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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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irgendeine Spur an ihm hinterlassen, und Rainerio begriff nicht, weshalb die Dorfbewohner ihn anstarrten wie ein Kuriosum.
    »Was führt Euch hierher?«, fragte ihn eines Tages der alte Jäger.
    »Ich musste fliehen. Ich reise nach Olmütz, um einen gewissen Daniel Jasomirgott zu treffen, den Befehlshaber der Stadtwache, der mir zu Hilfe kommen muss.«
    Er erklärte, dass er Rom heimlich verlassen und den Kirchenstaat nach Osten bis zur Adria durchquert hatte. Nachdem er im Hafen von Pescara angelangt war, hatte er sich auf einem Handelsfrachter eingeschifft, der ihn nach Venedig beförderte, und sich anschließend einer Karawane von Mönchen angeschlossen, die nach Norden zog, um in Kärnten zu predigen. »Nachdem ich über die Donau übergesetzt hatte, zog ich zu Fuß weiter und wurde von einer Bande von Söldnern angegriffen, die mir mein Gepäck, meine Winterkleidung und das für meine Reise erforderliche Geld raubten.«
    Er war in einem Hospiz in Brünn gestrandet und hatte dort zwei Tage ohne Unterbrechung durchgeschlafen, bevor er seine Expedition unbeirrt fortsetzte.

    »Ich habe meine Kräfte wohl überschätzt«, gestand er. »Ich verirrte mich in Euren Wäldern, die ich mir nicht so furchterregend vorgestellt hatte, und am Ende schlug ich den erstbesten Weg ein, auf dem frische Fußspuren zu sehen waren, um den nächstmöglichen Zufluchtsort zu finden. Das ist alles, woran ich mich erinnere; in meiner letzten Erinnerung breche ich im Schnee zusammen, und dann höre ich Hunde, die um mich herumspringen …«
    Marek erzählte ihm, was anschließend geschehen war, allerdings ohne genauer auf Gátas Zeremonie einzugehen. Am Ende fragte er ungläubig: »Und Ihr hofft wirklich, dass Daniel Jasomirgott in Olmütz Euch Beistand leisten kann? Der Mann genießt einen abscheulichen Ruf. Die Bevölkerung schätzt ihn herzlich wenig.«
    »Er war der Freund meines ehemaligen Herrn Otto Cosmas, der aus Eurem Land stammte. Dieser trug mir auf, ich solle bei Jasomirgott Zuflucht suchen, falls ich eines Tages in ernsthafte Schwierigkeiten geraten sollte. Ich befolge nur seinen Rat. Ich will wohl glauben, dass Jasomirgott mich anhören wird. Er ist meine einzige Hoffnung.«
    Der alte Jäger schüttelte den Kopf. »Ihr müsst gute Gründe dafür haben, dass Ihr Euch in eine so gefährliche Reise gestürzt habt!«
    Rainerio bejahte nur mit einem Kopfnicken. Das Gespräch hatte ihn müde gemacht.
    Er musste noch drei Tage in Víska bleiben, bis er wieder zu Kräften gekommen war. Das gab ihm Zeit, den guten Seelen zu danken, die sich an seinem Bett abgelöst hatten, und zu versprechen, dass er in besseren Zeiten zurückkommen werde, um der verehrungswürdigen Gáta seine Aufwartung zu machen, die ihm die Gesundheit wieder geschenkt hatte. Am Ende hatte man ihm doch von ihrem zauberischen Wirken erzählt.
    Svatavas Vorhaltungen zum Trotz beschloss der alte Marek,
Rainerio bis nach Olmütz, der größten Stadt der Markgrafschaft Mähren, zu begleiten.
    Sie teilten sich eine Mauleselin und brachen am frühen Morgen auf. Als sie endlich allein waren und einem kaum sichtbaren Pfad zwischen den windgebeugten, schneebedeckten Bäumen folgten, stellte Marek ihm eine Frage, die ihm auf den Lippen brannte, die Frage, die keiner im Dorf seit Rainerios Erwachen zu äußern gewagt hatte.
    »Habt Ihr eine Erinnerung an den kurzen Augenblick bewahrt, in dem wir Euch als Toten gesehen haben?«
    »Tot?«
    Rainerio nahm sich ein wenig Zeit zum Nachdenken. Dann antwortete er mit jugendlichem Lächeln: »Überhaupt nicht. Im Übrigen war ich nicht wirklich tot, denn ich bin ja noch immer da!«
    Der Alte schüttelte den Kopf. Gáta hatte schon manches Mal einen Kranken genesen lassen, indem sie ihn sterben ließ, um ihn wenige Augenblicke später wieder zum Leben zu erwecken. »Der Tod regt die Körpersäfte an, so wie die Flammen der verbrannten Erde dem Boden der Felder neues Leben einhauchen …«, lautete einer ihrer Wahlsprüche.
    Die beiden Männer legten die acht Meilen, die Víska von Olmütz trennten, an einem Tag zurück.
    Als sie vor den Stadttoren ankamen, lehnte Rainerio den Vorschlag Mareks ab, ihn noch weiter zu begleiten.
    »Ich weiß nicht, welche Wendung die Dinge für mich nehmen werden«, sagte er zu ihm. »Ich würde mir Vorwürfe machen, wenn Ihr zu Schaden kämt. Danke für alles, Marek.«
    »Seid auf der Hut!«, warnte ihn der alte Jäger. »In einem anderen Dorf als Víska hätten Euch die Einwohner bestimmt am ersten Baum

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