Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
einem Stilett im Stiel… für alle Fälle. Siehst du, wie gut du mich gelehrt hast.« Sie lacht und zieht ihre Lippen nach. Ich möchte ihre Zungespitze mit dem Finger berühren.
Ich kann nicht erklären, wie es ist, mit einer so schönen Frau in einem Restaurant zu sitzen. Männer begehren Julianne, aber mit Elisa ist es nackter Hunger, ein Flattern im Bauch und Herzklopfen. Sie strahlt etwas sehr Reines, sehr Impulsives und von Natur aus Erotisches aus. Es ist, als hätte sie ihre Sexualität so
lange verfeinert, gefiltert und destilliert, dass ein Mann glauben kann, ein einziger Tropfen könnte reichen, um ihn ein Leben lang zu befriedigen.
Elisa dreht sich um und erregt sofort die Aufmerksamkeit eines Kellners. Sie bestellt einen Salat Nicoise und ich entscheide mich für die Penne Carbonara.
Normalerweise genieße ich das Selbstvertrauen, das man empfindet, wenn man Elisa gegenüber sitzt, aber heute fühle ich mich alt und gebrechlich, wie ein knorriger Olivenbaum mit brüchiger Rinde. Sie redet schnell, isst langsam und stochert in dem hellroten Tunfisch und den roten Zwiebelringen herum.
Ich lasse sie reden, bin jedoch verzweifelt und ungeduldig. Meine Rettung muss heute beginnen. Sie beobachtet mich immer noch. Ihre Augen sind wie Spiegel in Spiegeln, in denen ich mich selber sehen kann. Mein Haar klebt auf meiner Stirn. Es kommt mir so vor, als hätte ich seit Wochen nicht mehr als ein paar Stunden geschlafen.
Elisa entschuldigt sich für ihr »Geplapper«, fasst über den Tisch hinweg meine Hand und drückt sie. »Worüber wolltest du mit mir reden?«
Ich zögere und beginne dann langsam, ihr von meiner Verhaftung und der Mordermittlung zu erzählen. Während ich Tiefpunkt für Tiefpunkt beschreibe, umwölkt sich ihr Blick mit Sorge. »Warum hast du der Polizei nicht einfach gesagt, dass du mit mir zusammen warst?«, fragt sie mich. »Mir ist es egal.«
»So leicht ist das nicht.«
»Ist es wegen deiner Frau?«
»Nein, sie weiß es.«
Elisa zuckt die Schultern, was ihre Ansichten über die Ehe prägnant zusammenfasst. Als kulturelle Institution hat sie nichts dagegen, weil sie ihr einige ihrer besten Kunden beschert hat. Verheiratete Männer waren unverheirateten vorzuziehen, weil sie öfter duschten und besser rochen.
»Und was hält dich dann davon ab, es der Polizei zu erzählen? «
»Ich wollte dich vorher fragen.«
Sie lacht darüber, wie altmodisch das klingt, und ich merke, dass ich rot werde.
»Ich möchte, dass du sehr sorgfältig nachdenkst, bevor du antwortest«, erkläre ich ihr. »Ich bin in einer sehr schwierigen Position, wenn ich zugebe, die Nacht mit dir verbracht zu haben. Es gibt Verhaltensregeln … ethische Grundsätze. Du bist eine ehemalige Patientin.«
»Aber das ist doch Jahre her.«
»Das spielt keine Rolle. Es gibt Leute, die versuchen werden, das gegen mich zu verwenden. Die betrachten mich wegen meiner Arbeit mit Prostituierten und der TV-Dokumentation ohnehin als Außenseiter. Und sie sammeln sich zum Angriff, um mich darüber… über dich … zur Strecke zu bringen.«
Ihre Augen blitzen. »Die müssen es doch gar nicht erfahren. Ich gehe zur Polizei und mache eine Aussage. Ich erkläre ihnen, dass du mit mir zusammen warst. Niemand muss davon wissen. «
Ich versuche das mit aller mir noch zu Verfügung stehender Güte zu sagen, doch die Worte treffen dennoch. »Überleg doch mal einen Moment, was passieren wird, wenn ich angeklagt werde. Du musst eine Zeugenaussage machen. Die Staatsanwaltschaft wird alles Erdenkliche versuchen, um mein Alibi zu zerstören. Du bist eine ehemalige Prostituierte. Du bist wegen Körperverletzung verurteilt. Du hast im Gefängnis gesessen. Außerdem bist du eine ehemalige Patientin von mir. Ich habe dich kennen gelernt, als du erst fünfzehn warst. Egal wie oft wir versichern, dass es bloß eine Nacht war, sie werden denken, es war mehr …« Mir geht der Dampf aus und ich stochere in meiner halb gegessenen Pasta herum.
Elisas Feuerzeug klickt an, und die Flamme spiegelt sich in ihren ohnehin lodernden Augen. Noch nie habe ich sie so kurz
davor gesehen, die Fassung zu verlieren. »Es ist deine Entscheidung«, sagt sie leise. »Aber ich bin bereit auszusagen. Ich habe keine Angst.«
»Danke.«
Wir sitzen schweigend da. Nach einer Weile streckt sie erneut die Hand aus und drückt meine. »Du hast mir nie erzählt, warum du an diesem Abend so durcheinander warst.«
»Es spielt jetzt keine Rolle mehr.«
»Ist deine Frau sehr
Weitere Kostenlose Bücher