Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
Vom Netzwerk:
aufgehängt. Man misstraut hier unbekannten Gesichtern. Vor allem in Olmütz.«

    Bevor sie sich trennten, umarmten sie sich, dann machte sich der Alte auf seiner Mauleselin wieder auf den Weg, ohne sich um die einbrechende Dunkelheit zu kümmern.
    Olmütz lag am Ufer der March und zählte mehr als zehntausend Bewohner, die durch mächtige, steinerne Wälle geschützt wurden. Rainerio wurde an einem Soldatenposten vorstellig und verlangte den Führer der Stadtwache zu sprechen. Ein Wachposten wies mit dem Finger auf ein befestigtes Gebäude nördlich der Kathedrale. Dort traf Rainerio auf einen Geistlichen, der Latein sprach und seine Fragen an einen mährischen Offizier übersetzte.
    Seine Bitte um eine Unterredung mit Jasomirgott wurde unverzüglich abgelehnt.
    »Eine Räuberbande droht uns zu belagern!«, teilte der Offizier ihm mit. »Nach dem was wir wissen, wird das Gros ihrer Truppen in zwei Tagen vor unseren Mauern liegen. Jasomirgott verhört Häftlinge im Gefängnis, die in diesem Räuberlager gefangen genommen wurden, um ihre Waffenstärke und ihre Absichten auszuforschen. Für etwas anderes hat er jetzt keine Zeit.«
    Rainerio wunderte sich: »Die ganze Stadt fürchtet sich vor einem Haufen Plünderer?«
    Der Mann bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick.
    »Sie sind fast zweitausend und weitaus gefährlicher als eine reguläre Armee, glaubt mir!«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Offenbar wisst Ihr nichts über das Leben im Kaiserreich …«
    Rainerio sagte sich, dass die Tore der Stadt im Belagerungszustand bald geschlossen werden würden und er dann in der Falle säße.
    Er musste schnell handeln.
    »Kann man Daniel Jasomirgott eine Nachricht zukommen lassen?«
    »Es ist verboten, das Gefängnis zu betreten.«

    Nachdem der Geistliche ihn verlassen hatte, fand sich Rainerio auf den Straßen von Olmütz wieder, während die Nachricht eines bevorstehenden Angriffs sich wie ein Lauffeuer verbreitete und in der Bevölkerung Panik hervorrief.
    Er näherte sich einem Marktplatz, an dem alle Welt zusammenlief, um sich mit Mundvorräten einzudecken. Er entdeckte einen Mann, der mehrere Säcke mit Rüben bei sich hatte.
    Er nahm all seinen Mut zusammen und ging schnurstracks auf ihn zu. Dann schlitzte er die Säcke auf, und die Rüben kullerten zu Boden. Er tat so, als wollte er sie stehlen. Seine Aktion löste jedoch nicht etwa die Empörung der Umstehenden aus, sondern regte sie vielmehr zur Nachahmung an, und plötzlich fehlte nicht mehr viel zu einem Volksaufstand - Menschen beiderlei Geschlechts versuchten alles an sich zu reißen, was an den Marktständen feilgeboten wurde.
    Die Wachen mussten eingreifen und dem Aufruhr mit Knüppeln und Lanzen ein Ende machen.
    Fünf Aufwiegler wurden verhaftet, darunter auch Rainerio; allen drohte am nächsten Tag der Galgen. Die Behörden duldeten keine Unbotmäßigkeit just in dem Augenblick, da es galt, sich zur Verteidigung der Stadt zu rüsten.
    Rainerio wurde gewaltsam gepackt, leistete jedoch keinen Widerstand.
    Man warf ihn ins Gefängnis.
    In seiner Zelle, die er mit zwanzig anderen Häftlingen teilte, wurde er von einem Aufseher, dessen graue und faltige Haut den umgebenden Mauern glich, in Eisen gelegt. Er trug einen dicken Schlüsselbund am Gürtel.
    »Geh und benachrichtige Daniel Jasomirgott, dass ein Schüler von Otto Cosmas hier ist«, flüsterte Rainerio ihm zu. »Aus Rom … Tu es, und du wirst es nicht bereuen.«
    Der Wärter zog die Augenbrauen hoch.

    »Otto Cosmas? Wer soll das sein?«
    »Jasomirgott wird es wissen.«
    Der Mann kratzte sich am Kopf.
    »Ich bin nur der Schlüsselverwahrer, das ist alles. Ich muss meinem Vorgesetzten darüber Bericht erstatten.«
    »Tu es, bitte. Vergiss nicht: Otto Cosmas!«
    Rainerio kauerte sich in eine Ecke der Zelle, zwischen einen Betrunkenen und einen verängstigten Jungen. Die Hälfte der Gefangenen waren Frauen, und es entging dem jungen Mann nicht, dass eine dicke, schmutzstarrende Matrone mit Grabesstimme hier das Regiment führte. Rainerio machte sich schon auf einen unangenehmen Aufenthalt gefasst, als zwischen den Zellengittern ein alter Mann mit einem kahlen Schädel und einem grauen, mit dem Messer gestutzten Bart erschien. Seine bloße Erscheinung genügte, damit alle Zelleninsassen vor Angst erstarrten. Er trug ein Wams und weite Kniehosen aus dem gleichen Leder über einer Chainse aus feinem Stoff. Eine kostbare Kette vollendete das Bild eines hohen Adligen. Nur eine Kleinigkeit störte diesen

Weitere Kostenlose Bücher