durch. »Kurzer Rock, hochhackige Schuhe, kurzes Jackett… eine Alte, die auf jugendlich macht, wenn Sie mich fragen. Warum wollen Sie das wissen?«
    Das kann ich ihm nicht erklären. Ich habe nur eine vage Idee. »Was wird mit Bobby geschehen?«
    »So wie es im Augenblick aussieht, wandert er in den Knast. Die Staatsanwaltschaft wird bei der Anklage kaum mit sich handeln lassen.«
    »Das Gefängnis wird ihm nicht helfen. Ich kann ein psychologisches Gutachten erstellen. Vielleicht kann ich dafür sorgen, dass er in ein Aggressionsbewältigungsprogramm kommt.«
    »Und was wollen Sie von mir?«
    »Einen schriftlichen Auftrag.«
    Eddies Stift huscht bereits über ein Blatt Papier. Ich weiß nicht mehr, wann ich zum letzten Mal so flüssig schreiben konnte. Er schiebt den Bogen über den Tisch.
    »Vielen Dank.«
    »Es ist nur ein Brief, keine Niere«, grunzt er.
    So viel dazu. Vielleicht ist es ein Napoleon-Komplex oder er versucht seine Hässlichkeit zu kompensieren. Jedenfalls ist er jetzt gelangweilt. Das Thema interessiert ihn nicht mehr. Ich stelle eilig meine Fragen.
    »Wer hat die Kaution gestellt?«
    »Keine Ahnung.«
    »Und wer hat Sie angerufen?«
    »Er selber.«
    Bevor ich noch etwas sagen kann, geht er dazwischen. »Hören Sie, Oprah, ich habe einen Termin vor Gericht und muss dringend mal pinkeln. Der Junge ist Ihr Psycho, ich verteidige das arme Schwein nur. Warum gucken Sie nicht in seinen Kopf, sehen nach, ob irgendwas locker ist und melden sich dann wieder bei mir? Schönen Tag noch.«

9
    Julianne und Charlie sitzen unten vor dem Fernseher. Ich hocke auf dem Dachboden und gehe auf der Suche nach meinen Unterlagen über Catherine McBride alte Fallnotizen durch. Ich weiß nicht genau, warum. Vielleicht hoffe ich, sie so in meinem Kopf wieder zum Leben zu erwecken, damit ich ihr Fragen stellen kann.
    Ruiz traut mir nicht. Er denkt, ich versuche etwas zu verbergen. Ich hätte es ihm eher sagen sollen und ich hätte ihm alles sagen sollen. Aber das macht jetzt auch keinen Unterschied mehr. Es wird Catherine nicht zurückbringen.
    Meine Notizbücher sind mit Monat und Jahr beschriftet, sodass es nicht schwer ist, die richtigen zu finden. Es handelt sich um zwei Bände mit dunkelgrünem Einband und gesprenkeltem Rücken, an denen sich die Silberfischchen gelabt haben.
    Ich gehe nach unten in mein Arbeitszimmer, schalte das Licht an und beginne zu lesen. Die linierten A4-Blätter sind ordentlich geführt mit einem breiten Rand, auf dem Datum und Uhrzeit jeder Sitzung notiert sind. Diagnostische Details, medizinische Befunde und Beobachtungen, es ist alles versammelt.
    Wie habe ich Catherine in Erinnerung? Ich sehe sie in einer hellblauen Uniform mit einer dunkelblauen Borte an Ärmeln und Kragen einen Flur im Marsden Hospital hinuntergehen. Sie winkt mir zu und lächelt. An ihrem Gürtel hängt eine Schlüsselkette. Die meisten Schwestern tragen kurze Kittel, aber Catherines ist lang.
    Anfangs war sie lediglich ein weiteres Gesicht auf dem Flur und in der Kantine. Mit ihrem Pagenschnitt, der hohen Stirn und den vollen Lippen war sie auf geschlechtslose Weise schön. Sie neigte den Kopf nervös von einer Seite auf die andere und sah mich nie mit beiden Augen gleichzeitig an. Mir kam es vor, als würden wir uns ziemlich häufig über den Weg laufen – oft,
wenn ich die Klinik gerade verließ. Erst später kam mir der Verdacht, dass sie diese Treffen inszeniert haben könnte.
    Irgendwann fragte sie mich, ob sie mit mir reden könnte. Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, dass sie meine professionelle Hilfe suchte. Ich machte einen Termin mit ihr, und am nächsten Tag stand sie in meinem Behandlungszimmer.
    Von da an kam sie einmal die Woche. Sie legte immer einen Schokoriegel auf meinen Schreibtisch, brach ihn in kleine Stücke wie ein Kind, das Süßigkeiten aufteilt. Und während sie Mentholzigaretten rauchte, ließ sie die Stückchen, eins nach dem anderen, unter ihrer Zunge schmelzen.
    »Wissen Sie, dass dies das einzige Büro im ganzen Krankenhaus ist, in dem man rauchen darf?«, fragte sie

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