Adrianas Nacht
brummenden Schädel von Adrianas Kopfkissen. Ihr Kopf hatte sich ein wenig zu mir geneigt. Ob sie es war, die sich zu mir gedreht hatte, oder ob es eher die zärtliche Physik einer Schaumstofffüllung war, wer sollte das wissen? Ich stand langsam auf, mein Rücken schmerzte, weil ich in einer völlig unmöglichen Haltung geschlafen hatte. Ich bog mich etwas ungelenk hin und her. Ich fühlte mich vor Simone in ihrer auch vom Nachtdienst nicht zu schmälernden Vitalität und etwas vorlauten Munterkeit plötzlich sehr alt und wusste in dem Moment auch überhaupt nicht mehr, wie ich mich von Simone verabschieden sollte. Also nahm ich sie ungelenk in meine Arme, drückte sie etwa so, wie ich meine 16-jährige Nichte in den Arm nehme, und fragte, ob ich in der nächsten Nacht wiederkommen dürfe. Simone bejahte und fügte hinzu, dass sie aber wieder so schön unzensiertes Material von mir und Adriana erwarte. Da wäre ich ihr immer willkommen. Schließlich fuhr ich fröstelnd heim und schlief dort weiter.
15.
Gleich nach dem Aufwachen am Samstag, es war kurz nach elf Uhr, holte ich mir den Laptop ans Bett und begann erneut, eine unserer erotischen Begegnungen zu rekapitulieren und für Adriana (und Simone) aufzuschreiben.
Du hattest mir nicht verraten, was Du für diesen denkwürdigen Abend geplant hattest. Ich hatte plötzlich die Frage auf meinem Handydisplay, ob ich am Samstag um 21 Uhr bei der mitgesandten Adresse sein wolle, um Dich zu treffen. Meine sofortige Antwort war natürlich: »Nichts lieber als das, Adriana!« Ich cancelte eine Verabredung mit einem Freund, und am Samstag, kurz vor der verabredeten Zeit, machte ich mich auf den Weg. Im dunkelblauen Anzug, meinen dunklen Lieblingsbrogues aus Wildleder, frisch geduscht, gekämmt und rasiert, in bester Form und Laune. Ein paar Minuten zu früh erreichte ich die Adresse, saß noch im Auto (es war der sehr warme Abend eines wirklich heißen Sommertages; so ein Abend, an dem man endlich auch einen dieser wunderschönen, kaum mehr bekleideten, tollen Körper berühren und besitzen will, die einem den ganzen Tag begegnet sind). Genau zur angegebenen Zeit klingelte ich an der Eingangstür des schönen, modernen Hauses, an der ein Name stand, der mir nichts sagte. Die Tür wurde geöffnet, und dort stand Deine Freundin Nicole, die ich bereits an unserem ersten Abend kennengelernt hatte. Sie trug einen schwarzen, glänzenden Trainingsanzug von Adidas, sehr edel und fein, er wirkte wie aus Seide, natürlich mit drei weißen, schimmernden Streifen, und die Trainingsjacke war bis ganz kurz unterhalb ihrer Brüste geöffnet. Ein sehr verlockender Anblick, sportlich, ihre körperlichen Reize durch die Reduktion des Outfits dezent betonend und damit total sexy auf mich wirkend. Sie bat mich lächelnd herein und genoss es, dass ich etwas enttäuscht war, dass nicht Du die Tür geöffnet hattest. Sie sagte, Du seist noch im Bad und ich solle es mir im Wohnzimmer doch schon einmal gemütlich machen. Ich könne mich auch bedienen mit allem, was da so im Angebot sei. Sie kicherte etwas verstrahlt, und ich verstand: Der würzige Geruch, der ganz leicht in der Luft hing, kam nicht von Räucherstäbchen. Nicole war ziemlich bekifft.
Ich ging in den geräumigen Salon und schaute mich um. Eine große Wohnlandschaft dominierte den Raum, in einem hellen Grau gehalten, dezent, modern, nahm sie fast zwei Seiten des großzügigen Zimmers ein. Davor auf einem bauhausschlichten Glastisch standen Getränke, Prosecco, Aperol, Cola, Red Bull, und dort lagen auch noch einige von kundiger Hand fertig gedrehte Joints. Ich setzte/legte mich also aufs Sofa und sah nun, was auf dem riesigen Flachbildschirm, der dem längeren Schenkel des Sofas gegenüberlag, lief: ein extrem gestylter, in einem unwirklichen, strahlend weißen Raum gedrehter Erotikfilm. Junge Männer mit muskulösen Armen und Bäuchen und junge Frauen mit phantastischen Körpern, beinahe zu makellosen Brüsten, tollen Hintern und gazellenhaften Beinen, beide Geschlechter von allen Körperhaaren sorgfältig befreit, befanden sich in einem unglaublich ästhetisch choreographierten Spiel mit ihren Partnern, penetrierten sich gegenseitig, jedes Geschlecht das andere und das eigene, leckten, bliesen routiniert, machten es mit fremdartig, alienhaft fluoreszierenden Dildos zu wirklich guter, jazziger Loungemusik, die auch in meinem Teil der Welt, vor dem Monitor, eine relaxte, sinnlich geladene Atmosphäre schuf. Ich betrachtete das Video
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