Advocatus Diaboli
schnelles Ende gewesen.
»Falls ihr meinen Mann noch herausfischt, gebt mir Bescheid«, sagte er.
»Wird gemacht.«
Der Anführer der Bande wusste, dass Benedetto mit den Richtern der Stadt in bestem Einvernehmen stand. Seit zwei Jahren hatte sich ihre gegenseitige Unterstützung für die eine wie für die andere Partei ausgezahlt.
Gui dankte ihm und kehrte in die Straßen Roms zurück.
Nachdem Benedetto dem Verbrechen seine Aufwartung gemacht hatte, suchte er nun das Gesetz auf.
Er begab sich zur Kaserne der Stadtwache mit der Absicht, Marco del Miro, den Chef der römischen Polizei, zu befragen. Dieser verdankte Guis Scharfsinn die Lösung dreier wichtiger Fälle. Gui wiederum war während einer Untersuchung, mit der er sich den Unmut eines Kirchenfürsten zugezogen hatte, von Marco del Miro aus dem Gefängnis befreit worden. Die beiden Männer
wussten die Hilfe des jeweils anderen zu schätzen und hatten sich mit der Zeit sogar etwas angefreundet.
In der Kaserne sagte man ihm, dass der Polizeichef abwesend sei, doch Benedetto, der mit dem Gebäude vertraut war, durfte die unterirdischen Kerkerzellen besichtigen.
Keine Spur von Rainerio.
Er erkundigte sich, ob vor sechs Tagen zwei Wachen in die Via Regina Fausta geschickt worden seien, um einen jungen Mann namens Rainerio zu verhaften oder zu vernehmen, der im Lateran arbeitete.
Aus dem Register ersah er, dass dem nicht so war: Die beiden Männer, die Zapetta vor dem Verschwinden ihres Bruders gesehen hatte, gehörten nicht zu Marco del Miros Mannschaft.
Benedetto verließ die Kaserne und blieb in der Via del Macellaio an einer öffentlichen Tränke stehen, an der einige Maultiergespanne auf der Stelle traten. Er rief einen Kutscher herbei, der ihn eine Viertelstunde später vor einem verfallenen Gebäude absetzte.
Die im 10. Jahrhundert geweihte Kirche Sant’Elena befand sich in einem jämmerlichen Zustand: Ihr Portal war mit mächtigen Querbrettern verrammelt, ihre Kirchturmspitze war mit Moos überzogen, die Glocken sowie das Tabernakel und der Altartisch waren an einen anderen geweihten Ort gebracht worden.
Seit fünf Jahren wurde dieses Gotteshaus nicht mehr besucht. Die Gefahr, dass es unter dem Chor einstürzen könnte, galt als zu groß.
Benedetto Gui umrundete das Hauptgebäude und trat durch eine kleine, windschiefe Holztür ein, die von einem Eisenkreuz gekrönt war.
Die Pfeiler im Innern waren durch das eindringende Wasser grünlich verfärbt, und entlang der Fugen der Steinplatten wuchsen Pilze wie Rosenkranzperlen. In den Ecken des Kirchenschiffs
schliefen, geschützt vor dem eisigen Zugwind, mehrere armselige, in Lumpen gehüllte Gestalten.
Benedetto rief: »Pater Cecchilleli?«
Seine Stimme hallte von den riesigen Mauern wider. Zwei Krähen schlugen mit den Flügeln und verschwanden durch eine Lücke in den Glasfenstern.
Auf Höhe der Chorschranke trat Benedetto durch eine kleine Pforte, die in die Sakristei führte.
»Pater Cecchilleli?«, wiederholte er etwas leiser.
Der Mann, der nun erschien, hielt mit zitternder Hand eine Kerze. Er war alt, sein Schädel war kahl, seine Haut faltig und der Rücken halb gebeugt unter einer fettigen und verstaubten Decke. Verstört kniff er die Augen zusammen, bis er sein Gegenüber erkannte.
»Benedetto?«
Gui musterte den Alten betrübt.
Wer hätte geglaubt, dass diese Gestalt vor drei Jahren einer der berühmtesten Kardinäle Roms gewesen war?
Francesco Cecchilleli aus Ravenna hatte sein ganzes Leben lang einen Sitz unter den Mitgliedern des Päpstlichen Rates innegehabt. Sein Aufstieg in der Kirche galt als beispielhaft. Sein Sturz war umso aufsehenerregender gewesen, als er gänzlich unerwartet gekommen war.
Dem Kardinal war es gelungen, einen Handel mit Falschgeld, das das Wappen der Päpste trug und in der Nähe des Laterans hergestellt wurde, aufzudecken.
Er zeigte diesen beim päpstlichen Camerlengo an, dem Finanzverwalter und Schatzmeister des Heiligen Stuhles. Der Pontifex weigerte sich jedoch durch seinen Kanzler Artemidore de Broca, diese Anzeige zu verfolgen, und befahl ihm, seine Nachforschungen einzustellen.
Cecchilleli gelangte zu der Überzeugung, dass dieser Handel
unter der Protektion von Prälaten des Laterans betrieben wurde. Er war entschlossen, nicht zu schweigen, und wollte die Sache öffentlich machen. Das sollte ihm schlecht bekommen. Die Anschuldigung des Ämterschachers, die er gegen die hohen Würdenträger des Laterans erhob, kehrte sich gegen
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