Advocatus Diaboli
Rainerio erleiden. Und wie ich …«
Benedetto dachte auch an die Ermordung von Maxime de Chênedollé, den man in eine Steinplatte eingegossen gefunden hatte, und an den geköpften Marteen.
»Könnt Ihr Euch das vorstellen …?«, fügte Hauser mit ersterbender Stimme hinzu. »Kinder, die Wunder wirken … zukünftige Heilige oder Weise …! Das Schlimmste steht zu befürchten …«
Er verlor das Bewusstsein.
Die Nonne stieß einen Schrei aus, doch Benedetto gab sich zuversichtlich.
»Die Erschöpfung ist normal, sein Körper macht durch das Gegenmittel ebensoviel durch wie durch das Gift.«
Er reichte ihr eine Liste mit Nahrungs- und Stärkungsmitteln, die sie ihm in den folgenden Tagen verabreichen sollte.
»Er müsste wieder zu Kräften kommen.«
Daraufhin verließ Benedetto, ganz in die vertraulichen Mitteilungen Hausers versunken, die Zelle.
Er umrundete den kreisförmigen Kreuzgang der Abtei von Pozzo. Benediktiner mit vom Wind aufgeblähten Soutanen schritten an ihm vorbei. Rainerios Berichte waren für den Lateran bestimmt, dachte er. Es wird immer offenkundiger, dass bestimmte Kreise der Kurie in diesem Fall die Hand im Spiel haben. Das würde erklären, weshalb die Kardinäle so unverfroren Verbrechen begehen konnten und weshalb Fauvel de Bazan eingriff, um mich an meinen Nachforschungen zu hindern.
Der Gegenstand des Buches von Otto Cosmas, der nun endlich enthüllt war, brachte Rainerio ohne jeden Zweifel mit Rasmussens Machenschaften in Verbindung.
»Entführungen von Kindern, die besondere Gaben besitzen?«
Plötzlich hörte er hinter sich Schritte.
Es war Constanza, die Krankenwärterin, die ihm nachgeeilt war, um ihn einzuholen.
»Ich habe Euch falsch eingeschätzt«, gestand sie. »Ihr habt Bruder Hauser gerettet. Ich wollte nur nicht, dass er Euch von Rainerio erzählt … Ich weiß, dass seine Vergiftung den Entdeckungen geschuldet ist, die dieser Junge hier über die Kinder gemacht hat … Ich fürchtete, Ihr wäret ein Spitzel, der gekommen war, um herauszufinden, was er wusste, bevor Ihr ihn ermorden würdet …«
Sie war außer Atem nach ihrem Lauf.
»Nun aber glaube ich an Eure ehrlichen Absichten. Und ich denke, dass ich Euch helfen kann.«
Constanza löste eine Schnur, die sie um den Hals trug und an deren Ende ein Schlüssel hing.
»Hauser war dreißig Jahre lang Herr über die Bibliothek von Pozzo. Auch wenn er inzwischen von seinem Posten abgetreten ist, so hat er doch diesen Schlüssel behalten, der alle Türen öffnet. Sowie mir klar wurde, dass er nach seinem nach Rom gesandten Brief über Rainerio vergiftet worden war, beeilte ich mich, in einer Schachtel alle Dokumente aus der Bibliothek zu sammeln, die dieser junge Mann konsultiert hatte!«
Benedetto lächelte.
Constanza fuhr fort: »Ich habe diese Schriften an einem geheimen Ort aufbewahrt. Denn ich bin überzeugt, dass sie allen ungelegen kommen, die verhindern wollen, dass Rainerios Nachforschungen ruchbar werden. Ich habe das getan, um den Personen, die Hausers Tod wollen, damit zu drohen, sobald ich sie entlarvt habe! Aber ich fühle, dass Ihr dazu besser geeignet seid als ich.«
Die Frau verabredete sich zwei Stunden später mit Benedetto.
Sie wollte in die Bibliothek gehen und die gesammelten Unterlagen über Rainerios Unternehmungen an sich nehmen.
»Kein Buch und kein Blatt Papier kann die Mauern von Pozzo verlassen«, warnte sie ihn. »Ihr müsst hier darin Einsicht nehmen.«
»Das macht nichts. Ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis …«
Benedetto pries sich glücklich über die unglaubliche Möglichkeit, die sich vor ihm auftat: Er würde den ganzen Weg von Rainerios Entdeckungen verfolgen können! Und damit könnte er seine Verblüffung und seine Ängste nachvollziehen, seine Gedanken erraten und sich vorstellen, welche Personen seine Gegner werden mochten.
Im vereinbarten Moment überreichte Constanza das wertvolle Kästchen an Benedetto Gui.
»Bruder Hauser erholt sich allmählich«, sagte sie zu ihm. »Er wünscht Euch ein langes Leben und die Erfüllung Eurer Wünsche.«
Damit verschwand sie.
Das Kästchen war aus Holz, mit Leder bezogen und mit einem purpurroten Riegel verschlossen.
Benedetto wog es prüfend in der Hand und betrachtete es fasziniert.
Zweifellos fand er hier endlich die Erklärung, die alles erhellen würde!
DRITTER TEIL
I
D er alte Jäger entdeckte den Körper des Fremden erst auf dem Rückweg ins Dorf Víska. Seine drei Hunde spürten ihn unterhalb
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